Dazu schreibt der Berliner TAGESSPIEGEL: "In Deutschlands ältester Partei wird der Kampf um Macht und Mehrheiten traditionell mit besonderer Härte ausgetragen. Mehr als ein Dutzend Vorsitzende hat die Partei seit 1945 verschlissen, manche wurden regelrecht vom Hof gejagt. Jetzt trifft das rote Mobbing Scholz selbst. Wer sagt’s dem Olaf? Dass es vorbei ist, dass Scholz der SPD nicht mehr helfen, ihr nur noch schaden kann. Aus Respekt vor sich selbst, auch aus Respekt vor der Sozialdemokratie müsste Scholz nach seiner Rückkehr aus Rio eine Erklärung abgeben. Sie müsste nicht lang sein, nur klar. Er könnte den Deutschen sagen, dass er sein Bestes gegeben hat, um dem Land zu dienen. Und dass er alles dafür tun wird, dass nach ihm wieder ein Sozialdemokrat Kanzler wird: Boris Pistorius, der beliebteste Politiker des Landes. Das würde Respekt verdienen, damit würde Olaf Scholz am Ende zeigen, was seine Kritiker an ihm so oft vermissten: Größe", meint der TAGESSPIEGEL.
Für die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG ist die Steigerung von Feind der Parteifreund: "Als solcher zeigte sich zwar Pistorius loyal gegenüber Scholz. Aber eine richtige Absage sind seine Antworten auf die K-Frage auch nicht. Er steht bereit, wenn die anderen Scholz weggeputscht haben. Völlig verkennend, dass die vorgezogene Bundestagswahl nur gemeinsam gewonnen werden kann. Wie soll das gehen: Ein düpierter Kanzler Scholz und ein Kanzlerkandidat Pistorius, der alles besser machen soll? Zieht der Niedersachse dann für sechs Wochen selbst ins Kanzleramt ein? Gewählt von wem? Die SPD hat einen Riesenfehler begangen, indem sie das Momentum der FDP-Flucht nicht nutzte und sich hinter Scholz stellte. Der hatte am 6. November den Ton vorgegeben, der jetzt wirkungslos im Streit verhallt." Das war die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG konstatiert: "Boris Pistorius ist beliebt, anders als Scholz. Das ist allerdings auch schon fast alles. Er machte eine gute Figur im wichtigsten Ministerium, das es derzeit gibt. Er hat die Ausstrahlung, die Scholz nicht hat – ein Vorzug, der nicht Fähigkeit, sondern einfach da ist. Was Scholz dagegen auszeichnet: Er ist zäh. Ein Wort von Pistorius hätte gereicht, um die Debatte zu beenden. Er stehe nicht zur Verfügung, könnte er sagen. Pistorius sagte es aber nicht, hielt damit die K-Frage offen", bemerkt die F.A.Z.
Die TAGESZEITUNG erwartet: "Die SPD dürfte bei der Bundestagswahl eine krachendeNiederlage einfahren. Daran würde sich auch durch einen Wechsel von Scholz zu Pistorius kurz vor Schluss nichts mehr ändern. Mit geballter Medienunterstützung zum neuen Hoffnungsträger aufgeblasen, verdankt Boris Pistorius seine fragwürdige Beliebtheit vor allem seinen markigen Sprüchenals Verteidigungsminister. Aber warum sollte jemand die SPD wählen, der oder die findet, Deutschland müsse endlich wieder 'kriegstüchtig' werden? Und wer meint, drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts oder mehr müssten fürs Militär ausgegeben werden, mag zwar Pistorius toll finden,wird aber von der Union, den Grünen oder der FDP besser bedient. Ein Wahlkampf für soziale Gerechtigkeit lässt sich hingegen mit ihm nicht ernsthaft führen. Die SPD befindet sich in einem Dilemma, aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint", analysiert die TAZ.
Erstmals hat das Bundeskriminalamt eine eigene Auswertung zu frauenfeindlichen Straftaten erstellt. Die Zeitung ND DER TAG wirft ein Schlaglicht auf die Statistik: "Fast drei versuchte Femizide jeden Tag verzeichnete das BKA im Jahr 2023. Und fast jeden Tag wurde eine Frau ermordet, nur weil sie eine Frau ist. Femizide stehen oft im Zusammenhang mit partnerschaftlichen Beziehungen und sind Ausdruck fortwirkender patriarchaler Strukturen. 360 Femizide in einem Jahr, das bedeutet auch: mindestens genau so viele Warnsignale; fast genau so viele Morde, die verhindert hätten werden können. Die Zahlen bestärken den Ruf nach dem Gewalthilfegesetz, das seit Jahren geplant ist, aber bislang dem Spardiktat der FDP zum Opfer gefallen ist. Wenn sich das nun ohne die Liberalen ändert, würden ein gesetzlicher Anspruch auf Schutz in Frauenhäusern und die Pflicht zur Arbeit mit Tätern wichtige Fortschritte bringen", hofft ND DER TAG.
