14. September 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Mit Stimmen zum vereitelten Anschlag auf Bundeswehrsoldaten in Bayern sowie zur Debatte über den Einsatz westlicher Waffen gegen Ziele in Russland. Hören Sie aber zunächst Kommentare zur Durchfahrt von Schiffen der Deutschen Marine durch die Straße von Taiwan, die von China als Teil seines Hoheitsgebiets betrachtet wird.

Ein Marine-Schiff fährt über das Meer.
Das deutsche Marine-Schiff "Frankfurt am Main" fuhr durch die Meerenge zwischen dem chinesischen Festland und Taiwan. (picture alliance / dpa / Soeren Stache)
Die MEDIENGRUPPE BAYERN stellt heraus: "Erstmals seit 2002 fährt die deutsche Marine durch die umstrittene Meerenge zwischen Taiwan und China. Während Peking schäumt, gibt sich Berlin äußerlich cool. Zu Recht. Was dort passiert, ist ein ganz normaler Vorgang, der den Regeln des internationalen Rechts entspricht. Von Provokation kann keine Rede sein: Die Durchfahrt der beiden Kriegsschiffe ist ein Signal für freie Seefahrt, wie sie seit Jahrhunderten besteht. Deutschland gibt zu verstehen: Wir sind nicht erpressbar. Und beweist vor allem Rückgrat gegenüber den Partnern in der Region. Es wurde Zeit", urteilt die MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der unter anderem die PASSAUER NEUE PRESSE gehört.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bemerkt: "Vor drei Jahren hatte die Marine mit der Fregatte 'Bayern' noch einen Bogen gemacht um die Meerenge. Es war eine unnötige Rücksichtnahme auf China, die damals schon falsch war und viele Partner zu Recht irritiert hat. Die Ignoranz gegenüber den imperialistischen Bestrebungen Wladimir Putins darf sich mit Blick auf China nicht wiederholen, auch wenn Deutschlands politische Interessen in Widerspruch geraten mit den Geschäftsinteressen mancher Dax-Konzerne", mahnt die SZ.
"Still und leise hat Olaf Scholz für die Bundeswehr die Durchfahrt in der Taiwanstraße angeordnet", schreibt der Berliner TAGESSPIEGEL und spricht von einem kleinen weltpolitischen Coup: "Scholz’ Handeln hat gleich drei positive Folgen: Erstens hat er den internationalen Verbündeten gezeigt, dass Deutschland verlässlich an ihrer Seite steht, wenn es darum geht, internationales Seerecht durchzusetzen und die Freiheit der Handelswege zu verteidigen. Zweitens hat er Peking signalisiert, dass Deutschland sich nicht bedrängen lässt in Fragen, die selbstverständlich sein sollten. Drittens hat er die Messlatte für künftige Einsätze in der Region hochgesetzt. Denn wenn sogar das vorsichtige Deutschland es wagt, Chinas Säbelrasseln zu ignorieren und das zu tun, was rechtens ist, so werden sich andere Länder künftig auch dafür entscheiden", argumentiert der TAGESSPIEGEL.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG meint: "Der gern schneidige Verteidigungsminister Pistorius rechtfertigte die Durchfahrt zweier deutscher Kriegsschiffe auch damit, es sei der kürzeste und angesichts des Wetters auch der sicherste Weg. Das klingt schön deutsch, sparsam und vorsichtig nämlich, und nicht nach Kanonenbootpolitik. In Peking wird man den Kurs einer deutschen Fregatte und eines Versorgers trotzdem als unfreundlichen Akt aufnehmen. Zwei Dinge sollten in Berlin nicht vergessen werden: Zu einer kohärenten China- und Asienpolitik gehört zuallererst eine stärkere Diversifizierung des deutschen Außenhandels. Die Abhängigkeit von China wird aber nicht weniger, und die Politik hat dagegen bisher nicht viel ausgerichtet. Zweitens muss die Bundeswehr nicht China abschrecken, was sie auch gar nicht könnte, sondern Russland. Der Schwerpunkt der deutschen Verteidigungspolitik liegt in Europa, nicht in Fernost", betont die F.A.Z.
DIE FRANKFURTER RUNDSCHAU kommentiert die Debatte über den Einsatz weitreichender westlicher Waffen gegen Ziele in Russland: "Wladimir Putin droht wieder. Er spricht von einer Kriegsbeteiligung der NATO, wenn deren Mitgliedstaaten Kiew erlauben, gelieferte Waffen gegen Militärstandorte auf russischem Territorium zu richten. Dorthin, von wo Putin Gleitbomben losfliegen lässt, um Baumärkte, Wohnhäuser, Kliniken zu zerstören – also um ukrainische Zivilist:innen, alte Menschen, Frauen, Kinder, zu töten. Es ist zu hoffen, dass sich die NATO-Partner nicht von Putin beeidrucken lassen, sondern die gelieferten Waffen zu ukrainischen Waffen erklären", vermerkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Das HANDELSBLATT sieht es ähnlich: "Kiews Alliierte sollten sich – wie auch schon in der Vergangenheit – von den düsteren Drohungen aus dem Kreml nicht einschüchtern lassen. Dass die Ukraine in ihrem verzweifelten Abwehrkampf auch militärische Ziele auf russischem Territorium angreift, ist vom Völkerrecht gedeckt."
