"Längst führt Präsident Putin auf hybride Weise Krieg gegen Deutschland", meint die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Deutschland als wichtiger Unterstützer der Ukraine wird als Gegner wahrgenommen – und auch so behandelt. Das erfordert eine Reaktion. Unabhängig von jeder Zeitenwende-Rhetorik. Hier geht es um den Schutz des eigenen Landes. Wer Deutschland attackiert, noch dazu weil es schlicht einem überfallenen Staat hilft, der muss eine Antwort erhalten. Doch dafür fehlen bisher Wille und Instrumente. Für Deutschland heißt das: Lippenbekenntnisse, dass Streitkräfte wie Nachrichtendienste wichtig seien, reichen nicht. So sind die Befugnisse der Dienste trotz multipler Bedrohungen eher beschränkt worden", gibt die F.A.Z. zu bedenken.
Nach Ansicht der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG machen Putin und seine Spione in Deutschland das, was man sie machen lässt: "Wer Sicherheit will, muss die Zeitenwende nicht nur für die Bundeswehr durchziehen, sondern auch für die Geheimdienste. Wenn Russlands Spione – und die chinesischen und iranischen stehen ihnen in nichts nach – robust vorgehen, müssen die deutschen auch robust dagegenhalten. In den Grenzen, die der Rechtsstaat zu Recht zieht, versteht sich. Die Chefs der drei deutschen Geheimdienste haben im Bundestag beklagt, dass ihnen selbst für die bloße Informationsbeschaffung die Hände eng gebunden seien. Dass in Deutschland nicht mal IP-Adressen wenigstens für ein paar Tage gespeichert werden, wie es europäisches Recht erlaubt: Das ist angesichts der Bedrohungen durch Spione, Islamisten oder Rechtsextreme kaum zu vermitteln", findet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz bezeichnet den Kreml als einen Gegner, der zum Äußersten bereit sei und verlangt: "Die politisch Verantwortlichen müssen diese neue Realität verinnerlichen und auf allen Ebenen die Schutzstandards erhöhen. Denn es gibt noch zu viele Lücken im Schutzschirm gegen russische Attacken. Diese gilt es so schnell wie möglich zu schließen, wobei ideologische und bürokratische Hürden bislang zu oft im Weg standen. Doch auch in der Gesellschaft und in Unternehmen muss das Bewusstsein schnell reifen, dass das Russland von Wladimir Putin nichts Gutes für Deutschland bedeutet. Die Gefahr russischer Angriffe ist real, wächst und sie bedroht die Menschen in Deutschland mittlerweile unmittelbar", hebt die RHEIN-ZEITUNG hervor.
Die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz geht auf den mutmaßlich von Russland initiierten Brand eines Luftfrachtpakets ein: "Was wäre passiert, wenn das Flugzeug abgestürzt wäre – mit Opfern an Bord und am Boden? Hätte eine juristische Aufarbeitung genügen sollen? Wann tritt bei einer hybriden Bedrohung wie durch die perfiden Methoden des Kremls der Verteidigungsfall ein – oder gar der NATO-Bündnisfall? Wo verläuft die Grenze zwischen geheimdienstlichen und militärischen Mitteln? Das Dilemma ist doch: Das Land wird irgendwann offen auf eine Bedrohung reagieren müssen, die verdeckt daherkommt. Ganz gleich, wie die Reaktion ausfällt: Zu vermitteln ist das nur, wenn die Bevölkerung vorbereitet ist", unterstreicht die ALLGEMEINE ZEITUNG.
