Dazu bemerkt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG: "Genug der Selbstdemontage: Mit jetzt auch wirklich geschlossener Parteiführung im Rücken soll der unbeliebte Kanzler das Wunder wiederholen und die SPD zur stärksten Kraft bei der Bundestagswahl in drei Monaten machen. Selten so gelacht, wird manch einer jetzt denken. Bei der Union ist manch einem das Lachen allerdings schon wieder im Halse stecken geblieben. Denn Scholz ist längst gewappnet. Seit dem Rauswurf von Christian Lindner hat er – völlig losgelöst von der Ampel – bereits jede Menge Pflöcke für den kurzen und harten Wahlkampf eingerammt. Für Landgewinne gegen die Union und ihren ebenfalls unbeliebten Kandidaten Friedrich Merz schreckt der Kanzler dabei auch nicht vor einer Taktik zurück, die man fast schon perfide nennen könnte. Zentrales Motiv der Scholz-Kampagne wird sein, Merz als abgehobenen Neoliberalen darzustellen, der die Ukraine unterstützen und die Wirtschaft enthemmen, dafür aber beim Sozialstaat und der Rente kürzen will. Nur mit ihm als Kanzler werde niemandem etwas weggenommen, das ist Scholz plattes Versprechen", glaubt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf findet: "Die Nominierung von Scholz hätte früher stattfinden müssen, die Kandidatendebatte hätte auch ohne 'Basta' kontrolliert gelenkt werden können. Das haben die Parteispitze, Scholz und Pistorius gemeinsam verbockt. Die SPD hat aber nur eine Chance, näher an die Union heranzurücken, indem sie sich eben in Geschlossenheit übt und darauf konzentriert, was die Unterschiede zu CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sind. Die SPD hat theoretisch ein großes Potenzial bei den Wählern. Und Scholz ist es schon einmal gelungen, genug von diesem Potenzial zu mobilisieren, damit es für die SPD als stärkste Kraft und für ihn als Kanzler gereicht hat. Das weiß man in der Union. Die SPD kann Wahlkampf. Und Merz wäre schlecht beraten, Scholz zu unterschätzen und sich schon im Kanzleramt zu wähnen", vermerkt die RHEINISCHE POST.
Die WIRTSCHAFTSWOCHE verweist auf die Pressekonferenz der SPD: "Schon die wenigen Minuten machten deutlich, auf welche Botschaften sich Scholz bis zum 23. Februar konzentrieren wird: stabile Renten, Mindestlohn rauf, hart arbeitende Mitte schützen, keinen Krieg der NATO gegen Russland riskieren. Und keinen Raubbau am Sozialstaat akzeptieren natürlich, den man der 'Merz-CDU' in jeder sich bietenden Gelegenheit wird unterstellen wollen. Dass der Friedenswahlkampf bei den Europa-Wahlen – hier die milliardenschwere Ukrainehilfe, aber dort die beschworene Besonnenheit gegenüber den Kriegstreibern – wenig erfolgreich war? Den Einwand bügelt Scholz weg", beobachtet die WIRTSCHAFTSWOCHE.
Die SPD trete mit einem halben Kandidaten an, meint der TAGESSPIEGEL: "Das wird sie viele Mandate kosten. Viele Sozialdemokraten haben Bauchschmerzen mit Scholz, fürchten eine Wahlniederlage. Scholz hat keine Bauchschmerzen, kennt keine Selbstzweifel. Scholz macht in seiner Selbstwahrnehmung keine Fehler, niemals. Er hat offenbar darauf verzichtet, sich selbst kritisch zu prüfen, sich zu hinterfragen: Bin ich wirklich der richtige Kandidat? Dass Scholz sich als 'Freund' von Pistorius gab, ist, bestenfalls, ein schlechter Witz. Die Wahrheit ist: Scholz misstraut Pistorius. Dem Kanzler sind politische Eigenständigkeit, Kommunikationsgabe und Beliebtheit des Verteidigungsministers suspekt. Scholz mag keine eigenständigen, souveränen Menschen in seiner Umgebung", kommentiert der TAGESSPIEGEL aus Berlin.
Der WESER-KURIER aus Bremen wirft ein: "Nachdem auch die SPD die K-Frage geklärt hat, ist es an der Zeit, endlich über Inhalte zu reden. Da hat Bundeskanzler Olaf Scholz vorgelegt. Sein zentrales Wahlkampfthema lautet Sicherheit – äußere und innere, soziale und wirtschaftliche Sicherheit. Wenn es ihm nach den quälenden Debatten über Ampel-Aus und Neuwahltermin gelingen sollte, seine politischen Themen durchzubringen, könnten trotz der bescheidenen Regierungsbilanz Chancen auf einen Stimmungsumschwung bestehen. Denn bisher hat Friedrich Merz – bis auf Einsparungen beim Bürgergeld – wenig von seinem Programm wissen lassen", gibt der WESER-KURIER zu bedenken.
