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Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER lobt die scheidenden Vorsitzenden der Grünen: „Ricarda Lang und Omid Nouripour haben sich nichts vorzuwerfen. Sie haben ihren Job als Parteivorsitzende professionell gemacht und dafür gesorgt, dass die Grünen nach außen hin als geschlossen wahrgenommen wurden. Das ist angesichts der Streitigkeiten innerhalb der Ampel-Regierung und der schwierigen Entscheidungen wie Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet oder längere Laufzeiten für Atomkraftwerke eine herausfordernde Aufgabe gewesen. Auch wegen dieser Rückendeckung konnten Robert Habeck und Annalena Baerbock die Interessen der Grünen in der Regierung so erfolgreich durchsetzen“, betont der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Ganz anders sieht es der WESER-KURIER aus Bremen: „Speziell an der Person Ricarda Lang hatte sich in der Vergangenheit viel Kritik entzündet. Es bleibt der Eindruck, dass die 30-Jährige den Anforderungen noch nicht gewachsen war. Aber auch ihr Mit-Sprecher, Omid Nouripour, reagierte zuletzt deutlich unsouverän, als es um die Zukunft der Ampelkoalition ging. Es ist durchaus verständlich, dass der grüne Parteichef keine Lust mehr auf den Dauerzoff hat. Aber das darf man als Parteisprecher nicht so deutlich nach außen tragen“, kritisiert der WESER-KURIER.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG listet die Probleme der Grünen auf: „Sie sind Teil der dauerstreitenden Ampel, ihr Kernthema, die Klimapolitik, ist nicht mehr en vogue und – was möglicherweise am schwersten wiegt – sie haben die Jungwähler verloren. In dieser Situation treten mit Nouripour und Lang, mitnichten die Politiker zurück, die allein Verantwortung für den grünen Abschwung tragen. Das sind nach wie vor Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck.“
Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf stellt fest: „Die Fliehkräfte in der Ampelkoalition werden damit immer größer. In der SPD findet ein Bewusstseinswandel in der Migrationspolitik statt, die FDP sucht ohnehin den Absprung. Bundeskanzler Olaf Scholz scheint nach dem heutigen Tag nur noch eine leere Hülle in der Hand zu halten.“
Der MÜNCHNER MERKUR hebt hervor: „Schneller als SPD und FDP haben die Grünen begriffen, dass das Urteil der Wähler im Osten ein unmissverständlicher demokratischer Imperativ war, der lautete: Abtreten, und zwar schnell. Das verdient Respekt.“
ZEIT ONLINE präsentiert diese Lesart des Rücktritts: „Die etablierten politischen Kräfte in Deutschland leiden nicht unter einer Vertrauenskrise aufgrund des Erfolgs der AfD, vielmehr ist die AfD gerade so erfolgreich, weil die etablierten Parteien langsam ihren letzten Rest an Glaubwürdigkeit verspielen. Der Rücktritt des Grünen-Vorstandes könnte – und das ist eine zugegebenermaßen optimistische Lesart dieses Ereignisses – eine Kehrtwende bedeuten: dass die Idee politischer Verantwortung in diesem Land wieder ernster genommen wird.“ Das war ein Kommentar von ZEIT ONLINE.
Die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen weitet den Blick über Deutschland hinaus: „Das eigentliche Problem freilich ist ein ganz anderes. Und es hat nicht nur mit der deutschen Politik zu tun, sondern mit der gesamten (westlichen) Welt. Siehe Amerika. Siehe Ungarn. Siehe Frankreich. Das Pendel, das lange in Richtung liberaler, offener und bunter Politik zeigte, schlägt nun heftig nach der anderen Seite aus. Ins Autoritäre, Nationalistische. In Deutschland ist das besonders abzulesen am Aufstieg der AfD. Dabei wurde noch vor drei Jahren, bei der letzten Bundestagswahl, moniert, dass die Grünen sozusagen die Vorherrschaft im Diskurs übernommen hätten. Dass die anderen Parteien viel (zu viel) vom Programm der Grünen übernommen hätten. Doch davon ist nichts mehr übrig.“ Das ist die Bilanz der RHEINPFALZ.
