Der SÜDKURIER aus Konstanz schreibt dazu: "So wie die Ukraine zum 1000. Kriegstag dasteht, muss man befürchten, dass selbst dies der ukrainischen Armee keinen entscheidenden Vorteil mehr verschafft – zu sehr sind die Verteidiger ins Hintertreffen geraten, zu viel konnten die Russen schon ungehindert zerstören."
"Ist das eine ausgefeilte Taktik?", fragt sich die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg. "Kann die Ukraine damit den entscheidenden Durchbruch erreichen? Und was sagt Bidens Nachfolger im Amt, Trump, dazu, dass ihm sein baldiger Vorgänger solch eine Richtungsentscheidung aufdrückt? Fragen, auf die es noch keine Antworten gibt. Aus dem Trump-Lager war schon früh zu hören, dass Putin zu Verhandlungen gezwungen werden könnte – genau durch eine angedrohte Waffenfreigabe, wie sie Biden jetzt verkündet zu haben scheint", konstatiert die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG.
"Für Scholz bietet Bidens Initiative eine Chance", glaubt die TAGESZEITUNG – TAZ – aus Berlin. "Er kann sein Image als besonnener Friedenskanzler aufpolieren, nachdem es durch das fragwürdige Abnicken von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland Kratzer bekam. Immerhin redet er mit Putin – und war immer gegen die Lieferung von Taurus. Die Union hingegen ist mit viel rhetorischem Gebläse auf dem taktischen Rückzug. Friedrich Merz war mal mit Herzblut für die Taurus-Lieferung, fand die aber vor den Wahlen in Ostdeutschland dann doch nicht mehr so dringend. 40 Prozent der Unionswählerschaft sind generell gegen Waffenlieferungen an Kiew und nun wenig begeistert, wenn ausgerechnet mit dem unberechenbaren Trump 500 Kilometer reichende Waffen nach Kiew geliefert werden. Es wird interessant zu sehen, ob Merz nun einen Weg zwischen rhetorischem Heldentum und Realpolitik findet", heißt es in der TAZ.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg stellt fest: "Die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges ist mit dem Nordkorea-Nachschub für Russland und der Freigabe von US-Waffen auf russischem Gebiet endgültig zerstoben. US-Präsident Biden hat mit der Erlaubnis lange gezögert. Sie soll sein Vermächtnis um die Rolle des Friedensstifters bereichern. Vergeblich: Wenn US-Raketen in Russland einschlagen sollten, wären USA und Nato mittendrin in der Konfrontation zwischen zwei Ex-Sowjetrepubliken. Was würde ein Krieg der atomar hochgerüsteten Gegner Nato und Russland bedeuten? Der Regionalkonflikt könnte sich zum interkontinentalen, schlimmstenfalls nuklearen Krieg auswachsen", befürchtet die VOLKSSTIMME.
Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm vermutet: "Die Raketen dürften der Ukraine helfen, Nachschublinien Russlands zu unterbrechen, Waffenlager und Flughäfen zu beschießen. Allerdings wäre es vermessen, davon eine entscheidende Wende des Krieges zu erwarten. Das tiefe russische Hinterland, gar die Hauptstadt Moskau, können sie nicht erreichen. In Deutschland wird nun wieder die Debatte darüber Fahrt aufnehmen, ob auch Deutschland weitreichende Waffen für den Einsatz gegen Ziele in Russland genehmigen sollte. Kanzler Scholz hat bei der Freigabe bestimmter Waffengattungen immer nur gemeinsam mit den USA agiert. Wie es scheint, wird er in dieser Frage aber zum ersten Mal anders entscheiden – und abwarten, welche Folgen die Übertretung der roten Linie hat, die Russland dafür gezogen hat", ist in der SÜDWEST PRESSE zu lesen.
Die SAARBRÜCKER ZEITUNG meint: "Scholz gerät durch den Sinneswandel des US-Präsidenten nun erheblich unter Druck, doch noch einer Lieferung der extrem wirksamen Taurus-Marschflugkörper aus Deutschland zuzustimmen. Er steht nun politisch nicht gut da, schließlich hatte Scholz eine Taurus-Lieferung wiederholt abgelehnt. Zunehmend wohl aus wahlkampftaktischen Gründen, da er sich Zustimmung für die SPD von jenen Menschen erhoffen könnte, die seinen besonnenen, mitunter zögerlichen Kurs gut finden in der Ukraine-Politik, bislang aber eher für Sahra Wagenknecht stimmen wollten", mutmaßt die SAARBRÜCKER ZEITUNG.
