27. November 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Einige Zeitungen kommentieren bereits die vereinbarte Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah, auch wenn diese erst nach Redaktionsschluss der Zeitungen verkündet wurde. Weitere Themen sind die Einstellung von Gerichtsverfahren gegen den künftigen US-Präsidenten Trump und die gestern erschienene Autobiografie von Alt-Bundeskanzlerin Merkel.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu
Das israelische Sicherheitskabinett hat der Waffenruhe zugestimmt. (AFP / Charly Triballeau)
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt zum Nahen Osten: "Eine Waffenruhe für den Libanon ist ein Anfang. Denn wenn sich die Hisbollah und die israelische Armee aus dem Süden des Landes zurückziehen und die libanesische Armee dort neu stationiert wird, könnten die umkämpfte Region und der Norden Israels zur Ruhe kommen. Doch bleiben Zweifel, da ähnliche Ziele bereits nach dem letzten Krieg im Jahr 2006 in einer UNO-Resolution vereinbart worden waren, aber nie umgesetzt wurden. Es wäre viel mehr nötig, um den Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah dauerhaft beizulegen. Doch ist nichts bekannt von einem Plan, wie der Einfluss des Hisbollah-Verbündeten Iran in der Region zurückgedrängt werden könnte", bemerkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG äußert grundsätzliche Bedenken, ob eine Waffenruhe von Dauer sein kann: "Dennoch gibt es für Israel keine vernünftige Alternative zu einer indirekten Vereinbarung mit der Hisbollah. Gänzlich vernichten kann es die Schiitenmiliz nicht, dafür ist sie viel zu tief in der libanesischen Gesellschaft verankert. Viel wichtiger als der Text eines Abkommens ist für Israel ohnehin eine amerikanische Zusicherung, selbst militärisch eingreifen zu dürfen, wenn es libanesische Armee und internationale Gemeinschaft wieder nicht schaffen, die Hisbollah in die Schranken zu weisen. Dem kann die geschwächte Miliz momentan nur wenig entgegensetzen. Und eine langfristige Lösung? Die wäre nur in Teheran möglich. Doch dort wird man auf den regionalen Machthebel, den das Regime durch Schattenarmeen wie die Hisbollah hat, kaum freiwillig verzichten", prophezeit die F.A.Z.
In den USA werden zwei Verfahren gegen den früheren Präsidenten Trump nicht weiterverfolgt. "Sein perfektes Verbrechen" titelt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG und führt aus: "Trump ließ triumphierend mitteilen, das sei 'ein bedeutender Sieg für den Rechtsstaat'. Wahr ist das Gegenteil. Träfe sein Vorwurf zu, dass seine Gegner die Strafverfolgung als Waffe gegen ihn einsetzten – er wäre von den Gerichten freigesprochen worden. So funktioniert der Rechtsstaat. Nun wird am 20. Januar 2025 ein Präsident den Amtseid ablegen, dessen Macht keine klaren Grenzen hat. Ein Mann, der schon in seiner ersten Präsidentschaft zeigte, wie gering er den Rechtsstaat schätzt. In seiner zweiten Amtszeit wird er entfesselt schalten und walten können, vor aller Weltöffentlichkeit, frei von jeder Angst, sich jemals dafür verantworten zu müssen", heißt es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
Die TAZ meint zum Verhältnis Trumps zum Rechtsstaat: "Jetzt, als frisch gewählter Präsident, erklärt er mal, den Missbrauch der Justiz gegen politische Gegner stoppen zu wollen, mal will er seine Widersacher vor Gericht stellen. Die Mischung aus Trumps Skrupel- und republikanischer Rückgratlosigkeit, Elon Musks Dollarmilliarden und der Perspektive weiterer vier Jahre Trumpscher Richternominierungen ist erschreckend. Trump selbst hat immer davon gesprochen, die 'Hexenjagd'-Prozesse gegen ihn ließen die USA aussehen wie eine Bananenrepublik. Der rassistische Ausdruck bezeichnet im Kern institutionell schwache Staaten, in denen sich Korruption und das Recht des Stärkeren durchsetzen. Trump führt die USA genau da hin", stellt die TAZ fest.
Für Aufsehen sorgt auch Trumps Ankündigung, nach seinem Amtsantritt Zölle auf Importe aus Mexiko, Kanada und China zu verhängen. Das STRAUBINGER TAGBLATT erläutert: "Es klingt martialisch, aber es geht wirklich um einen Handelskrieg. Trumps Botschaft: Die USA und er ganz allein wollen der Welt sagen, wie es zu laufen hat. Kann sein, dass er nur wieder einen 'Deal' für irgendetwas will, Erpressung bleibt es allemal. Wenn Trump Ernst macht, wird sich die Welt in neue Blöcke einteilen, wo jeder schaut, wo es ihm am besten geht und wo vielleicht neue Freunde sind, mit denen man dann seine Geschäfte macht", erwartet das STRAUBINGER TAGBLATT.