Themenwechsel: Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Schneider, hat seinen Jahresbericht vorgestellt. Dazu meint die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG: „Für die Feststellung, dass manche Dinge in den ostdeutschen Bundesländern auch gut dreieinhalb Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung immer noch anders laufen als im Westen, braucht es keine Einheitsberichte mehr. Mit den von ihnen produzierten Wahlergebnissen sorgen die Menschen im Osten schon selber dafür, dass ihnen die Aufmerksamkeit der Brüder und Schwestern im Westen gewiss ist. Sollten CDU und CSU die nächste Bundesregierung anführen, wird der SPD-Politiker Carsten Schneider wohl der letzte Beauftragte für die Belange der ostdeutschen Länder gewesen sein. Schade drum? Es gäbe Schlimmeres.“ Das war die Meinung der NEUEN OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die TAZ notiert zum Bericht des Ostbeauftragten Schneider: „Was soll er schon sagen, wenn seine Landsleute mit ihrem Zuspruch für die AfD ihrem Unmut Luft machen darüber, dass Ostdeutsche bei den Eliten unterrepräsentiert sind und dass sich die Einkommensverhältnisse in Ost und West nach wie vor unterscheiden. Etwa die Hälfte der Ostdeutschen fühlt sich als Bürger:in zweiter Klasse. Der Realitätscheck zeigt: Den meisten Menschen im Osten geht es heute materiell besser als in der DDR, selbst die Ärmeren müssen nachts nicht mehr aufs Außenklo, jede und jeder kann seine Meinung herausschreien. Haben die ostdeutschen Realitätsverweiger:innen vergessen, dass sie ihren Nachbarn und Arbeitskolleg:innen einst nicht selten misstrauten, weilüberall die Stasi-Spitzel saßen? Dass sie abends in der Kaufhalle keineMilch mehr bekamen und auf ihren fucking Trabant 10 Jahre warten mussten?“, fragt provokant die TAZ.
Für die VOLKSSTIMME aus Magdeburg ist der jährliche Einheitsbericht nur noch ein „Ritual“: „Zu den Konstanten des jährlichen Einheitsbarometers gehört, dass es bei der Lohnangleichung auf Sturm steht. Das wird zu Recht regelmäßig angeprangert. Klar ist aber, dass es Generationen dauern wird, bis die Löhne in Ost und West vergleichbar sein werden – wenn überhaupt. Dies ist ein wesentlicher monetärer Aspekt für die auseinanderklaffende finanzielle Schere in Deutschland. Noch schwerer wiegt die Tatsache, dass im Westen seit 1949 uneingeschränkt privates Kapital vermehrt werden konnte. Auf Konten oder bei Immobilien kamen Milliardenwerte zusammen. Ein enormer Vorsprung für Sparer und Investoren im Westen. Die Ostdeutschen, die durch 40 Jahre im Gleichheitssystem des Staatssozialismus nur einen Bruchteil des Wohlstandes erreichen konnten, gucken in die Röhre – noch für viele Jahre“, befürchtet die VOLKSSTIMME.
Und damit zum letzten Thema: Die EU lockert den Wolfsschutz, der Abschuss der Tiere wird erleichert. Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt an der Oder begrüßt dies: „Waren bisher genaue Nachweise erforderlich, um Ausnahmeregelungen zum Abschuss einzelner Problemwölfe in Anspruch zu nehmen – oder wie Markus Söder mal sagte: ‚Aktenzeichen XY mit Wölfen spielen‘ – könnte sich der Umgang mit dem Wolf nun vielleicht in Richtung eines Bestandsmanagements, vergleichbar mit dem Rotwild, ändern. Das ist keine Niederlage für den Naturschutz, wie die Umweltverbände jetzt lamentieren, sondern ein Erfolg. Der Wolf ist in Europa wieder so heimisch, dass ein normaler Umgang mit ihm möglich ist. Statt zu warten, bis er im Ruhrpott genauso präsent ist wie in Brandenburg oder Niedersachsen, bevor man handelt, wäre niemandem mehr zu vermitteln gewesen“, unterstreicht die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG merkt zu dem Thema an: „Es ist aber auch klar, dass Herdenschutz nur mittels Jagd nicht funktioniert. Dafür gibt es noch andere Methoden, Zäune etwa oder Hunde. Die wiederum sind teuer, und man kann die Kosten dafür nicht allein den Viehhaltern aufhalsen. Wenn eine Gesellschaft in Europa meint, in ihren dicht besiedelten, agrarisch genutzten Kulturlandschaften müssten große, wilde, hungrige Räuber leben, dann müssen auch die Folgekosten von der Gesellschaft getragen werden. Der Wolf ist es wert.“