11. Oktober 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Heute mit Stimmen zum Hurrikan "Milton" in den USA und zur südkoreanischen Autorin Han Kang, die in diesem Jahr den Literaturnobelpreis erhält. Im Mittelpunkt steht jedoch der gemeinsame Vorschlag von Ampel-Fraktionen und Union zum besseren Schutz der Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts.

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgericht steht im Sitzungssaal und setzt rote Hüte auf.
Das geplante Gesetz zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Thema in den Zeitungskommentaren (Archivbild). (picture alliance / dpa / Uli Deck)
Die PFORZHEIMER ZEITUNG erläutert: "Um die Demokratie auszuhöhlen und sie zu beseitigen sowie staatliche Institutionen nach ihren Vorstellungen umzubauen, um sich dauerhaft die Macht zu sichern, bedienen sich die Feinde der Demokratie perfiderweise demokratischen Mechanismen. Haben sie irgendwann die nötige Mehrheit zusammen, machen sie sich an ihr zerstörerisches Werk. Dann hebeln sie die Gewaltenteilung aus, legen der Justiz Fesseln an, knebeln unabhängige Medien, beschneiden die Rechte der Opposition und besetzen die Schaltstellen des Staatsapparats mit ihren Getreuen. Auf Bundesebene ist das Bundesverfassungsgericht das letzte Bollwerk gegen solche Umtriebe. Es ist zu begrüßen, dass sich im Bundestag eine große Koalition zusammengefunden hat, um dieses Bollwerk zu stärken und seine Unabhängigkeit sicherzustellen", vermerkt die PFORZHEIMER ZEITUNG.
Ursache für die geplante Grundgesetzänderung sei das Erstarken der AfD, hebt die SÄCHSISCHE ZEITUNG aus Dresden hervor: "Die Partei geht mit dem Verfassungsgericht genauso um, wie auch mit dem Verfassungsschutz und anderen staatlichen Institutionen. Sie spricht ihm die Legitimität ab, um sich selbst als Opfer eines übergriffigen Staates zu präsentieren, der ohne funktionierende Gewaltenteilung aus rein politischen Motiven gegen die Oppositionspartei AfD vorgehe. Man darf sich keinerlei Illusionen machen: Sollte diese Partei einmal die Gelegenheit bekommen, grundlegende Institutionen unseres demokratischen Verfassungsstaates zu schwächen und in ihrem Sinne umzuformen, wird sie es ohne Zögern tun", vermutet die SÄCHSISCHE ZEITUNG.
Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg findet, es sei eigentlich ganz einfach: "Wenn die AfD so gefährlich ist, dass mit ihr keine fähigen Verfassungsrichter mehr ernannt werden können, dann sollte der Bundestag nicht das Verfassungsgericht mit einer durchsichtigen 'Lex AfD' schützen, sondern einen Antrag stellen, damit genau dieses Verfassungsgericht über ein Verbot dieser Partei entscheidet. Die Überlegungen in diese Richtung sind mittlerweile allerdings so alt, dass die Argumente vielleicht nicht mehr ziehen. Schon vor Jahren haben die Gaulands, Höckes, von Storchs und wie sie alle heißen, dieser Demokratie und dem Rechtsstaat den Krieg erklärt", gibt die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG zu bedenken.
Die TAGESZEITUNG ist sich sicher: "Eine Demokratie lässt sich nicht allein durch kluges Verfassungsdesign retten. Ein besser verankertes Verfassungsgericht könnte bei kippenden Mehrheitsverhältnissen eine autoritäre Übernahme nicht allein verhindern – nur sie erschweren und zeitweise aufhalten. Und deswegen braucht es neben der dringend notwendigen strukturellen Stärkung rechtsstaatlicher Institutionen und Verfassungsorgane vor allem auch eine wache und konfliktfähige Zivilgesellschaft, die die Demokratie mit Leben füllt. Ebenso braucht es eine verantwortungsvolle Politik, die diese ausreichend fördert", empfiehlt die TAZ.
