Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG geht ein auf Israels Militäroperationen in dem Nachbarland: "Niemand kann ein Interesse daran haben, dass die Waffen des gestürzten Assad-Regimes, womöglich sogar chemische Kampfstoffe, in großer Zahl in die Hände von Islamisten oder anderen Gruppen fallen, von denen man nicht weiß, welche Ziele sie verfolgen. Syrien befindet sich in einem Zustand der Kontroll- und Rechtlosigkeit, da ist schnelles Handeln erforderlich. Zumindest die israelischen Luftschläge gegen syrische Militäreinrichtungen sind sinnvoll. Auch die Amerikaner hatten gute Gründe, Stellungen des 'Islamischen Staats' zu bombardieren. Diese grausame Terrorbande sollte nicht noch einmal größeren Einfluss auf Syriens Schicksal gewinnen; es wäre auch eine Bedrohung für Europa", mahnt die F.A.Z.
Die HESSISCHE/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE aus Kassel beobachtet: "Türkische Truppen kämpfen gegen eine kurdische Autonomie im Nordosten Syriens. Es sind jene Kurden, die westlichen Verbündeten einst halfen, die Schreckensherrschaft des 'Islamischen Staats' zu beenden. Die Führungsriege der Miliz, die nun versprochen hat, in Damaskus eine Übergangsregierung zu installieren und für Stabilität zu sorgen, hat ihre Wurzeln im IS. Ob Islamisten dieses Schlages jemals einen neuen, funktionierenden Staat entstehen lassen, in dem die Rechte aller Menschen gewahrt werden, ist nur eine von vielen zweifelnden Fragen", notiert die HESSISCHE/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE.
Auch die VOLKSSTIMME aus Magdeburg beleuchtet die Strategie der Türkei: "Ankara hatte im Norden Syriens gewaltsam eine Pufferzone geschaffen, um sich den Bürgerkrieg und die selbstbewussten Kurden vom Hals zu halten. Zugleich nahm die Türkei insgesamt rund drei Millionen syrische Flüchtlinge auf. Dieser Akt nachbarschaftlich-muslimischer Solidarität entfaltete ein enormes Konfliktpotenzial. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte geraume Zeit vergeblich versucht, mit dem Regime in Damaskus Rückführungen auszuhandeln. Nun strömen Syrer von sich aus an die Grenzübergänge - die befreite Heimat ruft. Gelingt die gewaltfreie Rückkehr, kann das ein Beispiel für Millionen Syrer in Europa sein", vermutet die VOLKSSTIMME.
Die Zeitung DIE WELT gibt zu bedenken: "Der Bürgerkrieg könnte auch weitergehen – das wäre eine menschliche Katastrophe. Die Voraussetzungen für eine stabile Gesellschaft sind nicht gut, eine freiheitliche Demokratie ist ohnehin völlig undenkbar. Es drohen Verhältnisse wie im Irak nach dem Sturz von Machthaber Saddam Hussein, mit Abrechnungen, Gräueltaten und dauerhaft ungeklärten Machtverhältnissen. Im Moment sieht es so aus, als ob die Islamisten-Allianz Hayat Tahrir al-Scham die Zügel in der Hand hielte. Aber das muss nicht so bleiben, die Gruppen der 'Rebellen' sind ein Konglomerat aus Rivalen, hinzu kommen machtvolle regionale und lokale Akteure und eine religiös-ethnische Vielfalt aus Alawiten, Sunniten, Kurden und Drusen.Syrien ist noch lange nicht frei", ist sich DIE WELT sicher.
Der SÜDKURIER aus Konstanz wirft ein: "Die jahrzehntelange Einmischung des Iran, seiner Hilfstruppe Hisbollah und Russlands ist abgestellt, jetzt muss das Momentum genutzt werden. Bedauerlich, dass das Ende der Diktatur für den Westen einen ungünstigen Zeitpunkt trifft. Deutschland, Frankreich und die USA sitzen mit Regierungen auf Abruf auf einer Zuschauerbank. Für Syrien gibt es derzeit das Prinzip Hoffnung. Es durch aktive Außenpolitik zu ersetzen, muss die neue Aufgabe sein." Das war der SÜDKURIER.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG hebt hervor: "Wichtig ist jetzt, nach vorne zu schauen, eine bessere Zukunft aufzubauen. Aber klar ist: Wie immer diese Zukunft aussehen wird, es kann nicht akzeptabel sein, wenn im neuen Syrien die gewöhnlichen Taschendiebe im Gefängnis landen und die größten Verbrecher – das heißt, die Folter-Sadisten, aber auch die Assad-Generäle mit ihren Fassbomben – frei herumlaufen. Nur deswegen braucht es jetzt Strafprozesse – um diese Pervertierung der Gerechtigkeit mit Blick auf die Zukunft zu beenden. Und damit die syrische Gesellschaft endlich aus dem Assad-Schatten heraustreten kann. Prozesse für die Regimeverbrecher wären auch ein Zeichen dafür, dass der Bürgerkrieg vorbei ist", meint die SÜDDEUTSCHE.
