20. Juli 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Mit Kommentaren zur ersten Rede des US-Präsidentschaftskandidaten Trump nach dem Attentat auf ihn und zum Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs zu Israels Besatzung palästinensischer Gebiete. Zunächst aber geht es um die weltweiten Computerprobleme nach dem fehlerhaften Sicherheits-Update einer IT-Firma.

20.07.2024
Eine Anzeigetafel am Hauptstadtflughafen BER funktioniert nicht ordnungsgemäß.
Weltweite IT-Ausfälle - auch der Flughafen BER war betroffen. (picture alliance / dpa / Christoph Soeder)
"Das Chaos zeigt, wie gefährlich es werden kann, wenn ein Großteil des digitalen Lebens in den Händen einiger weniger Anbieter liegt", betont die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG: "Die Software von Crowdstrike ist weit verbreitet – vergleichbare Cybersicherheitsanbieter lassen sich an einer Hand abzählen. Das Cloudgeschäft wird derweil von einigen wenigen Playern dominiert, vor allem von Microsoft, Amazon und Google.“
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus dem brandenburgischen Frankfurt bemerkt: "Sollte es sich bewahrheiten, dass es sich nur um einen Fehler in einer neuen Version für ein Sicherheitsprogramm der Firma Crowdstrike handelt, darf man sagen: Glück gehabt, trotz aller Probleme, Schäden und Zumutungen. Trotzdem sollte diese Mega-Panne ein Warnschuss sein, der uns die Abhängigkeit von digitalen Systemen vor Augen führt. Es bietet sich der berechtigte Anlass für jedes Unternehmen, jede Behörde oder Einrichtung, zu prüfen, ob sie tatsächlich ausreichend gegen einen Cyber-Angriff gewappnet sind", rät die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Aus Sicht der WESTDEUTSCHEN ZEITUNG aus Wuppertal wird die digitale Abhängigkeit immer größer und zwar selbstbestimmt: "Das hat die weltweite Computerpanne deutlich gezeigt. Weil die digitale Welt nicht greifbar, sondern eine virtuelle ist, ist sie auch von nur einem Knotenpunkt aus deutlich leichter angreifbar als die reale. Erlaubt sein muss die Frage, wie viel Digitalisierung des Lebens der Mensch zulassen kann."
Ähnlich äußert sich die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG: "Das Netz ist die Achillesferse moderner Gesellschaften geworden. Das macht sie verletzlich und verwundbar. Doch es gibt kein Zurück. Umso wichtiger, dass Unternehmen und Regierungen den Weckruf hören, der von den Ausfällen ausgeht. Die westliche Welt verlässt sich überwiegend auf den Softwaregiganten Microsoft. Es gibt nur wenige große Sicherheitsdienstleister", mahnt die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG.
Für den REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER stellt sich nun die Frage, wie die Politik mit den Computerausfällen umgeht: "Brauchen Betreiber kritischer Infrastruktur - wie etwa Flughäfen - künftig zur Sicherheit Computer mit unterschiedlichen Betriebssystemen, damit nicht alle gleichzeitig ausfallen? Gibt es einen analogen Plan B? Das alles muss untersucht und dann müssen auf nationaler und internationaler Ebene die richtigen Schlüsse aus dem Vorfall gezogen werden", resümiert der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Zur ersten Rede des US-Präsidentschaftskandidaten der Republikaner, Trump, nach dem Attentat auf ihn schreibt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG: "Trump bleibt Trump, er spricht weiterhin von der angeblich gestohlenen Wahl 2020, von Flüchtlingsströmen aus 'Geistesgestörten', die es auf die amerikanische Gesellschaft abgesehen hätten, und davon, dass nur mit ihm Amerika wieder groß werde. Das Attentat hat ihn unter seinen Anhängern zur gottgesandten Lichtgestalt gemacht. Dass der Fernsehsender CNN anschließend einen Faktencheck veröffentlichte, in dem ihm die Journalisten mehr als 20 Fehler nachwiesen, von kleineren Ungenauigkeiten bis hin zu dreisten Lügen – das ficht seine Anhänger nicht an", unterstreicht die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU fasst den Auftritt wie folgt zusammen: "Die große Trump-Show ist vorbei. Fürs Erste. Niemand sollte sich einlullen lassen von Trumps Instinkt für den historischen Moment und von der protzigen Inszenierungskunst des republikanischen Parteitags. In all dem Trubel nach dem Attentat auf ihn darf nicht untergehen: Trump ist und bleibt eine Lügenmaschine. Je heißer der Wahlkampf läuft, desto wichtiger werden Fakten-Checks. Hier sind die Medienlandschaft und die politische Konkurrenz gefragt", findet die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE blickt auf die Demokraten und meint, ihnen helfe am Ende womöglich nur noch eins: "Bidens Vizepräsidentin Harris eine Chance zu geben. Die einstige Hoffnungsträgerin hatte viele enttäuscht. Zu wenig Profil habe sie sich erarbeitet, zu vage sei sie geblieben. Doch Harris hat einen entscheidenden Vorteil: Sie steht für eine Idee, für Ideale. Die Staatsanwältin, die Frau, die Schwarze – größer könnte der Kontrast zu Trump nicht sein. Die Kraft des Augenblicks, den ihre Nominierung entfalten könnte, hätte die Power aus der Not-Kandidatin eine Überzeugungskandidatin zu machen", überlegt die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Und DER TAGESSPIEGEL aus Berlin betont: "Trump ist bei Wählerinnen nicht besonders beliebt. Die Inszenierung, die auf das männliche Amerika zielt, kann zum Bumerang werden, wenn Trump am Ende nicht gegen Biden, sondern gegen Harris antreten darf."
