31. August 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Heute mit Stimmen zum Streit beim Industriekonzern Thyssenkrupp um die Neuaufstellung der Stahlsparte. Daneben geht es um das erste Fernsehinterview der demokratischen US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris. Doch zunächst zur Abschiebung von 28 Afghanen aus Deutschland in ihr Herkunftsland.

"Abschiebeflug" (Symbolbild)
Die Zeitungskommentare beschäftigen sich u.a. mit der Abschiebung von 28 afghanischen Straftätern in ihre Heimat (Symbolbild). (dpa / picture alliance / Daniel Kubirski )
Der SÜDKURIER aus Konstanz erläutert: "Das Flugzeug, das gestern früh nach Afghanistan abhob, war ein Signal. Ein richtiges, weil es mit diesen einschlägig verurteilten Schwerverbrechern genau jene getroffen hat, die in Deutschland wirklich nichts zu suchen haben. Fest steht, die Bundesregierung hat sich in die Rolle des Bittstellers begeben. Die Bedingungen für die künftige Zusammenarbeit stellt jetzt nicht mehr Berlin, sondern die Islamisten in Kabul, die ihr eigenes Volk behandeln wie Vieh. Doch die Menschen in Afghanistan hat die Ampel-Regierung ebenso vergessen, wie die mehr als 2.000 ehemaligen Ortskräfte der Bundeswehr, die noch immer auf ihre versprochene Ausreise warten. Auch das ist ein Signal", notiert der SÜDKURIER.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) findet: "Die Regierung zeigt, dass sie diplomatischer Mittel mächtig ist: Sie bediente sich des Vermittlers Katar, um das Taliban-Assad-Dilemma zu umgehen, das bislang Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien unmöglich machte. Künftig könnten auch andere einflussreiche Staaten der Region die Vermittler-Rolle übernehmen. Die Illusion, nur mit Vorzeige-Demokratien ins Geschäft kommen zu wollen, kann sich die Bundesregierung aktuell jedenfalls nicht leisten. Mit dem Abschiebeflug und auch mit dem geplanten Sicherheitspaket demonstriert die angeschlagene Ampel Handlungsfähigkeit", urteilt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Die Abschiebungen seien schon lange geplant gewesen, hebt ZEIT ONLINE hervor: "Man kann der Regierung zugutehalten, dass sie, während andere – etwa Oppositionschef Friedrich Merz – das große Wort schwangen, in monatelangen, von Katar vermittelten Geheimverhandlungen mit den Taliban die Rückführungen möglich machte. Ja, man muss fragen, ob Merz nicht von diesen Verhandlungen wusste, an denen schließlich auch unionsgeführte Länder indirekt beteiligt waren, als er mit großer Geste eine 'Wende in der Asylpolitik' forderte, darunter die Ermöglichung von Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien. Und doch wirkt der Zeitpunkt des Kabul-Flugs ebenso berechnet wie die Verschärfung des Asylrechts, die auch wenig bis nichts dazu beitragen dürfte, die Sicherheit wesentlich zu erhöhen", argumentiert ZEIT ONLINE.
Die Zeitung DIE WELT begrüßt die Rückführungen nach Afghanistan, es bleibe jedoch ein schaler Beigeschmack: "Das fängt mit der Symbolik des Handgelds an, das jeder dieser Straftäter erhalten hat, und es endet damit, dass man sich fragen muss, warum nicht abgeschoben werden konnte, eben bevor ein elfjähriges Mädchen vergewaltigt wurde. Zudem erscheint das Timing zumindest verdächtig, zwei Tage vor den Wahlen in Thüringen und Sachsen – und just nachdem die illegale Migration und die Verrohung des öffentlichen Raums nach dem entsetzlichen Anschlag in Solingen sehr scharf diskutiert wurden. Nun mag es so sein, dass es juristisch hilfreich ist, dieses Handgeld zu bezahlen, um zügig abschieben zu können. Aber das hätte dann klar und deutlich erklärt werden müssen", bemängelt DIE WELT.
In der Zeitung DIE GLOCKE aus Oelde heißt es, das individuelle Recht auf Asyl sei ein hohes Gut, aber: "Dieses Recht hat seine Grenzen, besonders wenn es um Schwerstkriminelle und terroristische Gefährder aus Ländern wie Afghanistan und Syrien geht. Wer in Deutschland schlimmste Straftaten begeht und die einheimische Bevölkerung terrorisiert, hat sein Schutzrecht verwirkt und hier – spätestens nach Verbüßung seiner Strafe – nichts mehr zu suchen. Dass diese Selbstverständlichkeit durch die Abschiebung von 28 afghanischen Straftätern endlich wieder mit Fakten unterlegt wurde, ist sehr zu begrüßen." Das war DIE GLOCKE.
