15. Juli 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Themen sind das Ende der Fußball-Europameisterschaft der Männer sowie Forderungen nach Grenzkontrollen auch nach der EM. Zunächst aber zum Attentat auf den ehemaligen US-Präsidenten Trump, das zahlreich kommentiert wird.

15.07.2024
Sicherheitsleute umringen Donald Trump. Sein Ohr blutet.
Der republikanische Präsidentschaftsbewerber Donald Trump nach dem Anschlag auf ihn in Butler, Pennsylvania. (AFP / REBECCA DROKE)
Das HANDELSBLATT schreibt: "Donald Trump mit blutverschmiertem Gesicht, die Faust kämpferisch in die Höhe gereckt. Secret-Service-Agenten, die den Ex-Präsidenten umklammern und wegziehen wollen — ein ikonografisches Bild, das symbolträchtiger nicht sein könnte. Ein Bild, das seine politische Wirkung nicht verfehlen wird. Eine Wirkung, die Präsident Joe Biden und seinen Parteigenossen nicht gefallen dürfte. Längst geht es in den USA um die Systemfrage – und aus Sicht der Trump-Basis ohnehin schon lange um eine Frage von Leben und Tod. Das Attentat dürfte sie darin bestärkt haben. Die Gefahr, dass eine kritische Masse von US-Bürgern das auch so sieht, ist nicht zu unterschätzen. Die Warnungen verschiedener Politologen, dass in den USA ein bewaffneter Aufstand, gar ein Bürgerkrieg möglich sei, schienen bislang übertrieben. Mit den Schüssen von Pennsylvania sind sie es nicht mehr", meint das HANDELSBLATT.
Die TAZ merkt an: "Dass es zuallererst Trump selbst und der sich daraus entwickelnde Trumpismus waren, die politische Gewalt als Mittel der Politik offen ins Spiel brachten, ist in so einem Moment fast vergessen. Es war Trump, der 2016 auf einer Wahlkampfbühne ausrief, wenn seine Anhänger einen einzelnen Protestierenden aus dem Saal prügeln würden, würde er die Anwaltskosten übernehmen. Und das war nur der Anfang einer militanten Rhetorik, die am 6. Januar 2021 im gewaltsamen Sturm aufs Kapitol endete. Trump könnte nach dem Attentat mit einer moderierenden 'Es reicht!'-Rede auf dem Parteitag die politische Kultur zum Besseren verändern. Aber niemand kann sich vorstellen, dass er das tun wird", stellt die TAZ fest.
Das STRAUBINGER TAGBLATT bemerkt: "Es wäre jedenfalls der Moment für alle politischen Lager, auch in Europa übrigens, innezuhalten. Wenn wir politischen Streit nicht mehr mit demokratischen Mitteln, mit Argumenten, mit der Bereitschaft zum Kompromiss führen und mit dem Bekenntnis, Mehrheiten zu akzeptieren, dann wird es düster."
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG erklärt: "Trump wird sich, so viel kann man annehmen, nach dem Attentat nicht mäßigen, sondern eher noch radikalisieren. Mit ihm werden seine Anhänger Revanche an einem System nehmen wollen, das sie als ursächlich für die massive Trump-Feindseligkeit ansehen. Ihrem Mann wurde die Wahl gestohlen, ihrem Mann wird eine politisierte Justiz auf den Hals gehetzt und nun wird auf ihn geschossen. Ein teuflisches Gebräu für Verschwörungen und Rachegelüste entsteht. Trump verfügt nicht über die Größe, in dieser Stimmung eine Gefahr für die USA zu erkennen. Er verfügt über den Instinkt, das Attentat zu instrumentalisieren. Der Parteitag wird ihn wie den Messias feiern", prognostiziert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
In der WELT heißt es: "Trumps Chancen, das Weiße Haus zurückzuerobern, sind deutlich gestiegen. Nie zuvor war der Kontrast zwischen ihm und Biden offensichtlicher. Hier der über den Tod triumphierende Herausforderer mit Siegerfaust, dort der gebrechliche Präsident, der kaum noch die Treppe zum Flugzeug hochkommt und Selenskyj mit Putin verwechselt. Für die Demokraten rächt sich nun vielleicht in besonderer Weise, dass sie an ihrem greisen Kandidaten festhalten", unterstreicht die WELT.
In den BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN ist zu lesen: "Der Anschlag zeigt uns in Europa einmal mehr, dass der Bündnispartner jenseits des Atlantiks taumelt. Und die Aggressoren in Russland und China warten nur auf die entscheidende Schwäche des Westens, um sich weiter auszudehnen. Statt wie ein Kaninchen auf die Ereignisse jenseits des Atlantiks zu schauen, muss sich die deutsche Politik noch viel konsequenter mit der europäischen Verteidigung beschäftigen. Das bedeutet auf jeden Fall: mehr Geld für Rüstung", empfehlen die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN aus Karlsruhe.