"Demokratie in Not" titelt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG und führt aus: "Hat sich Trump nicht seit den Schüssen von Pennsylvania geläutert gezeigt? Die versöhnlichen Gesten des Parteitags sind inszeniert. Das Programm für eine Amtszeit Trump 2.0 indes haben seine politischen Wasserträger längst ausgearbeitet. Ihnen schwebt nichts weniger vor als eine radikale konservative Wende rückwärts, die mit der Unterwerfung des amerikanischen Regierungsapparats beginnen soll: Staatliche Bedienstete, die liberaler Ansichten verdächtig sind, sollen bis in die untersten Ebenen aus der staatlichen Verwaltung entfernt werden. Widerspruch wird nicht mehr geduldet. Noch einmal vier Jahre Trump werden zu einer Gefahr für Amerika – und sie werden zu einer Gefahr für die Welt." Soweit das Fazit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
Die LAUSITZER RUNDSCHAU schreibt zum Umgang mit Trump in Europa und Deutschland im Falle eines Wahlsiegs: "Natürlich ist Trump kein berechenbarer Politiker. Aber die Welt hatte während seiner ersten Amtszeit Gelegenheit, ihn zu studieren. Was Europa und vor allem Deutschland für eine mögliche zweite Amtszeit brauchen, sind eine gute Vorbereitung, weltweite gute Kontakte – und vor allem Lockerheit. Trump ist stolz darauf, ein Geschäftemacher zu sein. Darauf kann man sich einstellen, indem man in politischen als auch in wirtschaftlichen Fragen Dinge im Austausch für andere anzubieten bereit ist. Allerdings muss man sich klarwerden, welche Prioritäten man setzt. Das scheint das Hauptproblem für Europa zu sein, nachdem man jahrzehntelang grundsätzliche politische Entscheidungen den Amerikanern überlassen hat", kritisiert die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus.
Der SÜDKURIER aus Konstanz befasst sich mit dem Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs, wonach Israels Siedlungspolitik in den besetzten Palästinensergebieten gegen Völkerrecht verstößt. "Was offenkundig war, ist jetzt offiziell. Was die Regierung Netanjahus aber nicht weiter bekümmern dürfte. Zumal sie erst vor Wochen angekündigt hat, mehr als 4.500 weitere Wohneinheiten im Westjordanland bauen zu wollen. Entsprechend unwahrscheinlich ist es, dass das UNO-Gutachten an der schleichenden Annexion der Palästinensergebiete das Geringste ändern wird. Die einzige Hoffnung, die dieser Beschluss sät: Dass sich westliche Kritiker nun gestärkt sehen, Israel energischer als zuvor zu einem Rückzug zu bewegen", hält der SÜDKURIER fest.
"Die Richter setzen ein klares Zeichen, das sich bei genauerem Hinsehen als abgewogen erweist", heißt es in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG: "Denn der IGH erklärt nicht die Besatzung an sich für unrechtmäßig. Die kann Israel auch im Westjordanland weiter auf sein Selbstverteidigungsrecht stützen, solange von palästinischen Milizen eine ständige Gefahr für Israels Bürger ausgeht und sich kein Partner für einen Frieden findet. Kern der Rechtsansicht ist nur, dass sich Israel das Land der Palästinenser nicht einverleiben darf. Wer sich von dem Votum allerdings eine neue Dynamik für einen Friedensprozess erhofft, wird von der Wirklichkeit wahrscheinlich schnell enttäuscht werden." Mit diesem Zitat aus der F.A.Z. endet die Presseschau.