Die Zeitung DIE WELT geht in ihrer Online-Ausgabe auf die Haltung von FDP-Chef Lindner ein: "Es ist richtig und wichtig, dass Christian Lindner das ambitionsarme Trauerspiel beendet hat. Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren, diese noble Machtverweigerung nach den Jamaika-Sondierungen hat es zum geflügelten Wort geschafft, und wird nun wohl auch in den kommenden Tagen viel zitiert werden. Man kann der FDP nun wahrlich nicht vorwerfen, es nicht wirklich mit den beiden ziemlich linken Parteien versucht zu haben. Aber die Geduld kam an ihr Ende. Warum? Weil es einfach keine gemeinsame politische Basis gibt", bilanziert DIE WELT.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt zur US-Wahl: "Ausnahmsweise würde kaum jemand Donald Trump widersprechen: 'Wir haben die unglaublichste Sache geschafft', sagte der Republikaner in der Nacht seines Triumphes. Viele können wirklich kaum fassen, dass rund die Hälfte der Wähler diesen selbstsüchtigen, rüden, verurteilten Chaos-Politiker zurückhaben wollte. Die Demokraten müssen vor allem verdauen, dass unter Trumps Wählern diesmal viele waren, die sich keine Illusionen über dessen Narzissmus oder seine Respektlosigkeit gegenüber Gesetzen, Institutionen und Mitbürgern machen - und ihn trotzdem für das geringere Übel hielten", erklärt die F.A.Z.
"Der Sieg von Donald Trump ist derart überwältigend, dass die Kritiker dieses Mannes zunächst schweigen müssen", findet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. "Die Amerikanerinnen und Amerikaner haben ihn in einer demokratischen Wahl mit solch überzeugender Mehrheit zu ihrem Präsidenten bestimmt, dass jede Relativierung mit Verweis auf das System, die Lügen, oder den Charakter, die Dumpfheit vermeintlicher Hinterwäldler verpufft. Dieses Land wollte Donald Trump und seine Verheißung von Führung und Stärke. Amerika wollte die Radikalität, die Brutalität, die Eindeutigkeit, die Trump ausstrahlt. Seine Macht ruht auf dem Willen einer Furcht einflößenden Mehrheit."
"Auch Trump kann letztlich nicht durchregieren", betont der NORDKURIER aus Neubrandenburg. "In wichtigen Entscheidungen ist er als Präsident eingebunden in das System von Senat und Abgeordnetenhaus - auch wenn die Republikaner dort voraussichtlich die Mehrheiten stellen werden. Nach wie vor gibt es eine funktionierende Justiz. Und letztlich ist auch er auf die amerikanischen Partner in Europa und bei der Nato angewiesen. Trotz aller Unwägbarkeiten angesichts des unberechenbaren Präsidenten wird es wie schon in den ersten vier Jahren Trump auch in den kommenden vier Jahren Trump keinen Weltuntergang geben", beruhigt der NORDKURIER.
Die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN aus Münster erläutern: "Donald Trump, dessen übergroßes Ego die Niederlage 2020 nie verwunden hat, inszenierte seine Kampagne als die Rettung der Demokratie – und traf damit den Nerv. Kamala Harris hat es mit demselben Punkt nicht verstanden, im Pool der unentschlossenen Wechselwähler zu fischen. Denn längst ist Trumps Kampagne zu einer Art sektenhaften, organischen Massenbewegung geworden, deren Erregungswoge sich tief in die sozialen Medien eingefressen hat. Der Trumpismus hat sich nicht als kurzer Irrweg entpuppt. Er wird die USA und die Welt noch lange prägen – und viele inspirieren, diese gefährlichen Methoden zu kopieren", sind die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN überzeugt.
In der TAZ heißt es: "Viele von Trumps Anhänger*innen, sagte kürzlich ein Experte in einer US-amerikanischen TV-Sendung, lieben ihn, nehmen ihn aber nicht ernst. Die Demokrat*innen hingegen verabscheuen ihn – und nehmen ihn vollkommen ernst. Deshalb führten sie einen Wahlkampf, der zum größten Teil auf der Warnung vor dem Antidemokraten aufbaute, genau deshalb aber außerhalb der eigenen Bubble so ins Leere lief. Was die Demokrat*innen nicht wahrnehmen wollten: In fast allen Nachwahlumfragen sagten rund 70 Prozent der Befragten, sie seien unzufrieden oder wütend über den Zustand des Landes. Den Leuten zu erklären, die Wirtschaftsdaten seien doch hervorragend, sie sollten sich mal nicht so haben, war keine gute Idee. Davon zahlt niemand Miete oder kauft Lebensmittel ein", unterstreicht die TAZ.