Themenwechsel. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU widmet sich Hurrikan "Milton", der im US-Bundesstaat Florida gewütet hat: "Die weiträumigen Evakuierungen haben sich offenbar ausgezahlt. Immerhin eine Million Menschen war aufgefordert worden, in sichere Gegenden zu fahren, und viele haben sich danach gerichtet. Die Vorbeugung gegen solche Extremereignisse wird immer wichtiger, nicht nur in den USA. Die Klimaforschung hat längst unzweifelhaft nachgewiesen, dass Wetterkapriolen intensiver geworden sind und es weiter werden. Selbst ein radikales CO2-Sparen, wie es nötig wäre, um das 1,5-Grad-Erwärmungslimit langfristig zu halten, wird daran nichts ändern. Zu lange ist die Atmosphäre schon mit Treibhausgasen aufgeladen worden. Das heißt natürlich nicht, dass ambitionierter Klimaschutz unwichtig wäre", argumentiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Der Berliner TAGESSPIEGEL stellt fest: "Die Fragen sind immer die Gleichen: Wie konnte es dazu kommen? Ist das schon der Klimawandel oder noch normal? Aber viel zu Wenige fragen sich in solchen Momenten: Was könnten wir tun, um so etwas künftig zu verhindern? Stattdessen wird beschwichtigt: Das habe in diesem Ausmaß niemand vorhersehen können. Der Beitrag des Klimawandels sei nicht erwiesen. Jetzt gehe es darum, den Menschen zu helfen, danach könne man über Ursachen diskutieren. Erst bei der nächsten Katastrophe, vielleicht einer Überschwemmung, vielleicht einer Hitzewelle, einer Kältewelle, Dürre oder beim nächsten Sturm, kehren die Erinnerung, die alten Sorgen, die alten Fragen zurück." Das war der TAGESSPIEGEL.
Die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG aus Essen beobachtet: "Immer wieder müssen sich Klimaforscher in den USA Angriffen von Skeptikern und Verschwörungstheoretikern erwehren. Angetrieben von Ex-Präsident Donald Trump, der den menschengemachten Klimawandel leugnet. Für die Wissenschaft wäre 'Hurrikan Donald' die nächste Katastrophe. Dass wir immer noch über Dinge debattieren, die auf der Hand liegen, ist nicht akzeptabel. Dass seit vielen Jahrzehnten Erkenntnisse über den Klimawandel nicht in Taten münden, macht viele Menschen, insbesondere die der jüngeren Generationen, wütend. Zu Recht", kritisiert die WAZ.
Die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen erwartet: "Das Thema 'Hurrikan' wird im amerikanischen Wahlkampf wohl noch eine Rolle spielen. Aber anders, als man jetzt denken würde. Denn es geht nicht etwa um Klimaschutz, sondern darum, dass der republikanische Präsidentschaftsbewerber Donald Trump behauptet, die Regierung des amtierenden Präsidenten Joe Biden von den Demokraten lasse die von den Stürmen getroffenen US-Staaten mit republikanischen Gouverneuren hängen. Seine Anhänger werden ihrem Messias diese 'Fake News' gerne glauben", vermutet die RHEINPFALZ.
Nun noch Stimmen zum Literaturnobelpreis. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG führt aus: "Mit der vor sechs Jahren erfolgten Umbesetzung ihrer Literaturnobelpreisjury verknüpfte die Schwedische Akademie nicht nur die Hoffnung, die damaligen Indiskretions- und Missbrauchsskandale vergessen zu machen, sie erhoffte sich durch die resultierende Verjüngung auch einen weltoffeneren Blick. Dabei reicht es, einfach ein wenig über den eigenen Kulturraum hinauszulesen, um fündig zu werden. Etwa bei den Büchern von Han Kang. Die Südkoreanerin, die in diesem Jahr mit dem Literaturnobelpreis bedacht wird, gehört zu den weltweit bereits meistbeachteten asiatischen Autoren. Dabei spielt eine nicht geringe Rolle, dass die 1970 geborene Schriftstellerin ihre literarische Karriere als Lyrikerin begann – die Besonderheiten von Sprachen werden in Poesie deutlicher als in Prosa", lesen wir in der FAZ.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG analysiert den Stil der Preisträgerin: "Han Kang beschreibt nicht einfach Schicksale, sie verkündet erst recht keine Botschaften. Diese Autorin ziseliert die Schicksale ihrer Figuren, die Wendungen in ihren Biografien in einer überaus feinen Sprache, die selbst in der Erinnerung an ihre Lektüre so wirkt wie der Titel einer ihrer Romane: weiß, ja, schneeweiß. Sprache ist bei Han Kang kein Medium der Mitteilung, sondern ein Sensorium feinster Wahrnehmung. Han Kangs Werk fordert dazu auf, selbst sensibel zu sein und empathisch in einer Welt, die gerade das heute immer weniger ist", hält die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG fest.
ZEIT ONLINE urteilt: "Das Nobelpreiskomittee hat eine großartige Wahl getroffen, indem es ein Werk auszeichnet, das in kleinen, privaten, leisen Alltagsgeschichten ebenso wie in großen Erzählungen von Kriegen und Aufständen an den Grundfesten unserer auf Gewalt gebauten Welt rüttelt. Ein Werk, das angesichts der Übermacht der Gegner aus der Welt der Wirklichkeit auf jeder Seite beinahe zu verzagen und den Tod zu suchen scheint. Sich aber immer wieder für das Leben und den Widerstand entscheidet", bemerkt ZEIT ONLINE zum Ende der Presseschau. Die Redaktion hatte Jan AltmannSprecher/in war: