02. Oktober 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Heute mit Stimmen zum Bundesverfassungsgericht, das Nachbesserungen am sogenannten BKA-Gesetz verlangt. Weiteres Thema in den Kommentaren ist der neue NATO-Generalsekretär Rutte. Zunächst blicken wir jedoch auf die Lage in Nahost und dabei speziell auf die Bodenoffensive der israelischen Armee im Libanon.

Zu sehen sind mehrere Kampfpanzer der israelischen Armee.
Israelische Panzer nahe der Grenze zum Libanon. Die Bodenoffensive der israelischen Armee gegen die Hisbollah-Miliz ist ein Thema in den Kommentaren. (Baz Ratner / AP / dpa / Baz Ratner)
Die jüngsten Entwicklungen mit Blick auf den Iran konnten von vielen Zeitungen noch nicht berücksichtigt werden. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG bemerkt: "Es wäre tatsächlich nur eine begrenzte Operation, wenn Israel sich nun auf die Bekämpfung von Hisbollah-Stellungen an der Grenze konzentrieren würde. Die Regierung in Jerusalem hat allerdings selbst schon ein weiter gehendes Ziel genannt: den Abzug der Terrormiliz hinter den Litani-Fluss weiter im Norden. Das militärisch zu erreichen wäre wegen des Terrains eine aufwendige Operation, die lange dauern könnte und zwangsläufig die Frage nach einer neuen israelischen Besatzung aufwerfen würde. Der Westen wollte Israel vom Vormarsch abhalten. Offenbar nur mit Zähneknirschen hat man am Ende in Washington zugestimmt und mit dem Durchstechen der bevorstehenden Operation sogar der Hisbollah einen kleinen taktischen Vorteil verschafft", vermutet die F.A.Z.
Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Wuppertal beobachtet, offenbar fühlte sich der dem Libanon Schutz gebende Iran "derart provoziert, dass er mit Raketenangriffen auf Israel begonnen hat. Das Ganze ist so weit weg von einer Lösung des Nahostkonflikts, die in einer Zweistaatenlösung zwischen Israel und Palästina liegt, wie es nur sein kann. Dabei hatte der Iran zuletzt unter seinem neuen Präsidenten Massud Peseschkian erste Anzeichen gesendet, die Beziehungen zum Westen verbessern zu wollen. Es braucht jetzt dringender als je zuvor mächtige Stimmen, die der Eskalation Einhalt gebieten", verlangt die WESTDEUTSCHE ZEITUNG.
Der Berliner TAGESSPIEGEL analysiert: "Das israelische Narrativ ist, dass es umzingelt ist von Feinden, die es zerstören wollen und daher allein auf militärische Kraft und Abschreckung setzen kann. Das ist tragisch. Denn es stimmt so nicht. Kein arabischer Staat will heute Israel zerstören. Seit Jahrzehnten halten die Friedensverträge mit Ägypten und Jordanien. Marokko, Bahrain, die Emirate und Sudan haben diplomatische Beziehungen aufgenommen. Ja, die Hamas in Gaza und die Hisbollah im Libanon sind eine Bedrohung für Israel. Doch es darf nicht vergessen werden, dass Hamas und Hisbollah ihren Terror mit der Palästinenserfrage rechtfertigen", vermerkt der TAGESSPIEGEL.
Mit Blick auf eine mögliche Lösung des Nahostkonflikts glaubt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG: "Ein Machtwort aus Teheran könnte Wunder wirken. Es wäre allerdings auch ein Wunder: Schließlich müsste die autoritäre Männertruppe an der Staatsspitze, die ihre eigene Bevölkerung wegen fehlender Kopftücher hinschlachten lässt, Abstand nehmen vom staatlich verkündeten Wunsch nach Vernichtung Israels. Dennoch: In Teheran gilt es anzusetzen. Sicher nicht mit einem großen Ruck, aber möglicherweise mit kleinen Schritten kann sich etwas erreichen lassen. Für den Konflikt gibt es dann noch einen zweiten Schlüssel. Und der liegt in Israel. Auch die israelische Regierung von Benjamin Netanjahu muss bereit sein, eine international abgesicherte Friedenslösung zu akzeptieren. Mit beständigen gegenseitigen Angriffen und Provokationen ist keiner Seite geholfen", mahnt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
ZEIT ONLINE empfiehlt: "Deutschland, das mit einer Marinemission das Einschmuggeln von Waffen für die Hisbollah unterbinden sollte und dabei eklatant versagt hat, sollte - statt von Eskalation und Flächenbrand zu schwafeln - die israelische Aktion begrüßen. Unser Interesse besteht darin, das Regime in Teheran militärisch derart zu schwächen, dass es die Unterstützung Russlands in der Ukraine unterlässt, einer Friedensregelung in Syrien und der Rückkehr der Flüchtlinge nicht mehr im Weg steht, die Verständigung Israels mit den Arabern nicht sabotiert, die Schifffahrt im Roten Meer nicht mehr bedroht und schließlich in glaubhafte Verhandlungen über sein Atomprogramm eintritt." So weit ZEIT ONLINE und so viel zu diesem Thema.