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG gibt zu bedenken: "Tatsächlich ist es im aktuellen Fall weniger die Frage, ob solche Angriffe zur Selbstverteidigung völkerrechtlich gedeckt sind. Vielmehr ist de facto entscheidend, was Präsident Putin als aktiven Eingriff und direkten Angriff auf Russland seitens der NATO erachtet. Die mit der Ukraine alliierten Staaten – mithin auch die Bundesregierung – sollten also sehr genau abwägen, welches Risiko sie noch einzugehen bereit sind. Eine direkte militärische Konfrontation zwischen Russland und der NATO gilt es unbedingt zu vermeiden", hält die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG fest.
"Es bleibt ein mulmiges Gefühl", findet die SÜDWEST PRESSE aus Ulm: "Der Moloch Krieg wütet bekanntlich blind, er sucht sich immer tödlichere Waffen und immer neue Ziele. Wer mit ihm tanzt, sollte seine Risiken genau kalkulieren. Und vielleicht sollte der Westen gegenüber der Ukraine weniger mit Luftabwehrraketen und banaler Artillerie geizen als mit geografischen Freibriefen zum Einsatz von Langstreckenraketen."
Themenwechsel. Ermittler haben in der bayerischen Stadt Hof einen mutmaßlich islamistischen Anschlag auf Soldaten der Bundeswehr verhindert. Ein 27-jähriger Syrer wurde verhaftet. Der MÜNCHNER MERKUR notiert: "Die Ampel wird das Asyl-Thema nicht los. Dafür sorgt schon der stete Strom von Nachrichten, die die Bevölkerung erschrecken. Wie Hohn klingt da der Satz von Innenministerin Faeser, sie werde die von der Union verlangten konsequenten Zurückweisungen an der Grenze nicht vornehmen, weil sie die dafür juristisch erforderliche 'Notlage' nicht ausrufen wolle – denn derartige Ansagen machten 'den Menschen Angst'. Nicht Maßnahmen zur Begrenzung der illegalen Migration sind es, die den Menschen Angst machen. Sondern Schreckensmeldungen wie die aus Solingen und Hof – und der in Teilen der Ampel leider noch immer fehlende Wille, das Nötige zu tun und mehr Abweisungen an der Grenze vorzunehmen." So weit der MÜNCHNER MERKUR.
Die LANDSHUTER ZEITUNG schreibt mit Blick auf die Debatte über die Rechtmäßigkeit solcher Zurückweisungen: "Dass ein juristisches Scheitern möglich ist, muss die Ampel-Regierung selbstverständlich in ihre Überlegungen einbeziehen. Aber: Solange es nicht sicher ist, ob Zurückweisungen an den Grenzen tatsächlich verfassungs- und europarechtlich unzulässig sind, solange das nur eine Befürchtung ist, ist dieser Aspekt nur einer von vielen weiteren in der Waagschale. Das letzte Wort hat also Luxemburg. Bis dahin gilt es, den rechtlichen Rahmen so weit wie nötig auszuschöpfen. Europäisches Recht darf bei Zurückweisungen kein Vorwand für Untätigkeit sein", fordert die LANDSHUTER ZEITUNG.
Die Zeitung ND.DER TAG sieht es ganz anders und kritisiert: "Politiker, die sich in Proteste gegen die AfD einreihten, betreiben jetzt deren Geschäft. In der Hoffnung auf ein paar Umfragepunkte werden Migranten und Asylbewerber bedenkenlos in Sippenhaft genommen."
"Das politische Klima in Deutschland ist vergiftet wie lange nicht", bedauert die STUTTGARTER ZEITUNG: "Wir leben in einer Zeit eines gewaltigen Umbruchs, der Ängste evoziert. Sie entzünden sich an Themen wie Migration oder Klimawandel. Auch beunruhigt die Kriegsgefahr. Die Frage ist, wie die Gesellschaft und mit ihr die Politik – oder vielleicht doch besser die Politik und mit ihr die Gesellschaft – darauf reagieren. Die Antwort lautet: Es geht in die falsche Richtung. Die Sehnsucht nach dem Gestern frisst die Zukunft auf. Und die demokratische Politik in ihrer Breite ergibt sich diesem Trend."