Der Berliner TAGESSPIEGEL verweist auf das Freihandelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada, das Trump in seiner ersten Amtszeit neu verhandelt hat: "Aus Nafta wurde 2018 USMCA. Trump verschärfte die Bedingungen, unter denen Waren zollfrei von Kanada und Mexiko in die USA importiert werden können. Und setzte eine Überprüfung des Abkommens nach sechs Jahren durch. Die erhoffte Renaissance der US-Industriegebiete, der 'Rostgürtel', ist ausgeblieben. China verlagerte Produktion nach Mexiko, um sich gegen US-Importzölle gegen Waren aus China abzusichern, die Zollfreiheit und die billigen Arbeitskräfte in Mexiko zu nutzen. Diese Lücke möchte Trump nun schließen. Für Dealmaker Trump ist der Druck auf Kanada und Mexiko der Hebel, um mit ihnen gemeinsam Druck auf China auszuüben. Für die deutsche Industrie bleibt die Lehre: Wohl dem, der seine eigenen Fabriken für Nordamerika in den USA angesiedelt hat und nicht in Mexiko." Das war DER TAGESSPIEGEL.
Thema in der PASSAUER NEUEN PRESSE sind die gestern erschienenen Memoiren von Alt-Kanzlerin Merkel: "Offensichtlich verfolgen diese – neben den üblichen kommerziellen Zwecken – das Ziel, dem Publikum ein makelloses Bild von sich und ihrer Amtszeit vorzuhalten. Fehler? Irrungen? Gab es in den 16 Jahren ihrer Kanzlerschaft nicht, will Merkel uns glauben machen. Das Gas aus Russland, der Schmusekurs gegenüber Putin? Der überstürzte Atomausstieg nach Fukushima? Das Herunterwirtschaften der Bundeswehr? Die unkontrollierte Öffnung der Grenzen? Alles richtig gemacht, so lautet die Botschaft des Buchs, denn: Entscheidend sind die Umstände, unter denen Politik gemacht wird. So einfach ist das", kritisiert die PASSAUER NEUE PRESSE.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG kommentiert: "Merkels Buch erscheint in 30 Ländern, in den USA wird sie es mit Barack Obama vorstellen. Mehr Brimborium geht kaum. Das internationale Ansehen, das die frühere Kanzlerin genießt, sucht bis heute seinesgleichen. Es hätte ihr besser gestanden, wenn auch sie rückblickend zu der Einschätzung gekommen wäre, nicht immer richtig gelegen zu haben. Nur wenige Journalisten und wenige in der Politik haben ihre Russland-Politik infrage gestellt. Ihre eigene Partei scheute die Auseinandersetzung über ihre Flüchtlingspolitik, die schon damals viele für falsch hielten. Merkel war lange Zeit die Kanzlerin einer Gesellschaft, die es sich allzu bequem gemacht hatte. Die Mehrheit vertraute ihr, dass sie die Dinge gut regeln würde. Das gehört zur Wahrheit dazu", findet die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
In der MÄRKISCHEN ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) ist zu lesen: "Das ungeheuer große öffentliche Echo auf das über 700 Seiten starke Buch zeigt vor allem, wie groß nach nur drei Jahren Ampel-Chaos die Sehnsucht nach der guten alten Merkel-Zeit ist. Merkel trägt einen guten Teil der politischen Verantwortung an den heutigen Zuständen. Doch das ist natürlich nicht Gegenstand einer Autobiografie. Merkel zeichnet ihr Bild von sich, von ihrer Zeit, von ihrer Kanzlerschaft, um ihr Bild für die Nachwelt mitzuprägen. Da kommen Fehler und Irrtümer nicht vor. Die müssen andere aufzeigen, auch wenn es die Nostalgie stört", hebt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG hervor.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER nimmt Merkel gegen Kritik in Schutz: "Es wirkt glaubwürdig, wenn Merkel versichert, in der damaligen Situation nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben. Heute ärgert man sich über die Naivität gegenüber Russland, früher glaubte man an 'Wandel durch Handel'. Sicher gab es Zielkonflikte. Bei Corona etwa hat Merkel sich für Sicherheit und gegen Freiheit entschieden. Man kann Merkel falsche Entscheidungen vorhalten. Doch einen anständigen Charakter und gute Absichten muss man ihr zugestehen."