06. Dezember 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Heute mit Kommentaren zu den Plänen von SPD, Grünen und Linken, das Abtreibungsrecht kurzfristig zu reformieren und zur Debatte um eine mögliche Friedenstruppe für die Ukraine. Beherrschendes Thema ist aber der Sturz der Regierung in Frankreich.

Der französische Premier Michel Barnier spricht vor der Nationalversammlung in Paris.
Nur drei Monate währte die Amtszeit von Premier Michel Barnier in Frankreich. (Michel Euler/AP/ dpa)
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU kritisiert: "Als wäre nichts: Mit blütenweißem Hemd und strahlendem Lachen besuchte Emmanuel Macron am Mittwoch eine Oase in Saudi-Arabien, wo er sich gerade zum Staatsbesuch aufhielt. Im 4000 Kilometer entfernten Paris trat derweil die Nationalversammlung zusammen, um der Regierung des Präsidenten das Vertrauen zu entziehen und Premier Michel Barnier seinerseits in die Wüste zu schicken. Der französische Präsident erkennt nicht, wie unpopulär und politisch isoliert er ist. Der nächste Regierungssturz ist programmiert", erwartet die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG überlegt: "Wäre Macron ein Pädagoge, würde er die Willigen aus dem sogenannten republikanischen Bogen zu sich rufen – alle außer den Extremen links und rechts, die ohnehin nur auf sein Amt schielen – und sie zu einer Koalition der nationalen Einheit bewegen. Aber dafür müsste der König eingestehen, dass die Not groß ist und er dafür die Hauptverantwortung trägt. Und das ist nun mal nicht sehr wahrscheinlich", so die Meinung der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg führt aus: "Frankreichs schwere innenpolitische Malaise schlägt auf Deutschland wie die gesamte EU durch. Emmanuel Macron und Olaf Scholz stoßen einander ab wie gleiche Pole eines Magneten. Weil das auch die Ebenen darunter erreicht, ist das deutsch-französische Verhältnis von vorbildlich auf erträglich abgesackt. Während sich zumindest in Deutschland eine Klärung der Verhältnisse mit der Bundestagswahl abzeichnet, droht beim Nachbarn bis zur Präsidentschaftswahl 2027 politische Lähmung. Es sei denn, Macron streicht zum Wohle des Landes eher die Segel", unterstreicht die VOLKSSTIMME aus Magdeburg.
Die Zeitschrift CICERO sieht es in ihrer Online-Ausgabe so: "Frankreich hat ebenso wie Deutschland das völlig überzogene System der sozialstaatlichen Umverteilung nicht reduziert. Der Sparwillen der Barnier-Regierung und Macrons kam viel zu spät und ist angesichts der früheren Super-Verschuldung für die meisten Franzosen nicht glaubwürdig. Die Wahrheit ist, dass sich niemand in Frankreich traut, eine wirkliche Lösung für das Schuldenproblem anzubieten", analysiert der CICERO.
Die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG kommt zu folgendem Schluss: "Es ist ein verantwortungsloses Schauspiel, das die Extremen in der Nationalversammlung aufführen. Marine Le Pen wollte sich dem Volk als pragmatische Politikerin empfehlen, doch sie kann nicht aus ihrer Haut: Sie will Macrons Kopf, will in den Élyséepalast einziehen. Koste es, was es wolle. Den Preis zahlen das Volk, Europa und die Ukraine. Macron wird seinen Platz nicht räumen, und ein neues Parlament kann frühestens kommenden Sommer gewählt werden. In Paris wird zunächst nichts gehen", erwartet die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG stellt heraus: "In Frankreich ist nicht nur die rechtsbürgerliche Minderheitsregierung gestürzt. Die Brandmauer, mit der sich die Linke von der extremen Rechten abgegrenzt hat, ist eingebrochen. Sozialisten, Grüne, Kommunisten und Linkspartei haben Marine Le Pen die Vorlage für den Misstrauensantrag geliefert. Es ist bezeichnend, dass die Grünen und die Sozialisten sich an dieser Demontage beteiligt haben. An der Regierungsfähigkeit der Schwesterparteien von SPD und Grünen darf man berechtigte Zweifel hegen", unterstreicht die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG blickt auf die Debatte um den Abtreibungsparagraphen 218: "Also doch. Als im Frühjahr dieses Jahres eine Kommission der Bundesregierung die robuste Liberalisierung von