Die TAZ führt dazu aus: "Man muss die Dinge beim Namen nennen: Was Yoon Suk Yeol in der Nacht auf Dienstag probiert hat, war nicht weniger als ein Putschversuch. Yoons radikales Vorgehen ist vor allem verantwortungslos, auch wenn die südkoreanische Demokratie diese Bewährungsprobe bisher zumindest erfolgreich bestanden hat: Die Demonstrationen sind friedlich geblieben, und die Opposition sowie die Öffentlichkeit versuchen, den Präsidenten auf legalem Weg zum Rücktritt zu bewegen. Doch die politische Zukunft des Landes bleibt ungewiss. Innerhalb von Yoons konservativem Lager dürfte ein Machtkampf ausbrechen. Die Opposition hingegen wird wohl auf den Politikveteranen Lee setzen, der gemeinhin als Linkspopulist und Verfechter der Arbeiterklasse gilt. Gemäß der politischen Polarisierung des Landes, die traditionell regelmäßige Machtwechsel hervorbringt, dürfte Lee durchaus gute Chancen aufs Präsidentenamt haben", so die Meinung der TAZ.
Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus erwartet, "... dass Yoon die Causa politisch nicht überleben wird. Mehr noch: Das Risiko ist durchaus gegeben, dass der Präsident schon bald sogar wegen Hochverrats angeklagt werden könnte. Wieso also hat Yoon es dennoch getan? Wahrscheinlich aus Verzweiflung. Er war politisch isoliert und hatte keinen Rückhalt innerhalb der Bevölkerung mehr. Er fühlte sich derart in die Ecke gedrängt, dass er in den Angriff überging", vermutet die LAUSITZER RUNDSCHAU.
Die FRANKURTER ALLGEMEINE ZEITUNG analysiert: "Man sollte das, was sich gerade in Südkorea abgespielt hat, nicht als Schwäche einer Demokratie auffassen, sondern als Zeichen ihrer Stärke: Innerhalb weniger Stunden schaffte es das Parlament, den Präsidenten in die Schranken zu weisen. Der Verfassung wurde Genüge getan. Fragen stellen sich an die amerikanische Politik: Biden hat Yoon umschmeichelt und Südkorea zu einem Hauptverbündeten in seinem globalen Bündnis der Demokraten gegen autoritäre Regime gemacht. In Südkorea hat sich Biden nicht geirrt, in Yoon aber schon", findet die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU sieht nach den Ereignissen in Südkorea die Demokratie gestärkt, gibt aber zu bedenken: "Präsident Yoons politische Zukunft ist damit zwar Vergangenheit. Sie werden ihn wohl aus dem Amt jagen, was er nur mit seinem Rücktritt verhindern kann. Doch damit sind die innen- wie außenpolitischen Probleme des Landes nicht gelöst. Dazu zählen etwa die Schwierigkeiten im Gesundheitssystem oder die zunehmend aggressive Politik des verfeindeten Nordkorea. Allerdings wird es eine Weile dauern, bis eine neue Regierung in Seoul sich ihnen wieder widmen kann. Dabei müsste sich das südostasiatische Land wie viele andere Staaten auf die kommende US-Präsidentschaft von Donald Trump vorbereiten. Der hatte sich während seiner ersten Amtszeit mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un getroffen und so Südkorea schon einmal in eine schwierige Situation gebracht", so die Einschätzung der FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die Zeitschrift CICERO kommentiert: "Der Mut vieler Demonstranten war beeindruckend, am Dienstag schienen sie bereit, ihre Demokratie zu verteidigen. Die Menschen in Südkorea haben dies immer wieder getan. Das ostasiatische Land, das von 1945 bis 1987 eine Diktatur war, ist eine politisch hochsensible Gesellschaft. Im Jahr 2017 wurde die konservative Präsidentin Park nach einer Korruptionsaffäre ihres Amtes enthoben. Begonnen hatte dies mit Straßenprotesten. Ein ähnliches Schicksal könnte nun Präsident Yoon Suk-yeol ereilen: Amtsenthebung oder Rücktritt", erwartet die Zeitschrift CICERO. Und damit so viel zu diesem Thema.