22. Oktober 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Kommentiert werden das Referendum in Moldau über eine weitere Annäherung an die EU sowie die Ablehnung des sogenannten "Sicherheitspakets" im Bundesrat.

Die drei stehen lächelnd nebeneinander und halten jeweils die Druckschrift vor sich. Dahinter ein Bildschirm mit der Aufschrift "Mut zur Verantwortung. Thüringen nach vorne bringen".
18.10.2024, Thüringen, Erfurt: Andreas Bühl (l-r, CDU), Katharina Schenk (SPD) und Tilo Kummer (BSW) präsentieren eine Druckschrift mit den Ergebnissen der Sondierungsgespräche zwischen CDU, BSW und SPD in der Erfurter Zentralheize. (Martin Schutt / dpa)
Zunächst geht es aber um die Gespräche über eine mögliche Regierungsbildung in Thüringen und Sachsen. Das BSW hatte als Bedingung für eine Regierungsbeteiligung ein Bekenntnis zur Friedenspolitik verlangt, das in einem Koalitionsvertrag verankert werden soll. "Es ist Zeit für ein Machtwort", schreibt die AUGSBURGER ALLGEMEINE. "Die richtige Antwort auf Wagenknechts Erpressungsversuch ist es, die Koalitionsgespräche mit dem BSW in Thüringen zu beenden – oder, falls die BSW-Landesebene stark genug ist, Wagenknechts Einwürfe einfach zu ignorieren. Bevor man mit einer Partei gemeinsame Sache macht, in der viele den verlängerten Arm Putins in Deutschland sehen, sollte man die Möglichkeit einer Minderheitsregierung ernsthaft austesten", findet die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Das HANDELSBLATT glaubt, dass Wagenknecht gar keine Regierungsbeteiligung ihrer Partei in den beiden Bundesländern wolle: "Sie richtet ihren Fokus stattdessen auf die nächste Bundestagswahl. Mit einem guten Ergebnis kann sie dann im Bundestag vier Jahre lang eine Ego-Nummer abziehen. Das gelingt aber nur, wenn sie gegen die wahrscheinlich CDU-geführte Bundesregierung wettern kann. Und das kann sie nur, wenn sie in keine Bündnisse mit den Christdemokraten auf Länderebene verstrickt ist", mutmaßt das HANDELSBLATT.
"Die CDU in Berlin hat aktuell gar nicht nötig, sich von der BSW-Chefin erpressen zu lassen", heißt es in der TAGESZEITUNGTAZ – aus Berlin. "Das weiß Wagenknecht – und hat einen weitaus perfideren Plan: die CDU von innen heraus zu zerstören. Im Osten sieht man das mit den Waffenlieferungen an die Ukraine und der Liebe zum alten Bruderstaat Russland bekanntlich anders – und das nutzt Wagenknecht weidlich aus. Offensichtlich will sie die Ost-CDU gegen die Bundes-CDU aufbringen und einen Keil zwischen Berlin und die Länder treiben. Wenn aber die Union, mit der gegen die AfD koaliert werden muss, innerlich zerstritten ist, steht die gesamte Demokratie zur Disposition", befürchtet die TAZ.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER moniert: "Derartige Standpunkte kann Wagenknecht in flammenden Reden im Bundestag gerne vertreten, aber Landespolitik sollte sich um Bildung, Infrastruktur und Wirtschaftsförderung kümmern. Wenn Wagenknecht es ernst meint, eine Politik machen zu wollen, die die Sorgen der Menschen ernst nimmt, sollte sie die Landespolitiker sich um konkrete Probleme kümmern lassen. Wenn sich die BSW-Chefin aber bundes- und weltpolitisch profilieren will, sollte sie ein anderes Forum nutzen als Sondierungen auf Landesebene."
"Wenn CDU-Chef Merz nicht aufpasst, droht ihm im nächsten Jahr um diese Zeit ein Scherbenhaufen", prognostiziert die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG. "Ein Scherbenhaufen, für den Wagenknecht die Grundlage geschaffen hätte. Denn die Regierungsbildung im Osten hat das Potenzial, die CDU zu spalten – und damit auch die politische Karriere von Kanzlerkandidat Merz zu beenden. Die CDU-Führung muss dem BSW jetzt die roten Linien aufzeigen und die BSW-Landesparteien zur Abgrenzung von Wagenknecht drängen, um dieses Szenario zu verhindern", ist in der LEIPZIGER VOLKSZEITUNG zu lesen.
"Unter dem Strich ist es für die CDU eine Wahl zwischen Pest und Cholera", meint der KÖLNER STADT-ANZEIGER. "Bricht sie die Gespräche mit der Wagenknecht-Partei ab, muss sie in Kauf nehmen, einem AfD-Ministerpräsidenten in Thüringen den Weg zu ebnen. Geht sie dagegen den Weg der Regierungsbildung weiter, muss sie damit rechnen, dass Wagenknecht keine Ruhe geben wird. Letzteres wäre für die CDU allerdings eher auszuhalten – vorausgesetzt, Wagenknecht würde von den eigenen Leuten eingehegt." Soweit der KÖLNER STADT-ANZEIGER. Und so viel zu diesem Thema.
