17. August 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Ein Thema in den Kommentaren ist der jüngste Angriff jüdischer Siedler auf palästinensische Zivilisten im Westjordanland. Daneben geht es um den Sabotageverdacht an mehreren Bundeswehrstandorten. Doch zunächst blicken wir auf die Regierungskoalition, die bei den Verhandlungen über den Haushaltsentwurf für das kommende Jahr einen Kompromiss erzielt hat.

Deutscher Bundeshaushalt - Symbolbild zeigt einen Bundesadler auf Euro-Geldscheinen.
Die Zeitungskommentare widmen sich u.a. der jüngsten Einigung der Regierungskoalition auf den Bundeshaushalt 2025 (Symbolbild). (picture alliance / Zoonar / DesignIt)
Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg fragt: "War es die zweite, dritte oder zehnte Einigung, welche die Ampel auf der Suche nach Milliarden gerade verkündet hat? Egal, es spielt keine Rolle mehr. 30 Milliarden Euro maß das Finanzloch, das es ursprünglich zu stopfen galt. 17 Milliarden davon wurden im Juli weggezaubert, indem man diese Summe zur 'globalen Minderausgabe' erklärte. Will heißen: Irgendwie und irgendwo wird sich dieser Betrag schon noch einsparen lassen. Und diese Summe wurde jetzt noch einmal um 4,5 Milliarden Euro geschrumpft. Unter anderem soll die Bahn weniger direkte Zuschüsse, aber dafür zusätzliche Darlehen erhalten und auch mehr Eigenkapital. Wie das anders finanziert werden soll als auf Pump? Ach, Hauptsache die Schuldenbremse bleibt für die FDP auf dem Papier sakrosankt. Und die SPD muss nicht sparen, wo es wehtut. Die Grünen sind kleine Brötchen inzwischen gewohnt", vermerkt die BADISCHE ZEITUNG.
Der Haushaltsentwurf weist eine Finanzierungslücke von 12 Milliarden Euro auf. Der Berliner TAGESSPIEGEL betont, die sogenannnte globale Minderausgabe sei "an sich sauber, wenn damit geringe Differenzen zwischen etwas zu hohen Ausgabeplänen mit zu geringen Einnahmeschätzungen ausgeglichen werden. Man geht dann einfach von der Erfahrung aus, dass meist nicht alle Mittel abfließen, was pauschal schon mal vorab im Etat berücksichtigt wird. Ein Kniff, der akzeptabel ist, wenn er tatsächlich eine echte Restlücke deckt. Aber das nun vereinbarte Ausmaß ist, gemessen an den bisherigen Etats des Bundes, nicht gering", gibt der TAGESSPIEGEL zu bedenken.
SPIEGEL ONLINE macht den Bundesfinanzminster dafür verantwortlich, dass die Etatberatungen so lange gedauert haben: "Christian Lindner versucht, anders als seine Vorgänger, sich parteipolitisch in seinem Amt zu profilieren. Es geht dem Liberalen darum, sich als harter Kassenwart zu inszenieren, als Hüter der Schuldenbremse, der klarmachen will, dass er das Geld zusammenhält, während andere es verprassen wollen. Ob ihm das bei den anstehenden Wahlen im Osten helfen wird? Vermutlich trägt es nur dazu bei, die schlechte Meinung der Menschen im Land über die Dreierkoalition zu verstärken", vermutet SPIEGEL ONLINE.
Auch die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG ist sich sicher: "Keine der Ampelparteien wird von dem jetzigen Ergebnis profitieren. Sie haben die Chance verpasst, sich als eine Regierung zu präsentieren, die Vertrauen verdient, weil sie Probleme lösen kann. Das Gegenteil ist der Fall. Und das alles, um die Schuldenbremse einzuhalten, die Lindner zur heiligen Kuh erklärt hat. In einer Zeit, die nach viel größeren Investitionen in marode wie zukunftswichtige Bereiche schreit, als jetzt geplant ist. Die Rechnung für das Ampelchaos dürften ihre Parteien bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen am 1. September bekommen." prognostiziert die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE erwartet: "Es wird im Bundestag noch viel Beratungsbedarf geben. Verteidigungsminister Boris Pistorius beispielsweise hat erheblichen Mehrbedarf angemeldet, um seine Aufgaben vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges erfüllen zu können. Allein dieses Thema verlangt nach einer Debatte, die nicht unter Zeitdruck steht. Bei den Etats der letzten Jahre konnte sich die Regierung noch damit rausreden, dass sie auf die Folgen von Gerichtsurteilen reagieren musste und deshalb Zeit brauchte. Das gilt diesmal nicht, der Stress ist hausgemacht", bilanziert die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Die Schuldenbremse sei in ihrer jetzigen Auslegung ein Standortrisiko, betont ZEIT ONLINE: "Sie beschleunigt den industriellen Abstieg Deutschlands. So wie bisher kann und wird es jedenfalls nicht weitergehen. Denn endgültig gelöst ist das Problem auch mit der jetzigen Einigung nicht. Denn selbst wenn der Haushaltsentwurf der Regierung die parlamentarischen Beratungen überlebt - was wahrscheinlich, aber nicht sicher ist -, wäre damit nur das finanzielle Fundament für 2025 gelegt. In den Jahren darauf fehlen laut aktueller Finanzplanung erneut Milliarden im Haushalt, und das bedeutet, dass die nächste Regierung einen Weg aus dem Dilemma finden muss." So weit die Meinung von ZEIT ONLINE.
