25. Juli 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Kommentiert wird das Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg sowie die Forderung des brasilianischen Präsidenten Lula, weltweit Milliardäre stärker zu besteuern. Zunächst geht es aber um die Sommer-Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz.

25.07.2024
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich auf seiner Sommer-Pressekonferenz in der Bundespressekonferenz zu aktuellen Themen der Innen- und Außenpolitik.
Sommer-Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz (Britta Pedersen / dpa / Britta Pedersen)
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE notiert: "Vom Anwerben ausländischer Fachkräfte bis zum Abschieben nach Syrien oder Afghanistan ließ der Kanzler zwar kaum ein brisantes Thema aus - am Ende aber blieb vieles im Ungefähren. Scholz hat nicht das Zupackende eines Gerhard Schröder und nicht die Popularität einer Angela Merkel. Umso wichtiger wäre es, jetzt konkret zu werden. Wann und wie werden die ersten Afghanen und Syrer abgeschoben? Wann und wie löst die Koalition das Problem des wachsenden Wohnungsmangels?", fragt sich die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus moniert, dass Scholz vermieden habe, darüber zu sprechen, was in der Ampel nicht gut laufe. "Die Risse, die sich bisweilen durch die Koalition zogen, der Streit, der so öffentlich ausgetragen wurde, dass es unangenehm wurde – und der teils möglich war, weil der Kanzler seine Minister gewähren ließ, ohne einzugreifen. Kein Eingeständnis kam, dass die Haushaltsverhandlungen so nicht hätten laufen dürfen. Oder dass große Ampel-Vorhaben wohl nicht mehr umgesetzt werden – Stichwort Klimageld oder Kindergrundsicherung. Seine spärlichen Worte zu alledem sprechen Bände. Und dabei gehört auch zu einem guten Regierungshandeln, dass man Fehler selbstkritisch eingestehen kann", meint die LAUSITZER RUNDSCHAU.
Das STRAUBINGER TAGBLATT betont, dass dem Kanzler nicht viel Zeit bleibe, das Vertrauen zurückzugewinnen. "Formell endet die Wahlperiode zwar erst im Herbst kommenden Jahres, faktisch aber werden alle Parteien spätestens im Frühjahr in den Wahlkampfmodus schalten. Das heißt: Was heuer nicht mehr geplant, verabredet und beschlossen wird, hat kaum noch eine Chance, Gesetz zu werden. Danach regiert auch die Ampel nach dem Prinzip Hoffnung: Hoffen, dass die Konjunktur rechtzeitig anspringt. Hoffen, dass die Beliebtheitswerte des Kanzlers doch noch steigen. Hoffen, dass die Union der Koalition in den Umfragen nicht noch weiter enteilt. Gegenwärtig sind die Fliehkräfte in der Ampel größer als die Bindekräfte", beobachtet das STRAUBINGER TAGBLATT.
Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg geht darauf ein, dass Scholz bei der nächsten Wahl erneut für das Kanzleramt kandidieren will. "Das mag angesichts miserabler Umfragewerte überheblich wirken. Doch was sollte der Amtsinhaber anderes sagen? Sollte er von sich aus Joe Biden kopieren? Scholz hat ganz andere Probleme. Er ist zwar ähnlich wie der bald verzichtende US-Präsident eher unbeliebt. Aber er ist Herr seiner Sinne. Niemand zweifelt an seiner Handlungsfähigkeit; allerdings an seinem Handlungswillen. Dieser Mangel beruht aber auch auf der Drei-Parteien-Koalition, der die ohnehin schon wenigen Gemeinsamkeiten abhandengekommen sind. Scholz ist mehr Moderator als Macher. Das wird einem möglichen Nachfolger nicht anders ergehen", glaubt die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG.
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN stellen fest: "Ein neues Gesicht an der Spitze wie bei den amerikanischen Demokraten das von Kamala Harris kann einer ganzen Partei wieder Schwung verleihen. Das würde in Deutschland vermutlich auch ein Boris Pistorius schaffen. Er könnte seiner SPD wohl nicht den Sieg, aber ein besseres Ergebnis verschaffen." Soweit die NÜRNBERGER NACHRICHTEN. Und so viel zu diesem Thema.