Abtreibungen in Deutschland empfahl, übte sich der Kanzler noch in Beschwichtigungen. Das sei nichts, was man unter Zeitdruck abhandeln könne, ließ Scholz damals mitteilen. Jetzt aber wollen viele Abgeordnete der Regierungsfraktionen und auch der Kanzler selbst genau das: noch mal eben am fein austarierten deutschen Abtreibungsrecht herumdoktern, kurz bevor man in seinem Bundestagsbüro eh die Kartons packen muss. Weil man nämlich, das hat eine SPD-Abgeordnete sogar freimütig so gesagt, nach der Neuwahl wohl nicht mehr die nötige 'progressive Mehrheit' dafür hätte. Sprich: schnell machen, bevor die lästigen Wähler dazwischenfunken. Geht es also letztlich nur um ideologische Symbolpolitik? Darum, den eigenen Milieus sagen zu können, man habe den Paragrafen 218 'gekickt', wie sich Ampel-Vertreterinnen bei einer ähnlichen Gelegenheit auszudrücken pflegten? Wenn es nur um solche Mätzchen geht, sollten Scholz und Co. erst recht das Tempo rausnehmen. Fällt ihnen in anderen Fragen ja auch nicht schwer", urteilt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Der SÜDKURIER aus Konstanz meint dazu: "Bis heute tun Frauen, die sich gegen ein Kind entscheiden, etwas Illegales und werden nur von der Strafverfolgung ausgenommen. Ärzte, die sie unterstützen, begeben sich regelmäßig in einen gesetzlichen Graubereich. Es gibt also guten Grund, das Recht endlich in die Moderne zu holen. Die Frage ist nur, ob das in den wenigen verbleibenden Sitzungswochen breit genug diskutiert werden kann. Denn die Gegnerschaft der Legalisierung ist groß, die Fronten ähnlich verhärtet wie bei der Sterbehilfe. Wer dieses Thema zu einem guten Ende bringen will, braucht etwas mehr Zeit", betont der SÜDKURIER.
Die STUTTGARTER ZEITUNG kritisiert: "Tatsächlich ist die Gesellschaft viel weiter als die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger im Bundestag. Immer wieder zeigen Umfragen, dass die Deutschen längst bereit sind für einen neuen Kompromiss. So ist eine Mehrheit der Meinung, dass der Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch verschwinden sollte. Wenn überhaupt etwas skandalös ist, dann dass ausgerechnet eine grünsozialliberale Regierung es in den vergangenen Jahren nicht geschafft hat, die Entkriminalisierung anzugehen", so die Meinung der STUTTGARTER ZEITUNG.
Der TAGESSPIEGEL aus Berlin schreibt zur Debatte um Friedenstruppen für die Ukraine: "Nach Berichten über den möglichen Einsatz der Bundeswehr im Rahmen einer Friedensmission in der Ukraine hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz klar gegen Spekulationen darüber gestellt. Sein Ärger ist deutlich. Zu Recht. Sozialdemokrat Scholz widerspricht entschlossen dem Eindruck, den Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen erweckt hat, und zwar, als spräche sie für die gesamte Bundesregierung. Das ist aber nicht so, und es dient auch nicht der Sache", heißt es im TAGESSPIEGEL.
Die BERLINER MORGENPOST hält fest: "Dass die Bundeswehr nicht in einen Einsatz geschickt werden darf, der in einen Krieg mit Russland mündet, ist selbstverständlich. Genauso klar ist: Deutschland als größter EU-Staat kann sich nicht wegducken. Die Kritiker etwa aus der Union wissen das. Sie nehmen Baerbock nur übel, dass sie das jetzt öffentlich ausspricht. Seltsam: Es ist bald Bundestagswahl - und eine zentrale Frage der Sicherheitspolitik soll zum Tabu erklärt werden? Umgekehrt wird ein Schuh daraus", findet die BERLINER MORGENPOST.
Abschließend noch ein Kommentar zur Vergabe der Übertragungsrechte an der Fußball-Bundesliga für über eine Milliarde Euro. Der KÖLNER STADT-ANZEIGER meint dazu: "Überraschend ist, wie groß der Wettbewerb um die sündhaft teuren Pakete überhaupt war. Obwohl der Werbemarkt einbricht. Obwohl Konsumenten sehr genau darauf achten, wofür sie ihr Geld ausgeben. Fans brauchen nun weiter zwei Abos für alle Live-Spiele. Wie teuer das künftig wird? Offen. Dass sie sich deshalb von der Bundesliga abwenden? Diese Gefahr scheint niemand zu sehen. Nur so lässt sich erklären, dass Pay-TV-Anbieter ebenso wie die Öffentlich-Rechtlichen fleißig und hoch mitboten, ebenso Privatsender wie RTL."