17. Juli 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Ein Thema heute: der Parteitag der US-Republikaner mit der Nominierung des Senators von Ohio, Vance, zum Kandidaten für das Amt des US-Vizepräsidenten. Außerdem geht es um das Verbot des rechtsextremistischen Magazins Compact und den Streit zwischen der EU-Kommission und dem ungarischen Regierungschef Orban.

17.07.2024
Präsidentschaftskandidat Donald Trump und sein Vize J.D. Vance klatschend auf dem Parteitag der Republikaner.
Auch der Parteitag der US-Republikaner ist Thema in den Zeitungskommentaren. (picture alliance / AP / Charles Rex Arbogast)
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG schaut auf den US-Wahlkampf. "Mit der Bekanntgabe seines 'running mate', also seines möglichen Vizepräsidenten, stellt Donald Trump endgültig klar: Er will die Eskalation. J.D. Vance ist ein konservativer Hardliner. Anders als Trump machte er nach dem Attentat auf den früheren Präsidenten sofort Joe Biden und die Demokraten für die Tat verantwortlich. Ebenso wie Trump ist er der Meinung, Biden habe im Jahr 2020 'die Wahl gestohlen'. Außenpolitisch ist er ein Isolationist und findet, Europa soll seine Probleme alleine lösen. Vance ist gegen weitere Hilfe für die von Russland überfallene Ukraine", betont die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
"Trump will Amerika nicht versöhnen, das ganze Gerede nach demAttentat über ein 'geeintes' Land ist: Gerede", heißt es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. "Vance war einmal ein Trump-Kritiker, damals, als er 'Hillbilly Elegy' geschrieben hat, sein bemerkenswertes Buch über die weiße Arbeiterklasse im Rust Belt. Aber heute ist J.D. Vance durch und durch Trumpist, er hält die Hälfte seiner Landsleute, die anderer Meinung sind als er, für Verräter und Feinde Amerikas. An Vance ist nichts Gemäßigtes oder Moderates."
"Oft soll ja in den USA der Vizekandidat die Schwächen des Frontrunners kaschieren", merken die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN aus Münster an. "Doch Vance dürfte eher eine Kopie Trumps sein – nur mit dem Fokus auf jüngere konservative Republikaner. Der Mann aus der heruntergekommenen Industriegegend Ohios, der sich zur Eliteuni Yale hochgearbeitet hat, besitzt Biss und hat trotzdem Bezug zur Basis."
Die Zeitung DIE WELT schreibt, mit J.D. Vance hole sich Trump einen Running Mate ins Boot, der ebenso wie er selbst nichts mit den alten Partei-Eliten zu tun habe. "Mit der Nominierung von Vance ist das alte Establishment der Republikaner endgültig erledigt. Trump konnte sich trotz seines volksnahen Populismus als Milliardär nie als Arbeiterführer inszenieren – und wollte das auch nie. Vance kann mit seiner geschickt vermarkteten Herkunft aus einfachen Verhältnissen in Ohio diese Glaubwürdigkeitslücke schließen und den Trumpismus weiterentwickeln", glaubt DIE WELT.
DER TAGESSPIEGEL aus Berlin legt dar, dass Trump sich gegen mehrere Alternativen entschieden hat. "Statt der höchsten Frau im US-Repräsentantenhaus, Elise Stefanik, des schwarzen Senators Tim Scott aus South Carolina oder des kubanisch-stämmigen Senators Marco Rubio aus Florida hat er eine jüngere Ausgabe von sich selbst gewählt – und damit einen Erben."
Und die WIRTSCHAFTSWOCHE schließt: "Wer in Europa noch Hoffnung hatte, dass der Dealmaker sich in einer zweiten Amtszeit mäßigen und doch noch den Nutzen der NATO begreifen sollte, der muss es jetzt einsehen: Die USA würden unter Trump wohl schon bald als verlässlicher Partner ausfallen. Trumps Abneigung der NATO ist bekannt, der frisch nominierte Vance füttert sie nun mit neuen Argumenten." So weit die WIRTSCHAFTSWOCHE - und so viel zu diesem Thema.
Bundesinnenministerin Faeser hat das rechtsextremistische Compact-Magazin verboten. "Wenn Regierungen Medien verbieten, dann ist das in den allermeisten Fällen ein Grund, sich ernsthafte Sorgen zu machen", kommentiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU. "Russland, China, die Türkei, die Beispiele für hartes Durchgreifen autoritärer Regime gegen die freie Presse sind vielfältig. Jetzt also auch Deutschland? Nein, im Fall des durch das Bundesinnenministerium verbotenen rechtsextremen 'Compact'-Magazins liegen die Dinge anders, geradezu grundlegend anders. Das Magazin publizierte zwar Inhalte, die auf den ersten Blick wie Journalismus aussahen. Doch mit journalistischer Berichterstattung hatten die meisten dieser Veröffentlichungen nichts zu tun. 'Compact' hat sich längst zu einer der wichtigsten Mobilisierungs- und Kampagnenplattformen der rechtsextremen Szene in Deutschland entwickelt", steht für die FRANKFURTER RUNDSCHAU fest.
