06. November 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Die Zeitungen konnten die jüngsten Entwicklungen bei den US-Präsidentschaftswahlen nicht berücksichtigen. Kommentiert wird unter anderem der andauernde Streit in der Bundesregierung über die Wirtschaftspolitik. Weiteres Thema ist die Festnahme von acht mutmaßlichen Rechtsterroristen.

Polizisten stehen während einer Razzia gegen mutmaßliche Rechtsextreme in einem Hauseingang im Dresdner Stadtteil Cotta.
Die Zeitungskommentare beschäftigen sich unter anderem mit einer Razzia gegen mutmaßliche Rechtsextreme in Sachsen. (Sebastian Kahnert / dpa / Sebastian Kahnert)
Dazu bemerkt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Dieses Mal keine alternden 'Reichsbürger', sondern junge Neonazis. Das macht die Sache nicht besser. Die festgenommenen Mitglieder einer mutmaßlichen Terrorgruppe 'Sächsische Separatisten', die offenbar Verbindungen zur AfD hat, sollen sich auf paramilitärische Weise auf einen Umsturz vorbereitet und, getragen von einer rassistischen Ideologie, ethnische Säuberungen ins Auge gefasst haben. Nun sind apokalyptische Vorstellungen, wie sie der Gruppe vorgeworfen werden, nicht strafbar. Auch die freiheitliche Ordnung muss man nicht mögen. Diese Ordnung muss allerdings auch nicht ihrer möglichen Abschaffung tatenlos zusehen. Zwar wollte die sächsische Gruppe offenbar, anders als die schon vor Gericht stehenden 'Reichsbürger', einen Umsturz nicht selbst herbeiführen und hatte nicht deren komplexe Pläne. Sie bereitete sich aber offenbar mit Waffen intensiver darauf vor. Die Verhinderung gewaltsamer Umtriebe ist nicht nur ein historischer Auftrag, sondern praktizierter Menschenrechtsschutz", meint die F.A.Z.
"Die Vorwürfe des Generalbundesanwaltes klingen erschreckend", schreibt die VOLKSSTIMME aus Magdeburg: "Da bereitet sich mitten in Sachsen eine mutmaßlich militante Neonazi-Terrorgruppe - bestehend aus 15 bis 20 Mitgliedern - auf die gewaltsame Machtübernahme am 'Tag X' vor. Sie plante demnach, auch in anderen ostdeutschen Ländern, Gebiete mit Waffengewalt zu erobern und per ethnischer Säuberung unerwünschte Menschengruppen aus der Gegend zu entfernen. Das paramilitärische Training im Häuserkampf erfolgte in Kampfausrüstung und mit Gasmasken. Das alles unterstreicht einmal mehr, wie hoch die Gefahr durch Extremisten für dieses Land ist", unterstreicht die VOLKSSTIMME.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG verweist auf die Verhaftung eines Mannes in Sachsen. Er sei "der Schatzmeister der AfD-Jugend in seinem Bundesland. Kein kleines Licht. Die jüngsten Wahlkämpfe waren insbesondere in Sachsen davon geprägt, dass AfD-Gegner überfallen und verprügelt wurden. In dieser Partei setzen viele, nicht nur Randfiguren, auf Gewalt. Zur Erinnerung: Etliche AfD-Leute auch im Bundestag haben dicke Strafregister. In Haft sitzt eine AfD-Politikerin, die als Bundestagsabgeordnete – mutmaßlich – sogar geplant haben soll, rechtsextreme Umstürzler mit Waffen in das Parlament hineinzuschleusen, ein in der Geschichte der Republik einmaliger Vorgang. Die mutmaßliche 'Separatisten'-Truppe in Sachsen ist nun zwar wesentlich kleiner. Die Planungen waren wohl auch weniger konkret. Aber die Bereitschaft zu Gewalt als politischem Mittel ist nicht weniger skandalös", vermerkt die SÜDDEUTSCHE.
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG beobachtet: "Wer sich nach der Festnahme innerhalb der Partei umhört, der spürt den üblichen Reflex: 'Das hat doch nichts mit der AfD zu tun', lässt sich ein Parteisprecher zitieren. Die Strategie dahinter ist klar: Der Landesverband Sachsen hat sich in der Vergangenheit erfolgreich in Selbstverharmlosung geübt."
Im STRAUBINGER TAGBLATT lesen wir: "Die Ermittlungen werden zeigen, ob es noch weitere Verbindungen in die Partei gibt, die bei der jüngsten Landtagswahl in Sachsen mit knappem Rückstand hinter der CDU zweitstärkste Kraft geworden ist. Wenn ihre Leute in rechtsextreme Umtriebe verstrickt sind, ist bei der AfD stets von Einzelfällen die Rede. Doch die Liste dieser Einzelfälle wird immer länger, und sie wird auf den Tisch kommen, wenn es eines Tages in Karlsruhe um ein AfD-Verbot gehen sollte." So weit das STRAUBINGER TAGBLATT und so viel zu diesem Thema.