Themenwechsel. Die STUTTGARTER NACHRICHTEN beschäftigen sich mit dem neuen Bunker-Schutzplan: "Die Gefahr, dass ein Krieg auch Deutschland betreffen könnte, ist gewachsen. Experten gehen davon aus, dass Russland seine Armee in fünf Jahren so hochgerüstet haben wird, dass es in der Lage sein wird, einen NATO-Staat anzugreifen. Ob das passiert, weiß niemand. Man sollte sich aber vorbereiten. Daher ist es gut, dass das Bundesamt für Bevölkerungsschutz mit den Ländern eine Strategie für Schutzräume erarbeitet. Es ist ein Zeichen dafür, dass die 'Zeitenwende' nicht nur Politiker und Soldaten betrifft – sondern jeden", folgern die STUTTGARTER NACHRICHTEN.
Die BERLINER MORGENPOST bewertet die Sicherheitspolitik: "Jahrzehntelang dachte man hierzulande, dass ein bewaffneter Großkonflikt in Europa eigentlich nicht mehr denkbar sei und man sich Vorkehrungen aller Art im Wortsinn sparen könne. 'Friedensdividende' hieß das. Der Staat dünnte etwa das Sirenennetz aus und reduzierte die Zahl der öffentlichen Schutzräume. Knapp 580 davon gibt es noch, es waren einmal rund 2.000. Nach Russlands Einmarsch in der Ukraine stoppte der Bund die Abwicklung. Und jetzt überprüft eben das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, welche öffentlichen Gebäude, Keller, U-Bahnhöfe und Tiefgaragen im Ernstfall dazu geeignet wären, der Bevölkerung Schutz vor lokalen Angriffen zu bieten. Man kann das alles überdreht und unnötig finden, aber das würde der tatsächlichen Bedrohungslage kaum gerecht", unterstreicht die BERLINER MORGENPOST.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG stellt fest: "Öffentliche Bunker gibt es in Deutschland nur noch für nicht mal 500.000 Menschen, viel zu wenig natürlich. Im Februar 2022, als Wladimir Putins Panzer in die Ukraine rollten, ist mit einem Mal klar geworden, wie sträflich es viele Bundesregierungen vorher versäumt hatten, die Bundeswehr fit und einsatzbereit zu halten. Mangelnde Vorbereitung auf Worst-Case-Szenarien sollte man sich nicht noch einmal vorwerfen lassen müssen."
Nun nach Rumänien, wo der parteilose Rechtsextremist Georgescu die erste Runde der Präsidentschaftswahl gewonnen hat und in einer Stichwahl gegen die konservative Oppositionsführerin Lasconi antritt. Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg urteilt: "Im Balkanland passiert nichts anderes als in fast ganz Europa – Rumänien driftet nach rechts ab. Das ist ein Schlag ins Kontor, hat doch der EU-Staat in den vergangenen Jahren ein beachtliches Wachstumstempo vorgelegt – für 2024 werden 1,9 Prozent prognostiziert. Auch sozial ging es unter Ministerpräsident Marcel Ciolacu voran. Gedankt haben das die Rumänen dem Sozialdemokraten nicht. Das Wahlresultat ist auch ein Ausweis von Erschöpfung und Furcht der Bevölkerung nach fast drei Jahren Krieg in der benachbarten Ukraine. Es gibt eine Sehnsucht nach Normalität, wie sie in ganz Europa verbreitet ist", schätzt die VOLKSSTIMME.
Die TAGESZEITUNG analysiert: "Illiberale Positionen innerhalb der Europäischen Union werden zunehmend salonfähig. Zu der Galerie euroskeptischer Politiker wie Viktor Orbán, Giorgia Meloni, Geert Wilders, Marine Le Pen, Herbert Kickl gesellt sich nun auch der Rumäne Călin Georgescu. Sein unvorhergesehener Sieg und die Chance, am 8. Dezember sogar Staatspräsident Rumäniens zu werden, macht ein lange ignoriertes politisches Symptom sichtbar. Ein Symptom, das auch in anderen europäischen Ländern kleingeredet und verharmlosend als eine kurzlebige Form des Protestes unzufriedener Wähler abgetan wird. Die Erwägung, mit populistischen Gegenmaßnahmen dem Aufstieg der extremen Rechten entgegenzuwirken, ist nicht nur kontraproduktiv, sondern wirkt wie ein Brandbeschleuniger." Mit diesem Auszug aus der TAZ endet die Presseschau.