Das Bundesinnenministerium hat das Islamische Zentrum Hamburg und mehrere seiner Teilorganisationen verboten. "Islamisten sind eine Herausforderung für den Rechtsstaat", konstatiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG: "Der politische Islam versucht im Namen der Religion die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu untergraben. Dagegen konsequenter vorzugehen als in der Vergangenheit, ist richtig und hat nichts damit zu tun, Menschen an ihrer grundgesetzlich garantierten Ausübung der Religionsfreiheit zu hindern. An die Bürger im Land ist das Verbot des Islamischen Zentrums ein wichtiges Signal: Parallelwelten, in denen weltliche Gesetze und Freiheitsrechte einer offenen Gesellschaft belächelt werden, werden nicht länger toleriert", unterstreicht die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kritisiert, dass Innenministerin Faeser bisher zögerlich mit Islamisten umgegangen sei. "Ein Verein, der hinter seiner religiösen Maske aber Menschenverachtung predigen lässt und damit notorisch gegen die Verfassung verstößt, hat im deutschen Vereinsregister nichts zu suchen. Die Samthandschuhe des Staates sind nur damit zu erklären, dass sich Politiker leicht durch den Vorwurf einschüchtern lassen, sie seien islamfeindlich, wenn sie gegen Islamismus vorgehen. Aber gerade Muslime, denen an einer freiheitlichen Religionsausübung gelegen ist, schützt eine klare Trennung zwischen Islam und Fassade", heißt es in der F.A.Z.
"Es hat viel zu lange gedauert", schreibt auch die NORDWEST-ZEITUNG aus Oldenburg. "Die Erklärung dieses Versäumnisses liegt im Politischen – genauer im Schmusekurs diverser Bundesregierungen mit dem klerikal-faschistischen islamischen Regime im Iran. Das IZH war keine Wald- und Wiesen-Gemeinde. Es war Arm und Residentur des Mullah-Regimes in Teheran. Es handelte sich um eine direkte Bedrohung der Sicherheit Deutschlands durch eine fremde Macht."
Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm warnt, dass Verbote nur ein Teil dessen seien, was gegen den religiösen Fundamentalismus helfen werde. "Der andere – wahrscheinlich schwierigere – ist, die in Deutschland lebenden jungen Muslime davor zu bewahren, in die extremistische Richtung abzudriften. Schulen und Vereine können dazu einen Beitrag leisten. Und gemäßigte Muslime, die den Jungen zeigen: Freiheitliches Leben im Westen und islamischer Glaube müssen kein Widerspruch sein", findet die SÜDWEST PRESSE.
Brasiliens Präsident Lula, dessen Land aktuell den G20-Vorsitz innehat, will eine globale Mindeststeuer für Milliardäre einführen. Der KÖLNER STADT-ANZEIGER sieht wenig Chancen in der Praxistauglichkeit: "Gesetzgeber und Behörden müssten nur ihren Job besser machen. Das ambitionierte Brasilien ist berüchtigt für seine extrem komplizierte Unternehmensbesteuerung. Und Irland hat als Niedrigsteuerstandort in der Europäischen Union seinen Beitrag zum Reichtum kalifornischer Tech-Milliardäre geleistet. Da wäre also eine Menge zu machen, und gutes Handwerk in Politik und Verwaltung würden oft ausreichen. Eine weltweite Vermögenssteuer ist dagegen ein Gigaprojekt, das Ressourcen bindet, schon jetzt wenig Ertrag verspricht und sich am Ende ohnehin politisch festfährt. Vielleicht soll es auch einfach nur vom Unvermögen an anderer Stelle ablenken. Dafür sind große Bühnen wie der G20-Gipfel immer gut", analysiert der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU mahnt: "Weltweit hungern rund 733 Millionen Menschen - also fast jede und jeder Zehnte auf diesem Planeten, wie ein Bericht der Vereinten Nationen feststellt. Beim UNO-Nachhaltigkeitsziel 'Null Hunger', das bis 2030 erreicht werden soll, kommt die Weltgemeinschaft nicht voran. Klimakrise, Kriege und Konflikte machen Fortschritte vergangener Jahre wieder zunichte. Es mangelt vor allem am politischen Willen und der Konsequenz, das Menschenrecht auf angemessene Nahrung durchzusetzen. Ein Hoffnungszeichen, dass die G20 unter brasilianischer Präsidentschaft jetzt eine 'Globale Allianz gegen Hunger und Armut' starten will? Wie viele internationale Bündnisse zur Ernährungssicherung wurden schon vollmundig initiiert und gerieten schnell wieder in Vergessenheit! Präsident Lulas Initiative könnte dem Kampf gegen den Hunger aber neuen Schwung geben. In seiner ersten Regierungsperiode hat er immerhin schon einmal gezeigt, was politischer Wille vermag: Mit einer gezielten Sozialpolitik wurde die Unterernährung in Brasilien besiegt." Mit diesem Kommentar aus der FRANKFURTER RUNDSCHAU endet die Presseschau.