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG empfiehlt: "Wenn die Lage in Syrien bald eine Rückkehr der geflohenen Menschen zulässt, dann sollten die deutschen Behörden auch mit Konsequenz dafür sorgen, dass dies geschieht. Immer noch leben zu viele Menschen in Notaufnahmelagern. Die Kommunen kommen weiterhin bei der Versorgung der Flüchtlinge mit Kita- und Schulplätzen sowie mit Wohnungen nicht hinterher. Auch die Integrationskurse reichen nicht aus. Eine Stabilisierung Syriens ist die Chance, aus dieser Überforderung herauszukommen", lesen wir in der LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
Themenwechsel. Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus bemerkt zur Wahlkampfstrategie der Freien Demokraten: "Eine ganz auf den FDP-Chef ausgerichtete Kampagne ist mutig. Immerhin ist der Ex-Finanzminister wegen des Umgangs mit dem 'D-Day'-Papier einer der unbeliebtesten Politiker Deutschlands. Zugleich bleibt der Lindner-FDP auch nichts anderes übrig – die Liberalen haben sonst keinen. Und: Gewählt wird erst in zweieinhalb Monaten. Bis dahin kann noch viel passieren."
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG schätzt die Lage der Partei wie folgt ein: "Erstens hat die FDP durch die letzten Landtagswahlen, bei denen sie in Thüringen, Sachsen und Brandenburg krachend scheiterte, an Präsenz in der Fläche verloren. Schwerer aber wiegt die Täuschung der Öffentlichkeit über den minutiös geplanten Ampel-Ausstieg. Über die geschmacklose Wortwahl – von 'D-Day' bis 'offene Feldschlacht' – wird der eine oder andere Wohlgesinnte hinwegsehen. Doch die Glaubwürdigkeit von Christian Lindner selbst ist erschüttert worden. Den Plan zum Ampel-Ende nennt er inzwischen ein 'Praktikanten-Papierchen' – als würden im Genscher-Haus Praktikanten selbsttätig einen Regierungssturz vorbereiten. Wer soll das glauben? In dieser Lage allein auf ihn zu setzen, ist hochgefährlich", schreibt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Ähnlich äußert sich das STRAUBINGER TAGBLATT: "Mit einem lahmenden Zugpferd in einen Wahlkampf zu reiten, ist keine gute Idee. Die FDP tut es trotzdem. Die Kampagne wird voll auf den gefeuerten Finanzminister Christian Lindner zugeschnitten. Alles lässt sich ändern, ist der Leitspruch für die Plakate, die den Vorsitzenden zeigen. Bemerkenswert daran ist, dass die Freien Demokraten nach den erschütternden Enthüllungen um ihren lange geplanten Koalitionsbruch mit denselben Leuten weitermachen, sieht man von den Abgängen des Generalsekretärs und eines Büroleiters ab. Alles für Lindner könnte die FDP ebenfalls auf die Plakate drucken. Nun steht die Partei mit einem schwächelnden Spitzenkandidaten nicht allein da. Auch Kanzler Olaf Scholz für die SPD und Wirtschaftsminister Robert Habeck für die Grünen sind Frontmänner, bei denen der Lack ab ist", argumentiert das STRAUBINGER TAGBLATT.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER stellt fest: "Die zentralen Wahlkampfthemen Wirtschaft, Bürokratieabbau, Schuldenbremse sind liberale Dauerbrenner. Neu ist der Fokus auf die Migrationspolitik, mit einem durchaus scharfen Unterton. Anders als 2021, als im Wahlprogramm versichert wurde, es gehe 'nicht um Farbenspiele' setzt die FDP diesmal klar auf eine Koalition mit der Union und hat zur Sicherheit sogar ihren Slogan passend schwarz auf gelb gedruckt. Es lässt den Schluss zu: Um sich in den Bundestag zu hieven, setzt Lindner darauf, die Wählerinnen und Wähler anzusprechen, denen die AfD doch zu unappetitlich ist. Es ist ein sehr einseitiger Fokus, in der Zuspitzung liegt das Risiko, das moderatere FDP-Klientel zu verprellen. Geht die Strategie nicht auf, wird sich dennoch etwas ändern – die FDP läge in Scherben." Und mit diesem Auszug aus dem KÖLNER STADT-ANZEIGER endet die Presseschau.