Themenwechsel. "Der Streit bei Deutschlands größtem Stahlhersteller eskaliert auf beispiellose Weise", titelt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG mit Blick auf den Industriekonzern Thyssenkrupp: "Selbst Sigmar Gabriel, als ehemaliger Außenminister eigentlich in Diplomatie bewandert, sieht keine Lösung mehr und schmeißt hin. Der SPD-Politiker trat als Chef des Aufsichtsrats von Thyssenkrupp Steel Europe zurück, genau wie drei andere Kontrolleure. Zugleich verlor das kriselnde Unternehmen drei Vorstände: sieben auf einen Streich. Hinter dem Disput steht, dass Konzernchef Miguel López das Stahl-Management zu einem härteren Sanierungskurs drängen wollte. Der Deutsch-Spanier möchte die Stahltochter gesundschrumpfen und in die Eigenständigkeit entlassen – sie soll die Mutter nicht länger belasten. Doch die Stahlvorstände hielten López’ Vorgaben für unrealistisch und forderten mehr Startkapital, eine üppige Mitgift. López könnte nun versucht sein, Ja-Sager als Manager einzusetzen, um seine Ziele rücksichtslos durchzudrücken", vermutet die SÜDDEUTSCHE.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG erwartet: "López steht vor der Aufgabe, die freien Führungsposten zügig gut zu besetzen und die Belegschaft zu befrieden. Ein rational kalkulierter, harter Sanierungsplan dürfte, notfalls mithilfe externer Gutachter, schnell erarbeitet sein. Die Kunst liegt in dessen Verwirklichung. Im Stahl im Ruhrgebiet reden alle mit: Betriebsräte, Gewerkschaften und die Politik, die um ihre Subventionen und Wähler bangt. Das Risiko ist hoch, dass der Konzern im Chaos der zerstrittenen Interessen im Stillstand verharrt", gibt die F.A.Z. zu bedenken.
In der BÖRSEN-ZEITUNG lesen wir: "Es mag der richtige Ansatz sein, die Stahltochter in die Eigenständigkeit zu entlassen. Doch ohne solide finanzielle Ausstattung führt dieser Weg in die Sackgasse. Daran wird auch ein neuer Stahlvorstand nichts ändern. Darauf zu setzen, dass am Ende der Staat die schützende Hand über die Stahlarbeiter und die Aussicht auf grünen Stahl hält, ist ein gewagtes Spiel, bei dem es am Ende nur Verlierer geben kann."
Nun noch Stimmen zum ersten Fernsehrinterview der demokratischen US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris. Die MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der unter anderem die PASSAUER NEUE PRESSE gehört, bemerkt: "Der Auftritt bei CNN, einem den Demokraten wohlgesonnenen Sender, war sicher keine Offenbarung, aber auch kein peinlicher Flop. Heikle Themen wie Migration und Fracking meisterte Harris unfallfrei mit der volksnahen Ankündigung, hart gegen irreguläre Einwanderung vorgehen zu wollen und die umstrittene Gas- und Ölförderung nicht zu verbieten. So warb sie um Wählerstimmen aus der eher konservativen Mittelschicht, die sie für einen Wahlsieg sehr gut brauchen kann", bilanziert die PASSAUER NEUE PRESSE.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG beobachtet: "Von sich selbst und ihrer Kampagne überzeugt, aber mit gezogener Handbremse, um bloß keine Fehler zu machen – so präsentierte sich Harris mit ihrem Vize Tim Walz einem Millionenpublikum. Inhaltlich gab sie sich so präzise wie nötig und so allgemein wie möglich: Familien unterstützen, mittelständische Wirtschaft stärken, Migration eindämmen, Klimawandel bekämpfen, Solidarität mit Israel – was eine Wahlkämpferin so sagen muss", vermerkt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Der Berliner TAGESSPIEGEL stellt fest, der Fernsehauftritt habe zwei von Harris' größten Problemen verdeutlicht: "Die 59-Jährige wird ihre Vergangenheit als Vizepräsidentin nicht los. Einst hat sie sich gegen die Erdgasgewinnung durch Fracking ausgesprochen, nun will sie es nicht mehr verbieten. Problem zwei: Es gibt eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem Online-Hype um Harris und ihrem tatsächlichen Auftreten. So tat sie Aussagen Trumps über ihre Identität als schwarze Amerikanerin nur knapp als 'dieselbe alte, abgestandene Masche' ab und hat dem auf offener Bühne offenbar wenig entgegenzusetzen. Als Fazit bleibt: Das Interview hat ihr nicht geschadet – aber auch nicht geholfen. Ihre nächste Bewährungsprobe kommt bei der TV-Debatte mit Trump am 10. September", schreibt der TAGESSPIEGEL zum Ende der Presseschau.