Themenwechsel. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG beschäftigt sich mit dem jüngsten Angriff jüdischer Siedler auf palästinensische Zivilisten im Westjordanland: "Wie immer kam die Armee zu spät, wie immer griff sie nicht angemessen durch, sondern meldete hinterher lediglich die Festnahme eines einzigen dieser Gewalttäter. Bestenfalls beschönigend sind auch die Reaktionen der politischen Führung. Präsident Isaac Herzog beklagt eine 'extreme Minderheit' – dabei weiß er, dass die Paten dieser Täter inzwischen in Israels Regierung sitzen, als Minister für Innere Sicherheit etwa. Premier Benjamin Netanjahu verurteilte sie allein deshalb, weil sie den Kampf gegen den palästinensischen Terrorismus in die eigenen Hände genommen hätten. Dabei sind diese Täter selbst Terroristen – und können nur gestoppt werden, wenn sie von Israels Justiz und der internationalen Gemeinschaft endlich auch so behandelt werden", findet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG beobachtet: "Netanjahus extremistische Koalitionspartner, in anderen Fällen schnell bei der Hand mit Kommentaren, verhalten sich hier in einer Weise ruhig, die leider tief blicken lässt. Die Siedlerbewegung konnte sich durch die Haltung zumindest dieses Flügels der Regierung Netanjahu in ihrem radikalen Kurs gegenüber den Palästinensern bestätigt fühlen. Ihre Anführer haben daraus offensichtlich einen Freibrief für Gewalttaten aller Art abgeleitet. Auf diese Weise hat sich die israelische Regierung, die ohnehin schon an vielen Fronten gefordert ist, ohne Not eine weitere aufgehalst", glaubt die F.A.Z.
Die BERLINER MORGENPOST geht auf die Sabotage-Verdachtsfälle an mehreren Bundeswehr-Standorten ein, die sich allerdings bisher nicht bestätigt haben. Verteidigungsminister Pistorius müsse "den Wachschutz der Bundeswehr-Einrichtungen deutlich erhöhen. Das ist teuer, personalintensiv, aber ohne Alternative. Es kann nicht sein, dass Saboteure in Kasernen so leicht eindringen können wie Schüler nachts ins städtische Freibad. Anhänger der Wehrpflicht haben jetzt jedenfalls ein exzellentes Argument mehr. Selbstverständlich können Wehrpflichtige mit Wachschutzaufgaben Berufssoldaten, die woanders dringend gebraucht werden, entlasten. Eine Armee, die nicht einmal ihre eigenen Einrichtungen schützen kann, wirkt auf potenzielle Feinde wenig bedrohlich", mahnt die BERLINER MORGENPOST.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER sieht keinen Grund zur Panik, denn "nicht jeder beschädigte Zaun ist ein grundsätzliches Sicherheitsrisiko. Schlamperei bei der Wartung kann dafür verantwortlich sein oder Vandalismus aus Lust an Zerstörung, als persönlicher Racheakt oder seltsame Form der Mutprobe. Auch die Möglichkeit einer Sabotage zu prüfen, gehört zur Logik von Ermittlungen. Dass die Idee – trotz zunächst fehlender Belege – auch im politischen und medialen Raum so schnell die Runde machte, zeigt, wie sich die Sicherheitslage in Deutschland verändert hat."
Das STRAUBINGER TAGBLATT dagegen findet, entscheidend sei ein anderes Themenfeld: "Der Cyberraum ist das Schlachtfeld der Zukunft. Cyber-Kriegsführung ist zu einem zentralen Element hybrider Konflikte geworden. Ohne Schutz digitaler Infrastrukturen geht nichts mehr, sei es zum einen gegen Hackerangriffe auf sensible Kommunikationsprozesse auf militärischer Ebene. Oder zum anderen gegen Desinformation und Manipulation von Bots, die vorgeben, echte Menschen zu sein, hinter denen aber eine Software steckt. Das ist Alltag und das weiß auch die Bundeswehr." Mit diesem Auszug aus dem STRAUBINGER TAGBLATT endet die Presseschau.