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz widmet sich dem früheren niederländischen Regierungschef Rutte, der sein Amt als NATO-Generalsekretär angetreten hat: "Die Zerstörung der Friedensordnung durch Putin zu verhindern, wird Ruttes zentrale Aufgabe sein. Wie er die NATO dazu bringt, den Russland-Krieg ohne direktes Eingreifen zu einem ukrainischen Erfolg zu machen, entscheidet auch darüber, ob China davon abgehalten werden kann, sich Taiwan nach dem Ukraine-Muster einzuverleiben. Es geht für Rutte um nicht weniger, als die NATO neu zu erfinden", schätzt die RHEIN-ZEITUNG.
Die TAGESZEITUNG vergleicht Rutte mit seinem Vorgänger Stoltenberg aus Norwegen. Der Niederländer sei "weniger distanziert und spröde, sondern inszeniert sich volksnah und locker. Eigenschaften, die dem Mann der simplen, populistischen Worte in den USA wohl gefallen dürften. Deutlich behutsamer muss der neue NATO-Chef Rutte jedoch innerhalb der europäischen Allianz agieren. Mit Ungarn, der Türkei, den baltischen Staaten. Sein diplomatisches Geschick muss er im Gegensatz zu seinem Vorgänger Stoltenberg an dieser Front erst unter Beweis stellen." Das war die TAZ.
Die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide wirft ein: "Die Causa Trump oder die beiden Sorgenkinder Ungarn und Türkei, zu deren Regierungschefs Rutte ohnehin ein angespanntes Verhältnis hat, können die Arbeitsatmosphäre innerhalb des Verteidigungsbündnisses belasten. Dabei muss sich die NATO nicht nur immer komplexeren Notwendigkeiten bei der Verteidigung mit dem klassischen Gegner Russland stellen, etwa beim Cyberkrieg, sondern auch China als mögliche weitere Bedrohung. Zwar ist das Reich der Mitte von Europa weit weg, aber eben nicht von den USA", gibt die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG zu bedenken.
Das Gesetz über die Befugnisse des Bundeskriminalamts zur Datenspeicherung muss nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Teilen geändert werden. Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG erläutert: "Die erneute Verhandlung in Karlsruhe zeigt: Der verständliche Wunsch des Staates, seine Bürger vor Terrorakten zu schützen, führt im Übereifer zu nicht hinnehmbaren Grundrechtseinschränkungen. Den Bürgern mag das zunächst egal sein: 'Ich habe nichts zu verbergen', hört man in solchen Diskussionen oft. Wer genauer hinsieht, kann keinesfalls wollen, aufgrund schwammiger Bestimmungen für alle Ewigkeit in einer Polizeidatenbank zu landen – und schließlich nur deshalb wegen irgendetwas in Verdacht zu geraten. Das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden ist mit gutem Grund hoch. Dennoch sollte niemand leichtfertig mit seinen Daten umgehen", betont die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU stellt fest: "Schon einmal, 2020, hatte das Bundesverfassungsgericht Einwände gegen das BKA-Gesetz geltend gemacht. Dann wurde es novelliert und hielt nun erneut nicht der Prüfung stand. Ähnlich urteilte Karlsruhe vielfach bei Polizei- und Verfassungsschutzgesetzen von Ländern. Beim Sicherheitspaket, das in aller Eile von der Bundesregierung geschnürt wurde, könnte es ähnlich ausgehen. Die Vielzahl der Fälle zeigt, wie sehr die Politik Grenzen missachtet, wenn es darum geht, den Menschen Sicherheit zu versprechen", kritisiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Ähnlich äußert sich die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG: "Zwar ist es zu begrüßen, dass Regierungen aus Fehlern lernen und Sicherheitslücken schließen. Allerdings: Die Beharrlichkeit, ja Sturheit, mit der sich die Gesetzgeber wieder und wieder Rüffel aus Karlsruhe abholen, ist irritierend. Dieses Mal mag der Verstoß nicht so frevelhaft gewesen sein, der Umgang mit polizeilichen Datenpools war noch nicht bis ins Letzte geklärt. Auffällig ist aber schon, dass der Bund wie auch die Länder bei wirklich jedem Sicherheitsgesetz die Grundrechte strapazieren. Digitale Datenpools ermöglichen hochsensible Persönlichkeitsprofile auf Knopfdruck. Gut nur, dass das Verfassungsgericht nicht minder beharrlich ist – bei der Korrektur solcher Gesetze", urteilt die SÜDDEUTSCHE zum Ende der Presseschau.