Das Politikmagazin CICERO macht Bedenken gegen das Verbot geltend. "Das Grundgesetz setzt sehr hohe Hürden, wenn es um die Einschränkung der Pressefreiheit in Deutschland geht. Und genau deshalb ist das Compact-Verbot durch die Bundesinnenministerin eine ziemlich heikle Angelegenheit. Denn im konkreten Fall hat eben nicht ein unabhängiges Gericht entschieden, sondern eigenmächtig eine Politikerin, die derzeit Bundesinnenministerin der Bundesrepublik Deutschland ist und es wohl bald nicht mehr sein wird. Die Frage drängt sich auf: Ist das Compact-Verbot tatsächlich ein 'harter Schlag' gegen den Rechtsextremismus, wie Faeser behauptet? Oder doch ein Angriff auf die Pressefreiheit durch eine Politikerin, die mit ihrem illiberalen Demokratieverständnis schon mehrfach aufgefallen ist?" Sie hörten die Ansicht des CICERO.
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz fährt fort: "An der rechtsextremen Gesinnung des Gründers und Chefredakteurs und der Stoßrichtung seiner Veröffentlichungen gibt es keinen Zweifel. Dennoch wäre wichtig gewesen, das Verbot nachvollziehbarer und detailreicher zu erklären. Warum jetzt? Welche Inhalte gaben letztlich den Ausschlag? Hatte Elsässer sein Netzwerk in die rechtsextreme Szene zuletzt weiter ausgebaut? Hier bleibt das Ministerium unscharf. Das ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die jetzt unken, 'das System' schlage zurück", gibt die FREIE PRESSE zu bedenken.
"Es stimmt, dass die Demokratie wehrhaft sein soll", unterstreicht die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder). "Nur ist eben das Verbot eines Mediums das allerletzte Mittel. Es ist eher ein Zeichen der Schwäche. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Auch wenn man sich bei manchem, was auf dem Markt ist, übergeben möchte."
Und die STUTTGARTER ZEITUNG fasst zusammen: "Mit Verbotspolitik allein wird der grassierenden Hetze leider nicht beizukommen sein. Dazu braucht es eine Staatsführung, die ein politisches Klima schafft, das den rechten Sumpf austrocknen lässt."
Nun zum Streit zwischen der EU-Kommission und dem ungarischen Regierungschef Orban wegen dessen außenpolitischen Alleingängen. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kritisiert die Boykottentscheidung, die Kommmissionspräsidentin von der Leyen getroffen hat. "Es ist keine kluge Politik, wegen eines inhaltlichen Zerwürfnisses die europäischen Institutionen zu beschädigen. Nichts anderes ist es, wenn nicht nur einige Mitgliedstaaten, sondern sogar die EU-Kommission nur noch Beamte auf die informellen Ministertreffen der ungarischen Ratspräsidentschaft schicken will. Diese Treffen dienen dem Meinungsaustausch der politisch Verantwortlichen; sind sie nicht dabei, dann wird nicht allzu viel dabei herumkommen. Man kann nur hoffen, dass diese Blockade-Spielchen nicht auf die formellen Ministerräte übergreifen. Da geht es nämlich um die Gesetzgebung", merkt die F.A.Z. an.
Die TAGESZEITUNG - die TAZ - aus Berlin, sieht es anders. "Es ist ein geschickter Schachzug von der Leyens. Nun kommt es auf die Zuständigen in den EU-Mitgliedstaaten an, ob sie ihrem Boykottauftrag folgen oder lieber ihre Loyalität gegenüber Ungarn zeigen."
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE geht auf den ungarischen Regierungschef ein. "Ob nun eine Schar Kommissare nach Ungarn reist oder eben nicht, dürfte Viktor Orbán völlig gleichgültig sein. Wahrscheinlich tut Ursula von der Leyen ihm sogar einen Gefallen mit ihrer Strafe für dessen Egotrip nach Moskau und Peking. Brüssel ist sein Lieblingsgegner, von der Leyen seine Nemesis."
Und nach der AUGSBURGER ALLGEMEINEN noch ein kurzer Blick in die VOLKSSTIMME aus Magdeburg, die das Thema mit einem Satz auf den Punkt bringt. "Auf jeden Fall ist die ungarische Ratspräsidentschaft gelaufen."