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER geht auf die gestrige Regierungsbefragung und das Auftreten von Kanzler Scholz ein: "Olaf Scholz macht das ganz geschickt. Bei der Befragung im Bundestag wirbt der Kanzler um die Zustimmung der Opposition für Projekte, die sicher die Zustimmung vieler Bürger finden: Vom Abbau der kalten Progression, der Erhöhung des Kindergeldes bis hin zur Finanzierung des Deutschlandtickets. Seit dem Aus der Ampel versucht Scholz, zwei Rollen einzunehmen: Er will gleichzeitig Staatsmann und Wahlkämpfer sein. Das passt nicht zusammen und wirkt unglaubwürdig. Doch vor allem mit Blick auf die Demokratie ist das Vorgehen von Scholz fragwürdig. Der Kanzler, der sich gerne staatsmännisch gibt, will politische Projekte wie Kindergeld oder weniger Steuern auf den Weg bringen, die den finanziellen Spielraum einer neuen Regierung einengen. Was als Dienst an den Wählern daherkommt, ist in Wirklichkeit nur Populismus. Vom seriösen Tonfall des Kanzlers darf man sich nicht täuschen lassen", warnt der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG kritisiert: "Unabhängig davon, wer in der kommenden Legislaturperiode auf dem Chefsessel der Regierungsbank sitzen wird: Das Parlament sollte die Modalitäten für die Veranstaltung auf den Prüfstand stellen. Denn mit vorab eingereichten Fragen, die ein 'Grillen' des Kanzlers unmöglich machen, hält sich der Erkenntnisgewinn für Volksvertretung und Öffentlichkeit in engen Grenzen", moniert die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG.
Das HANDELSBLATT schreibt zu den Rollen von Olaf Scholz und Friedrich Merz im kommenden Bundestagswahlkampf: "Gegen einen Wahlkampf, in dem es um die Sache geht, ist nichts einzuwenden. SPD und Union wollen die Bundestagswahl aber offenbar zu einer Persönlichkeitswahl machen: Scholz oder Merz? Allein aus parteipolitischer Sicht ist dies weder für die Union noch für die SPD eine erfolgversprechende Strategie. Denn weder Scholz noch Merz sind Kandidaten für einen Beliebtheitspreis. Viele Bürger wollen einfach nur wieder stabil regiert werden", betont das HANDELSBLATT.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG vermerkt: "Einmal mehr inszenierte sich der SPD-Spitzenkandidat als besonnener Friedenskanzler, der den sozialen Ausgleich im Land nicht aus den Augen verliert. An die Opposition appellierte Scholz, noch ausstehende Gesetzesvorhaben der verbliebenen rot-grünen Minderheitsregierung mitzutragen. Ob all das einen Motivationsschub an der wahlkämpfenden sozialdemokratischen Basis auslösen wird? Die letzte Runde für Olaf Scholz ist eingeläutet", befindet die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Der TAGESSPIEGEL aus Berlin ist besorgt über die derzeitige Schwäche Deutschlands und Frankreichs: "Deutschland und Frankreich durchlaufen schwere Krisen. Deutschland wird nach der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar auf Wochen mit der Regierungsbildung beschäftigt sein. Blickt man auf Frankreich, wirken die deutschen Probleme fast harmlos. Mit den überstürzten Neuwahlen im Juni hat sich Präsident Macron zum Spielball der Populisten gemacht. Es fällt schwer, angesichts dieser Entwicklung optimistisch zu bleiben. Wenn Donald Trump am 20. Januar seine zweite Amtszeit antritt, wird er gnadenlos versuchen, die Schwächen und Spaltung der EU-Staaten zu instrumentalisieren, um seine Interessen durchzusetzen", vermutet der TAGESSPIEGEL.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER erläutert: "Selten kam es mehr auf Europa an als in diesen Tagen, und selten war Europa so führungslos wie heute. Macron und Scholz haben ihre Regierungen aus jeweils nationalem Kalkül in eine innenpolitische Sackgasse manövriert. Nun fehlt ihnen für die so dringend benötigte Führung in Europa der Rückhalt zu Hause. Keiner der beiden ist auf absehbare Zeit in der Lage, den Turbo der europäischen Sicherheits- und Wirtschaftspolitik zu zünden. Keiner der beiden ist in der Lage, auf internationaler Bühne Europa anzuführen. Sie schwächen ein starkes Europa, das jetzt eigentlich nötig wäre. Mit Deutschland ist frühestens wieder im Frühling zu rechnen, während Frankreich nach der Präsidentschaftswahl 2027 wieder eine größere Rolle spielen kann."