In Moldau hat eine knappe Mehrheit dafür gestimmt, dass ein EU-Beitritt in der Verfassung festgeschrieben wird. Die NÜRNBERGER ZEITUNG notiert: "In Chisinau mögen die Hauptstraßen dank des Goldesels aus Brüssel frisch geteert, Gebäude neu gestrichen und Blumenbeete bepflanzt sein. Aber zum einen herrscht abseits der Hauptstadt mit ihrem vielgepriesenen proeuropäischen Flair bittere Armut. Zum anderen können Finanzspritzen Menschen nicht nachhaltig von einer Idee überzeugen."
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg analysiert: "Es ist überhaupt nicht klar, wie es mit dem zwischen Rumänien und der Ukraine eingeklemmten EU-Beitrittskandidaten weitergeht. Trotz aller versuchten Manipulationen des Kremls ist der Erfolg der prorussischen Politiker nicht allein darauf zurückzuführen. Die Moldauer haben nicht vergessen, dass das Gas vor dem Ukraine-Krieg billiger war als jetzt. Es kam aus Russland, bis Moldaus Führung dafür ein Embargo verhängte. Da vermischt sich Sowjet-Nostalgie mit der Skepsis dem Westen gegenüber, wo viele Moldauer oft für wenig Geld schuften. Die russische Führung kann sich die Hände reiben. Moldau bleibt eine sichere Einflusssphäre – auch ohne dass Panzer rollen und Raketen fliegen", unterstreicht die VOLKSSTIMME.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf blickt auf einen weiteren EU-Beitrittskandidaten: "In Georgien steht schon am nächsten Wochenende unter ähnlichen Beeinflussungsanstrengungen eine weitere schicksalhafte Entscheidung an: Schafft es dort die proeuropäische Opposition, die prorussischen Parteien zu überflügeln, die in den letzten Monaten alles taten, das Land von der EU wieder zu entfernen. Doch das Ausrufezeichen von Chisinau reicht weit darüber hinaus: Längst sind Geldflüsse und Manipulationsoffensiven auch im Westen sichtbar. Ziel ist es nicht nur, die Unterstützungsfront für die Ukraine aufzubrechen, sondern auch die europäischen Demokratien selbst zu destabilisieren. Als Bürger eines europäischen Schlüsselstaates müssen sich die Deutschen vor den nächsten Bundestagswahlen auf einiges gefasst machen", konstatiert die RHEINISCHE POST.
Im Streit um das sogenannte "Sicherheitspaket" sucht die Bundesregierung das Gespräch mit den Ländern. Das Paket der Ampel-Koalition war von unionsgeführten Ländern im Bundesrat abgelehnt worden. "Schnellschüsse sind selten eine gute Idee, auch wenn es um dringende Fragen der Sicherheit geht", kritisiert die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen: "Da wurde hastig ein Sammelsurium von mehr oder weniger tauglichen Maßnahmen zusammengeschnürt, das irgendwie den Eindruck von Tatkraft und Handlungsfähigkeit vermitteln sollte. Der Teil wiederum, der konkret mit Gefahrenabwehr und Ermittlungsbefugnissen zu tun hat, ist im Bundesrat durchgefallen. Denn insbesondere bei den unionsgeführten Ländern wurden Begehrlichkeiten geweckt. Sie wittern nun die Chance, weitergehende Maßnahmen durchzusetzen und die Koalition unter Druck zu setzen. Auf noch stärkere staatliche Eingriffsmöglichkeiten werden sich SPD, FDP und Grünen aber kaum einigen können. In diese Zwickmühle haben sie sich selbst gebracht", kommentiert die RHEINPFALZ.
"Ärgerlich an der Ablehnung ist für Bundeskanzler Scholz, dass er und Innenministerin Faeser sich gegenüber FDP und Grünen nicht durchsetzen konnten", vermutet die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. "Die beiden Parteien sind in der Sache unbelehrbar, auch wenn sie gnadenlos vorgeführt werden. Es gäbe eine Mehrheit für ein effizienteres Verfahren als die von der FDP favorisierte Quick-freeze-Methode, auf die sich die Koalition jüngst geeinigt hat. Immerhin sprechen selbst Grüne und SPD-Politiker das Wort Vorratsdatenspeicherung aus, ohne sich – wie noch vor wenigen Jahren – anschließend den Mund auszuspülen. Den Worten folgen aber keine Taten. Dasselbe gilt für die Auswertung biometrischer Daten: Wenn Bedenkenträger in der Ampel nicht wären, gäbe es längst eine Fortschrittskoalition im Bundestag." Mit diesem Kommentar aus der F.A.Z. endet diese Presseschau.