29. Juli 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Die Themen heute: die Zuspitzung des Konfliktes zwischen Israel und der militant-islamistischen Hisbollah, der Vorschlag der Bundesbauministerin, wegen der Wohnungsnot aufs Land zu ziehen - und der Rückblick auf die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele.

29.07.2024
Das Foto zeigt Rettungskräfte in einem Dorf auf den Golan-Höhen nach einem Raketeneinschlag.
Der Raketeneinschlag in Majdal Shams auf dem Golan ist eines der Themen in der Presseschau. (AFP / JALAA MAREY)
Zunächst aber in den Nahen Osten und zum Einschlag einer Rakete auf den Golanhöhen, bei dem zwölf junge Menschen auf einem Fußballplatz getötet wurden. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kommentiert: "Im Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah ist jetzt eingetreten, wovor die Krisendiplomatie seit Monaten warnt: dass das Spiel mit kalkulierten Provokationen außer Kontrolle geraten kann, sobald ein blutiger Vorfall, ob gewollt oder ungewollt, den Rahmen sprengt. Die Beteuerungen der Hisbollah, sie habe damit nichts zu tun, sind wenig glaubhaft. Aber sie sind ein Signal, dass die Schiitenorganisation nicht vorsätzlich die ungeschriebenen Regeln verletzt hat, nach denen der Schlagabtausch bislang ablief. Es ist tatsächlich zweifelhaft, dass sie gezielt Drusen unter Feuer genommen hat, also eine arabische Minderheit, deren wichtigste Führungsfigur in Libanon fest an ihrer Seite steht. Aber es wäre nicht der erste Krieg, der durch einen unbeabsichtigten Fehltritt entfesselt würde - oder durch eine verhängnisvolle Fehlkalkulation", gibt die F.A.Z. zu bedenken.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG fasst die Lage so zusammen: "Seit Monaten wird die Hisbollah militärischer Nadelstiche gegen Israel nicht müde. Seit Monaten übt Israel Vergeltung. Die Region kommt aus dem tödlichen Kreislauf der 'Auge um Auge, Zahn um Zahn'-Logik einfach nicht heraus. Die Wurzel allen Übels heißt Iran. Teheran hat die Hisbollah im Libanon zu einem Staat im Staate hochgerüstet und im Jemen die Huthi-Rebellen zu anti-israelischen Handlangern gemacht, die aus Solidarität mit den Palästinensern im Gaza-Krieg Handelsschiffe angreifen. Solange es bei den Mullahs zur Staatsraison gehört, Israel von der Landkarte tilgen zu wollen, werden alle internationalen Anstrengungen, die Region zu befrieden, ins Leere laufen", betont die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Für die Zeitung DIE WELT steht fest: "Wenn es tatsächlich zu einem ausgewachsenen Krieg zwischen Israel und der Terrorarmee kommen sollte mit all den Kollateralschäden, die das für die libanesische Bevölkerung bedeuten würde, dann ist das allein der Hisbollah zuzuschreiben und ihren Strippenziehern in Teheran. Israel hat in all den Monaten des Terror-Beschusses aus dem Norden tatsächlich bemerkenswerte Zurückhaltung an den Tag gelegt. Doch nun ist das Maß voll, und Israel muss reagieren, wenn es in den Augen seiner Todfeinde nicht als schwach dastehen will", glaubt DIE WELT.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) betont, bislang sei es der israelischen Regierung gelungen, eine Eskalation zu vermeiden. "Selbst der großangelegte Raketenangriff des Irans führte nicht zu einem offenen Krieg gegen das Mullah-Regime, sondern lediglich zu Kampfhandlungen, die quasi öffentlich verabredet und begrenzt waren. Doch je länger der Krieg gegen die Terrororganisation Hamas in Gaza andauert, je mehr die israelische Armee dort dauerhaft gebunden ist, desto größer die Versuchung für die Verbündeten des Irans, die israelische Verteidigungsfähigkeit zu testen. Das ist hochgefährlich, vor allem, wenn die eingesetzten Mittel so unpräzise sind wie die Rakete, die in Madschd al-Schams so viele unschuldige Opfer forderte." Das war ein Auszug aus der der MÄRKISCHEN ODERZEITUNG.
Für die MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der etwa die PASSAUER NEUE PRESSE gehört, steht fest: "Darüber können die Unschuldsbeteuerungen der Hisbollah und die Mahnungen aus Teheran an Israel nicht hinwegtäuschen: Es war eine (wohl fehlgeleitete) Rakete iranischer Bauart, die den fußballspielenden Kindern am Golan zum Verhängnis wurde. Und es sind iranische Offiziere, die Hisbollah-Kämpfer ausbilden. Solange das so ist, nimmt auch der Iran einen Flächenbrand in Kauf, den angeblich keiner will."