Mit Blick auf den andauernden Streit in der Bundesregierung über die Wirtschaftspolitik fragt das HANDELSBLATT: "Wann reagiert der Kanzler endlich? Er verhält sich wie bei seiner Cum-Ex-Affäre und im Fall Wirecard. Scholz steckt den Kopf in den Sand und hofft, dass alles an ihm vorbeigeht. Aber politisches Krisenmanagement in eigener Sache ist etwas anderes, als den Standort Deutschland zu retten. Es reicht nicht zu sagen: Ich bin der Kanzler und fordere Pragmatismus. Scholz denkt einfach noch in alten Mustern. Er lädt viele Gewerkschafter ein und ein paar Manager. Das hält er für pragmatisch. Aber ein Konzept hat er nicht. Wenn sich noch etwas zum Positiven ändern soll, muss Scholz heute im Koalitionsausschuss ein Zehn-Punkte-Papier vorlegen, das tatsächlich eine Wende einleitet", verlangt das HANDELSBLATT.
Der Berliner TAGESSPIEGEL mahnt: "Die Zeit drängt. Schluss mit der Zermürbung, her mit dem Fünf-Punkte-Plan, wenn es denn fünf sein sollten. Ein solcher Plan müsste eigentlich FDP und Grünen längst vorliegen, auf dass die endgültig zur Entscheidung gezwungen sind. Mitmachen oder raus, die Antwort steht sowieso zu lange aus."
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz geht ein auf den Bundesfinanzminister und FDP-Parteichef: "Lindner ist ein Spieler. Er hat – durch viele aggressive Manöver – in der Ampel mehr herausgeholt, als es der Stärke seiner Partei entspricht. Gleichzeitig hat er immer nur Zug um Zug gedacht. Er hat nicht bedacht, dass er die FDP durch den Dauerstreit in den Augen Vieler für die schwierige Regierungsarbeit in einem Viel-Parteien-System disqualifiziert hat. Es mag Lindner selbst als eine geradezu unglaubliche Idee erscheinen. Aber die FDP hat jetzt die Chance, noch ein Jahr konstruktiv zu regieren. Wenn Lindner nicht nur ein Spieler, sondern auch ein Staatsmann ist, ergreift er sie," empfiehlt die FREIE PRESSE.
Die SAARBRÜCKER ZEITUNG beleuchtet das Szenario einer möglichen Auflösung des Bundestages: "Diese Verfassungskonstruktion soll das Ausknipsen eines Parlamentes allein um des eigenen Parteienvorteils wegen verhindern und das Anwachsen der Ränder mit demokratiegefährdenden Absichten erschweren. Also gilt es, die Krisenmechanismen der Verfassung genau zu studieren, diese zu nutzen, statt sich aus der Verantwortung zu flüchten. Zumindest so lange sich im gewählten Bundestag Mehrheiten für nötige Gesetze oder Mehrheiten für einen Wechsel in der Kanzlerschaft finden lassen. Die Wähler sollten nur dann vorzeitig gefragt werden, wenn die Abgeordneten alles andere versucht haben, um ihren Auftrag zu erfüllen", argumentiert die SAARBRÜCKER ZEITUNG.
Nun noch Stimmen zur britischen Regierung, die ein Gesetz für ein weitgehendes Rauchverbot ins Parlament eingebracht hat. Die MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der unter anderem die PASSAUER NEUE PRESSE gehört, führt aus: "Freilich machen Verbote Sinn: zum Beispiel von Alkohol am Steuer oder Konsum harter Drogen – in jedem Alter. Und ja, Raucher können durchaus weiter eingeschränkt werden, notfalls über den Geldbeutel. Aber muss der Staat wirklich alles bis ins Detail regeln? Und lässt sich eine gesündere Lebensweise verordnen? Was kommt nach dem Rauchverbot für ab 15-Jährige? Das von Süßigkeiten ab zwei Zentnern Gewicht? So hat letztlich die Regelung der Briten ohne Smoking den Beigeschmack des gesetzlichen Erziehens – und der ist mindestens so fad wie kalter Rauch", urteilt die PASSAUER NEUE PRESSE.
Die BERLINER MORGENPOST dagegen vertritt die Ansicht, der Staat dürfe derartige Verbote verhängen: "Er hat die Instrumente und die Legitimation. Denn Gesundheitsschutz ist seine Aufgabe. Und dieser umfasst konkrete Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für das Leben oder die Gesundheit der Menschen. Deutschland sollte sich deshalb an Großbritannien orientieren und das Rauchen nicht verbieten, aber den Zugang zur Droge Nikotin deutlicher einschränken als bisher. Die Konzepte liegen auf dem Tisch: Verkauf nur noch in lizenzierten Fachgeschäften, Hilfe beim Rauchausstieg, Schluss beim Sponsoring durch die Tabakindustrie, Rauch- und Dampfverbot an öffentlichen Plätzen, höhere Steuern." Das war zum Ende der Presseschau die BERLINER MORGENPOST.