Die NÜRNBERGER ZEITUNG blickt auf die unterlegene Kandidatin der Demokraten, Kamala Harris: "Ihr ansteckend wirkender Optimismus, die demonstrativ gute Laune, die sie von Anfang an zu verbreiten versuchte, hat nicht gereicht. Programmatisch blieb sie dagegen blass. Inflation, illegale Migration, Wirtschaftswachstum, auch das hochumstrittene Thema Abtreibung – Harris drang entweder nicht durch oder war inhaltlich zu schwach. Die gute Idee, mit Tim Walz als ihrem Vize-Präsidentenkandidaten ins Rennen zu gehen, weil der Gouverneur von Minnesota die konservativeren Wählerschichten ansprechen sollte, hat offensichtlich auch nicht gewirkt", bemerkt die NÜRNBERGER ZEITUNG.
Die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG kommentiert: "Es ist, wie es ist. Die Amerikaner haben sich erneut für Donald Trump entschieden. Die Welt, in der wir künftig leben, hat es zusehends mit einem Gegeneinander und nicht mit einem Miteinander zu tun. Es sei denn, Europa gelänge es, zu dieser Entwicklung einen Kontrapunkt zu setzen. Mehr denn je wird es nun darauf ankommen, dass die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union an einem Strang ziehen. Sie müssen ihr ganzes politisches, wirtschaftliches, militärisches und demokratisches Potenzial in die Waagschale werfen, um ein gutes Gegengewicht im internationalen Machtgefüge zu sein", verlangt die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG.
In Sachsen sind die Sondierungen von CDU, BSW und SPD gescheitert. Dazu schreibt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG: "Wer im ersten Moment erleichtert ist, dass es in Sachsen nicht zu einer Landesregierung aus CDU, BSW und SPD kommen wird, reagiert völlig nachvollziehbar. Der Erleichterung dürfte allerdings schon schnell die Ernüchterung folgen. Denn mit dem Scheitern des Brombeer-Projekts steht fest, es wird nicht besser, im Gegenteil. Sachsen drohen nun auf Jahre hinaus instabile politische Verhältnisse, wenn das Land von einer Regierung geführt werden muss, die im Parlament über keine Mehrheit verfügt. Die wiederholten Warnungen von CDU-Chef Michael Kretschmer, dass mit einer Minderheitsregierung nur zeitaufwendige Kompromisse statt effektiver Lösungen zu erwarten sind, dürften sich sehr schnell als zutreffend erweisen", prophezeit die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus äußert sich sarkastisch zur Haltung des BSW: "Mögen die russischen und nordkoreanischen Truppen auch noch so in der Ukraine wüten, mag der künftige Präsident der USA seine Hand von den Ukrainern abziehen – das Bündnis Sahra Wagenknecht hat in Sachsen keine lasche Friedensbeschaffungsmaßnahme bei den Sondierungen mit CDU und SPD durchgewinkt, sondern entschlossen und prinzipienfest die Hacken in den Boden gerammt. Nun kann der Frieden kommen."
Thema in der FRANKFURTER RUNDSCHAU ist die Entlassung des israelischen Verteidigungsministers Gallant: "Gallant drohte, für Ministerpräsident Netanjahu persönlich zur Gefahr zu werden. Da sind erstens die Umfragen: Netanjahu hat das Vertrauen der Israelis verloren, Gallant wurde im Lauf des Krieges beliebter. Zweitens ist es kein Geheimnis, dass US-Präsident Biden und sein Team alles Wichtige mit Gallant besprachen, nicht mit Netanjahu. Drittens wollte Gallant den bizarren Wehrdienstbefreiungen für ultraorthodoxe Männer einen Riegel vorschieben – zum Ärger der ultraorthodoxen Parteien, die mit dem Austritt aus der Regierung drohten. Ein Platzen der Regierung hätte Netanjahus Karriereende bedeutet. Also zog er die Notbremse. Er tat es, um sich zu retten – und er gefährdet damit das Land."