Für die STUTTGARTER NACHRICHTEN ist klar: "Dieser Krieg wird durch Verhandlungen beendet werden. Deswegen ist es verständlich, dass Scholz mit Putin telefoniert. Doch wenn Russland am folgenden Tag einen der schlimmsten Luftangriffe des Krieges auf die Ukraine startet, dann muss man daraus Schlüsse ziehen. Der wichtigste lautet: Der Weg zum Frieden führt über das Schlachtfeld. Russland wird erst gesprächsbereit sein, wenn es versteht, dass es militärisch nicht weiterkommt. Deswegen muss Deutschland die Ukraine unterstützen – und zwar stärker als bisher", fordern die STUTTGARTER NACHRICHTEN.
Weniger als 100 Tage vor der Neuwahl diskutiert die SPD weiterhin über ihren Kanzlerkandidaten. Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER findet, dass die Debatte zeige, wie gespalten die SPD sei: "Der Kanzler wird als zögerlich, unklar und hölzern wahrgenommen. Verteidigungsminister Pistorius dagegen wird Tatkraft, klare Sprache und Volksnähe bescheinigt, bei den Wählern ist er beliebter. Trotzdem stellt sich die Parteispitze geschlossen hinter Scholz. Und damit scheinbar gegen große Teile der Parteibasis. Demokratie geht anders. Doch egal, für welchen Kandidaten die SPD sich entscheidet: Sie sollte schnell machen. Eine Partei, die ihren eigenen Kandidaten zerpflückt, hat schon verloren. Nur, wenn sie geschlossen auftritt, hat sie eine Chance", betont der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU notiert: "Am Kandidaten Scholz führt kein Weg vorbei. Ein Versuch, in letzter Minute den Umfragensieger Pistorius auf den Schild zu heben, würde zu Recht als Eingeständnis ausgelegt, dass der amtierende Kanzler gescheitert ist. Und wer gibt einer Partei schon eine zweite Chance, die selbst findet, dass sie gescheitert ist? Dass Pistorius die Deutschen zur 'Kriegstüchtigkeit' mahnte, hat zudem einen Ton in die Debatte gebracht, der einem künftigen Kanzler nicht angemessen ist. Zudem steht in den Sternen, ob Menschen, die Pistorius mögen, ihr Kreuz tatsächlich bei der SPD machen würden. Die SPD sollte sich daher hinter Scholz vereinen. Die Chancen mit ihm als Kandidaten sind mäßig. Wenn sie die Pferde aber jetzt wechselt, kann die SPD die Wahl ganz abschreiben", analysiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Der Bundesgerichtshof hat die Rechte von Betroffenen des umfangreichen Datenlecks aus dem Jahr 2021 bei Facebook gestärkt. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG bezeichnet das Urteil als einen "Sieg für die Nutzer". "Und ein Sieg für all diejenigen, die an dem Grundsatz festhalten: Wer einen Markt eröffnet, wer ein Medium betreibt, wer eine Plattform unterhält, der soll die Freiheit haben, damit Reichweite und Gewinn zu erzielen - er trägt aber auch eine Verantwortung für das, was auf seinem Forum geschieht. Und er kann in Haftung genommen werden. Das gilt selbstverständlich gerade auch für die Giganten des Netzes."
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG prognostiziert: "Das Grundsatzurteil wird den Druck auf alle im Internet präsenten Unternehmen erhöhen, Datenschutz künftig noch ernster zu nehmen als es bislang der Fall ist – zumal, wenn auch Gerichte in anderen EU-Ländern, die das BGH-Urteil sicher zur Kenntnis nehmen, entsprechend urteilen werden. Der kundenfreundliche Richterspruch sollte Nutzer freilich nicht zur Gutgläubigkeit verführen. Im Zweifel gilt immer noch der Rat von Verbraucherschützern, besser vorsichtig und nicht allzu freigiebig mit der Preisgabe von Daten im Netz zu sein", bemerkt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG. Und damit endet diese Presseschau.