"Putins Schattenkrieg" titelt die MEDIENGRUPPE BAYERN und schreibt: "Man muss nur eins und eins zusammenzählen, um zu erkennen, dass der Angriff auf die Ukraine eine Stellvertreterfunktion erfüllt. In Wirklichkeit führt Putin Krieg gegen den von ihm verachteten Westen. Hier sind die Mittel seiner Wahl das, was man unter hybridem Krieg versteht: Spionage, Sabotageakte, Cyber-Attacken. Das Ziel des Schattenkrieges ist es, Chaos zu stiften und Angst zu verbreiten. Wie sehr Putins Saat aufgeht, zeigt ein Blick auf die Leserbriefspalten in den Zeitungen. Mehr und mehr bricht sich der Wunsch Bahn, die Waffenlieferungen an die Ukraine zurückzufahren und Verhandlungen mit Moskau zu führen. Im Osten Deutschlands, wo die Russland-freundlichen Parteien AfD und BSW besonders erfolgreich sind, schwenken sogar Spitzenkräfte der Union und SPD auf den Kuschelkurs ein. Das Lager der willfährigen Kreml-Helfer wächst", hält die MEDIENGRUPPE BAYERN fest.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER kommentiert den Westbalkan-Gipfel, an dem die sechs EU-Beitrittskandidaten teilgenommen haben:: "Immer wieder sind die Westbalkan-Länder vertröstet worden, weil ihr Lebensstandard zu niedrig, der Zustand ihrer Demokratien zweifelhaft und die nationalen Konflikte untereinander viel zu brisant sind. Und ganz nebenbei: die EU ist auch nicht so weit. So lange dort das Einstimmigkeitsprinzip herrscht, wird man nicht von der EU 27 auf eine EU 33 gehen können. Und doch tun Deutschland und Europa gut daran, an der Beitrittsperspektive für die sechs Balkanstaaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien festzuhalten. Denn die Alternative wäre, dass diese Länder den Lockrufen Russlands folgen könnten. Das wäre ein Desaster für die EU", mahnt der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Die Zeitung ND.DER TAG sieht den sogenannten Berlin-Prozess in einer Sackgasse und warnt ebenfalls: "Die Länder des Balkans haben mittlerweile Alternativen zur EU. Vor allem Serbien nutzt dies aus. Da ist zum einen China, das in der Region investiert. Auch die Türkei und arabische Länder weiten Handel und Einfluss aus. Dann gibt es noch die USA, die nicht nur militärisch präsent sind. Falls der ehemalige Präsident Trump zurück ins Amt käme, würde der Kampf um den Balkan in eine neue Runde gehen."
Und die LAUSITZER RUNDSCHAU resümiert: "Der Erweiterungsrausch früherer Jahre auf Seiten der EU ist erloschen. Inzwischen scheint es nur noch darum zu gehen, den Beitrittskandidaten die Möhre weiterhin vor die Nase zu halten, damit sie nicht vollends dem russischen oder chinesischen Einfluss erliegen. Denn die EU mit ihren 27 Mitgliedern bräuchte selbst eine Reform, bevor sie sich neue Partner ins Boot holt. Vorerst kann es also nur darum gehen, statt einer Vollmitgliedschaft potenzielle EU-Interessenten Schritt für Schritt in die EU einzubeziehen, etwa durch wirtschaftliche Anreize." So weit die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus.
Mit den israelischen Angriffen auf die UNO-Friedenstruppen im Libanon befasst sich die Magdeburger VOLKSSTIMME: "Der erste Beschuss der Unifil im Südlibanon hätte noch als Versehen gelten können – als fehlgeleitetes 'friendly fire'. Doch nachdem weitere UNO-Soldaten durch israelische Angriffe verletzt worden sind, israelische Panzer ins Unifil-Quartier eindrangen und Premier Netanjahu ultimativ den Blauhelm-Abzug forderte, ist klar: 'Friendly' war nichts – im Vernichtungsfeldzug gegen die islamistische Hisbollah nimmt Israel auf nichts und niemanden Rücksicht. Weder auf die Zivilbevölkerung des Libanon noch auf die Vereinten Nationen noch aufs Völkerrecht. Es hilft nichts, dass in Deutschland zunehmend lauter darüber diskutiert wird, den Begriff 'Staatsräson' im Verhältnis zu Israel zu streichen. Nur US-Präsident Biden hätte es in der Hand, den außer Kontrolle geratenen Netanjahu wieder 'einzufangen' – durch einen sofortigen Waffenboykott", überlegt die VOLKSSTIMME.
"Die Regierung von Netanjahu tut sich mit den Attacken auf die UNO-Friedensmission keinen Gefallen", bemerkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Zum einen kann sie diese Konfrontation nicht gewinnen. Unifil wird auch nicht einfach abziehen. Dafür benötigt sie einen Beschluss des Sicherheitsrates, der diesen derzeit sicher nicht fassen wird. Zum anderen handelt Israel mit den Attacken auf Unifil gegen die eigenen Interessen. Die UNO-Einheiten sollen dafür sorgen, die Hisbollah von der israelischen Grenze fernzuhalten. Dass ihnen dies nicht gelungen ist, kann man zu Recht kritisieren. Ist aber nicht die Schuld der Uniformierten, sondern der internationalen Gemeinschaft. Daran ändern aber die israelischen Angriffe nichts", notiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU, mit der die Presseschau endet.