Themenwechsel. Bundesinnenministerin Faeser lehnt eine Verlängerung der bundesweiten Grenzkontrollen über die Fußball-Europameisterschaft hinaus ab. Die VOLKSSTIMME kommentiert: "Die verschärften Kontrollen zeigen Wirkung: Schlepper wurden geschnappt, irreguläre Migranten gestoppt. Wenn die Bundesregierung die Zügel jetzt, nur wenige Wochen vor drei wichtigen Landtagswahlen lockert, würde die ohnehin angeschlagene politische Mitte weiter geschwächt. Ungesteuerte Migration ist für viele Wähler im Osten das Kernthema. Die Bürger erwarten von ihrem Staat, dass er an dieser Stelle konsequent und effektiv handelt. Scharfe Grenzkontrollen gehören in diesen angespannten Zeiten dazu. So lange andere Mechanismen, wie etwa der Schutz der EU-Außengrenzen, Abschiebungen oder die Dublin-Zurückweisungen kaum funktionieren, so lange können wir nicht zurückkehren zu Zeiten des freien, unbeschwerten Reisens quer durch Europa", heißt es in der VOLKSSTIMME aus Magdeburg.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG stimmt teilweise zu: "Es ist sinnvoll, an den Kontrollen an den Ost- und Südgrenzen erstmal festzuhalten, wie es übrigens von Innenministerin Faeser längst beschlossen und mit der EU vereinbart worden ist. Eine ganz andere Sache aber wäre die Verlängerung der Regeln auch im Westen: Das wurde für die Zeit der Fußball-EM reaktiviert, um Hooligans aus Frankreich, Belgien oder den Niederlanden abzuhalten und die Anschlagsgefahr rund um das Großereignis zu minimieren. Zurück zum harten Schlagbaum-Regime an allen Grenzen zu unseren Nachbarn: Das wäre das Ende des Schengenraums mit all seinen Segnungen für Pendler, Touristen und Güterverkehr. Das stünde für Nationalismus statt europäischer Integration. Das würde neuen Streit mit Brüssel und in der Ampel provozieren und hätte wenig Wirkung zur Begrenzung irregulärer Migration, da die Flüchtlinge aus anderen Richtungen kommen. Kurzum: Der Schaden wäre riesig, der Nutzen minimal", findet die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG sieht es so: "Die Kontrollen werfen ein Licht auf die vielen Fälle, die der Polizei im normalen Grenzverkehr durch die Lappen gehen. Für die EU und das Schengenabkommen ist das eine traurige Nachricht. Die Grenzen also mit Sondergenehmigung dauerhaft kontrollieren? Selbst die Gewerkschaft der Polizei, sonst nicht zimperlich in ihren Ansichten, rät aber davon ab. Gegen die Beibehaltung spricht sich auch Faeser aus. Dafür sprechen Personalnot und Europagedanke. Die Erwartungen an das neue EU-Asylrecht, das erst in Jahren greifen soll, werden dadurch größer und größer. Schengen ist zu wünschen, dass sie sich erfüllen. Sicher ist das nicht." Das war ein Auszug aus der F.A.Z..
Zum Schluss ein Blick auf den Fußball. Spanien ist nach dem 2:1-Sieg gegen England Europameister. "Wer denn sonst?", fragt die FREIE PRESSE: "Der Triumph in Berlin war hart erkämpft, aber auch wunderschön herausgespielt. Und was für ein riesiges Potenzial schlummert noch in diesem Kader: Er ist eine perfekte Mischung aus Erfahrung und Reife, solider Klasse rundherum und jugendlicher Unbekümmertheit, ja Unberechenbarkeit. Und was kann da noch kommen: eine ähnliche Dominanz wie in den Jahren 2008 bis 2012, als die Furia Roja umrahmt von zwei EM-Titeln 2010 in Südafrika auch Weltmeister wurde? Durchaus", notiert die FREIE PRESSE aus Chemnitz.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER blickt auf die Organisation des Turniers in Deutschland: "Europa weiß jetzt, dass Klischees über den Gastgeber der Euro 24 nicht immer stimmen müssen. Deutschland ist ein Land, in dem der Alltag zum Abenteuer werden kann, zum Beispiel, wenn man seine Zeitplanung allzu naiv der Bahn anvertraut. Aber Deutschland war in diesen fünf Wochen eben auch das Land, in dem Millionen fröhliche und meist friedliche Menschen aus allen Teilnehmerländern eine große Party feierten. Es war wirklich einmal das Zentrum Europas, von fast überall gut mit dem Zug erreichbar - mit ein, zwei Stunden Verspätung", heißt es im KÖLNER STADT-ANZEIGER.