Die TAZ, die TAGESZEITUNG aus Berlin, klingt ganz ähnlich. "Die zwölf Kinder und Jugendlichen, die beim Fußballspiel auf den Golanhöhen von einer Rakete aus dem Libanon getötet wurden, gehen auf das Konto von Teheran." Weiter heißt es: "Israel sollte nicht alleingelassen werden. Die militärische Front der USA, Englands und Jordaniens, die Israel gegen die iranischen Luftangriffe im April beigestanden haben, war ein klares Signal und ein guter Start. Die Allianz ist allerdings ausbaufähig. Vor allem mit Saudi-Arabien. Doch um Riad mit ins Boot zu kriegen, muss erst der Krieg im Gazastreifen enden."
Bundesbauministerin Geywitz möchte wegen der Wohnungsnot in großen Städten Menschen zum Umzug aufs Land oder in kleinere Städte bewegen. Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus gibt sich zwiespältig. "Gesünder, ruhiger, grüner, mit der Natur direkt vor der eigenen Haustür lockt das Idyll. Mussten früher viele Menschen auf der Suche nach einem Job noch die ländlichen Gebiete teils komplett verlassen, lässt sich nun oft ortsunabhängig und flexibler arbeiten. Gleichzeitig liegt genau da der Haken. Denn von der Förderung würde genau nur die Gruppe profitieren, die überhaupt im Homeoffice arbeiten kann. Wer als Pflegekraft, im Einzelhandel oder an einer Pforte schafft, hat diese Option einfach nicht", unterstreicht die LAUSITZER RUNDSCHAU.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER ist ebenfalls eher zurückhaltend. "Um wirklich mehr Menschen zum Umzug von den Großstädten aufs Land zu bewegen, muss dort die Infrastruktur ausgebaut werden. Schnelles Internet, gute Straßen- und Bahnverbindungen und eine gute medizinische Versorgung gehören heute auch auf den Dörfern zu den Grundbedürfnissen der Bewohner. Wenn der letzte Bäcker, die letzte Bankfiliale und der letzte Hausarzt aufhören, wird es schwer, Städter aufs Dorf zu locken."
Die BERLINER MORGENPOST ist besonders ungehalten. "Ihr wollt Restaurants und Kultur, Stadtleben und halbwegs kurze Arbeitswege? Ihr wollt euer soziales Umfeld in der Nähe - und gleichzeitig bezahlbar wohnen? Pech gehabt, sagt dieser Vorschlag, ihr werdet euch entscheiden müssen."
Nun zu den Olympischen Spielen. Der KÖLNER STADT-ANZEIGER blickt wohlwollend auf die Eröffnungsfeier mitten in Paris. "Im Vordergrund stand die Erzählung von einem multikulturellen, freien, toleranten und inklusiven Frankreich, das stolz ist auf viele eigene Stars und Talente, aber auch Künstlerinnen und Künstler anderer Nationen mit einzubeziehen weiß. Das ist ein wichtiges Zeichen, nur wenige Wochen, nachdem mehr als zehn Millionen Französinnen und Franzosen in den Parlamentswahlen für den rechtsextremen Rassemblement National gestimmt haben. Die franko-malische Sängerin Aya Nakamura – ein Superstar auf den internationalen Plattformen, aber Hassobjekt für Rassisten – ausgerechnet mit der bestens gelaunten Militärkapelle der Republikanischen Garde auftreten zu lassen, war ein Geniestreich, mit dem Regisseur Jolly allen Kritikern eine Nase drehte." Sie hörten die Meinung des KÖLNER STADT-ANZEIGERS.
Und die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG fährt fort: "Da lief Nakamura also über den Pont des Arts, mit der Kuppel der Académie française im Rücken, des Hochamts der französischen Sprache, in einem golden glitzernden, plüschig gefederten Kleid, mit blonden Haaren, und sang nichts von Édith Piaf, sondern etwas von Charles Aznavour, dem Franko-Armenier, auch er ein Produkt der republikanischen Integration. Oder besser: Sie mischte Aznavour mit Nakamura, dessen 'For Me Formidable' mit ihrem 'Pookie'. 60 Musiker der republikanischen Garde begleiteten sie dazu, Trommler und Bläser. Am Ende tanzten die Gardisten um sie herum, und Nakamura salutierte militärisch. Die Welt mag diese Szene als Kreuzung zweier musikalischer Genres erlebt haben. Es war mehr, es gerann darin gerade die Größe der Republik. Sie trug den Titel 'Égalité', Gleichheit." Das war zum Abschluss der Presseschau die Meinung der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.