Die STUTTGARTER ZEITUNG kritisiert: "Über Gewalt gegen Frauen wird nicht in Talkshows gesprochen. Das Thema sorgt auch nicht für ähnliche Aufregung wie Messerstraftaten oder Klimaaktivisten – höchstens dann, wenn die Tatverdächtigen nicht deutsch sind. Dass so wenig getan wird, lag auch am Bundesfinanzministerium. Die Ampelkoalition hatte geplant, mit einem Gesetz sicherzustellen, Frauenhäuser verlässlich zu finanzieren. Die FDP blockierte das Vorhaben. Es war ihr zu teuer. Kommenden Mittwoch will das Kabinett der Restregierung nun den Gesetzentwurf beschließen. Ob er im Bundestag eine Mehrheit findet, ist fraglich. Dabei müsste der Schutz von Frauen und Mädchen endlich Priorität sein", unterstreicht die STUTTGARTER ZEITUNG.
Die GLOCKE aus Oelde resümiert: "Neben der Politik ist bei dem Thema Gewalt gegen Frauen auch der Einsatz der Zivilgesellschaft gefragt. Notwendig sind die Vermittlung von Werten wie Gleichberechtigung der Geschlechter in Elternhäusern, Kindergärten und Schulen genauso wie Zivilcourage, indem nicht weggesehen wird, wenn Frauen im öffentlichen oder privaten Raum attackiert werden. Nur wenn sich gesellschaftlich etwas verändert, wird es gelingen, die Zahl der Opfer zu reduzieren."
Nun zum G20-Gipfel in Brasilien. Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG zeigt sich enttäuscht von dem Abschlussdokument: "Weder verurteilen die Staats- und Regierungschefs der 20 stärksten Wirtschaftsnationen den russischen Feldzug gegen die Ukraine ausdrücklich. Noch erwähnen sie das Massaker der islamistischen Hamas an mehr als Tausend Israelis vom 7. Oktober 2023. Ein Glanzstück ist die Abschlusserklärung der G20 nicht. Im Gegenteil: Sie ist ein weiteres Beispiel dafür, wie tief die Gräben und unterschiedlich die Interessen der Teilnehmer inzwischen sind – und dass die Dominanz liberal-demokratischer Staaten nach westlichem Muster in diesem illustren Kreis bröckelt", analysiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Ähnlich argumentiert die Zeitung DIE WELT: "Bitter ist die Abschlusserklärung nicht nur für Israel, sondern auch für die Ukraine. Der russische Angriffskrieg wird darin nicht explizit von einer Mehrheit der Länder verurteilt. Das ist ein diplomatischer Sieg für Russland. Das Dokument offenbart schonungslos die aktuelle Schwäche der westlichen Wertegemeinschaft. Die autoritären Staaten um Russland und China haben sich auf der großen weltpolitischen Bühne durchgesetzt. Die Abschlusserklärung von Rio ist eine Schande", schreibt DIE WELT.
Die Industrie- und Schwellenländer haben sich gleichwohl zu einer Zusammenarbeit bei der Besteuerung von Milliardenvermögen geeinigt. Die LAUSITZER RUNRDSCHAU aus Cottbus äußert sich dazu skeptisch: "Die versammelten Milliardäre des Planeten, die Mega-Vermögenden, die Super-Reichen, sie sollen jedes Jahr einen kleinen Beitrag ihres Vermögens abtreten. Würde die Abgabe tatsächlich weltweit erhoben, bremste das den Wettlauf zu immer niedrigeren Steuern aus. Denn tatsächlich hat es jeder einzelne G20-Staat in der Hand, die Super-Reichen effektiv zu besteuern. Es geschieht aber häufig nicht, weil die Staaten die Personen und vor allem ihr Kapital nicht aus dem Land treiben möchten."
Und die VOLKSSTIMME fasst zusammen: "Bei einer Milliardärssteuer, wie sie einigen Schwellenländern vorschwebt, rümpfen die reichen USA oder auch Deutschland die Nase. Viel Absicht, wenig Vorzeigbares – so dürfte die G20-Zukunft aussehen. Immerhin wurde über dies und das gesprochen."