Zum ersten Thema heißt es in der TAGESZEITUNG aus Berlin: "Was passieren kann, wenn demokratische Parteien nicht in der Lage sind, sichzu einigen, führt Österreich gerade in aller Deutlichkeit vor. Dort haben ÖVP, SPÖ und Neos keinen Minimalkonsens für eine Koalition gefunden, nun droht dem Land eine Regierung, in der die rechtsextreme FPÖ mitmischt. Das gab es zwar schon mehrfach, neu indes ist, dass die FPÖ nicht mehr Juniorpartner ist. Jetzt könnte sie, weil sie aus der Parlamentswahl im September als stärkste Kraft hervorgegangen ist, den Kanzler stellen. Damit steuert Österreich in einen Nationalismus neuer Qualität, der auf Neoliberalismus, noch mehr Ausländerfeindlichkeit und eine stärkere Distanz zu Europa setzt. Für die Menschen in Deutschland sollte das Alarmsignal und Aktionsmoment zugleich sein", empfiehlt die TAZ.
Das Magazin CICERO meint: "Im Sinne der Glaubwürdigkeit der repräsentativen Demokratie wurde jetzt, einmal mehr, reichlich Porzellan zerschlagen, weil man den Wählerwillen nicht einfach ignorieren sollte. Das hat schon etwas von Karma, wenn man dann scheitert. Herbert Kickl sei mit seiner FPÖ nicht ausgegrenzt worden, er habe sich über Jahre hinweg selbst ausgegrenzt, war und ist nach wie vor zwar zu hören. Doch diese Argumentation ist fragwürdig, weil es in einer repräsentativen Demokratie eben nicht darum geht, wie gut sich Politiker und Parteien untereinander vertragen", ist im CICERO zu lesen.
In einem Kommentar von T-ONLINE heißt es: "Sollte es zu einer Koalition kommen, wird Österreich nun deutlich nach rechts rücken. Darüber freuen sich in der westlichen Hemisphäre vor allem die politischen Akteure, die für mehr nationalen Protektionismus eintreten und die sich international immer besser vernetzen. Das Umfeld des künftigen US-Präsidenten Donald Trump, der Rassemblement National in Frankreich, die AfD in Deutschland oder Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán sind dafür nur einige Beispiele. Diese Gefahr müssen die Parteien der demokratischen Mitte weltweit ernst nehmen, in Österreich hat genau das nicht funktioniert", bedauert T-ONLINE.
Die HEILBRONNER STIMME sieht die politische Entwicklung in Österreich mit Sorge: Die letzte Brandmauer im Nachbarland ist gefallen, die konservative ÖVP unterwirft sich als Juniorpartner der rechtspopulistischen FPÖ. Was in den dortigen Bundesländern mittlerweile an der Tagesordnung ist, wird nun auch im Bund vollzogen. Was geht uns schon Österreich an, mag manch ein deutscher Wahlkämpfer behaupten. Sehr viel sogar. Denn es setzt sich damit eine Entwicklung fort, die Europa Schritt für Schritt nach Rechts rückt. Die FPÖ steht hinter ihrer lächelnden Fassade für Ausgrenzung, Hass, Häme und ein extremes Freund-Feind-Bild. Aber was zählen schon Grundrechte, EU-Mitgliedschaft, Meinungsfreiheit und Menschenrechte, wenn es um situationselastische Polit-Programmatik geht. Österreich ist der nächste fallende Mosaikstein auf einem europäischen Weg, der erschreckend ist", hebt die HEILBRONNER STIMME hervor.
Die Entwicklung in Österreich sollte für die Deutschen eine Warnung sein, unterstreicht die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. "In Deutschland sollte man sich die politische Situation im Nachbarland, in dem man so gerne Urlaub macht, genau anschauen. Sie mag auf den ersten Blick skurril sein. Aber sie erzählt sehr genau vom Zerfall der einstigen Volksparteien und der Schnelligkeit, mit der rechtspopulistische bis rechtsextreme Kräfte an die Macht gehievt werden. Sie könnte der Modellfall für etwas sein, das man in einigen Monaten vielleicht auch in Deutschland beobachten kann", prognostiziert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Ähnlich sieht es die AUGSBURGER ALLGEMEINE: "Auch wenn der Siegeszug der Rechtspopulisten in Deutschland längst nicht so weit fortgeschritten ist, sind die Geschehnisse in Österreich eine Mahnung. Die Parteien der Mitte müssen bündnisfähig bleiben – trotz Maximalforderungen im Wahlkampf. Und sie müssen die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen und deren Probleme lösen, wenn sie ein Erstarken der Ränder verhindern wollen."
Und damit zum Dreikönigstreffen der FDP. Dazu ist in der STUTTGARTER ZEITUNG zu lesen: "Das eigentliche Problem ist die Art, wie ideenlos und handwerklich schlecht die FDP in der Ampelkoalition agiert hat. Von Beginn an fiel Lindner nichts anderes ein, als auf ein Nein zu Steuererhöhungen und eine Rückkehr zur Schuldenbremse zu pochen. Das reicht nicht für eine gelungene Regierungsbeteiligung. Die FDP setzte darauf, die Ideen der anderen zu sabotieren, statt sich klug einzubringen. Dabei wäre es zum Beispiel spannend gewesen, wenn die FDP versucht hätte, die Klimapolitik der Grünen mit marktwirtschaftlichen Instrumenten deutlich besser zu machen. Dieser Geist hat der Ampel gefehlt. Das hat nicht allein, aber eben doch viel mit der FDP zu tun", ist die STUTTGARTER ZEITUNG überzeugt.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg sieht das Treffen der FDP kritisch: "Die Liberalen haben vor dem Dreikönigstag die letzte Chance verpasst, sich lieber von ihrem größten Problem als vom Wähler zu verabschieden: von ihrem Chef Christian Lindner. Selbstkritik nach dem Ampel-Aus? Kaum; selbst das D-Day-Papier zum geplanten Koalitionsbruch will er nicht gekannt haben. Da kommt zu Linders Selbstgerechtigkeit fehlende Glaubwürdigkeit hinzu. Dass die Liberalen dennoch auf ihn setzen, zeugt zwar auch von Mangel an Realismus. Aber dann lässt es sich leichter an Wunder glauben", merkt die VOLKSSTIMME sarkastisch an.
Die FDP sollte nicht schlecht geredet werden, meint die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG. "Wer mit Schadenfreude über die an Ausweglosigkeit grenzende Lage der FDP reagiert, macht es sich zu einfach. Zumindest der Wiedereinzug in den Deutschen Bundestag ist den Liberalen zu wünschen. Denn mit der FDP bliebe eine dezidiert europafreundliche, klar transatlantisch ausgerichtete Partei im Parlament – und somit der öffentlichen Wahrnehmung – vertreten, der auch bürgerliche Freiheiten nicht gleichgültig sind. Und als Anwalt der mittelständischen Wirtschaft bereicherte sie in jedem Fall die Opposition jenseits von AfD und BSW", findet die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen wirft Lindner vor, angesichts schlechter Umfragewerte, Angst als politisches Mittel einzusetzen: "Ein Vorgehen, das er populistischen Parteien wie der AfD und dem BSW vorwirft – um dann selbst dieser Versuchung nicht widerstehen zu können. Denn Lindner ruft die bevorstehende Bundestagswahl zur entscheidenden Schlacht aus, in der es um nichts weniger geht als darum, wie unsere Demokratie ab 2029, also nach der übernächsten Bundestagswahl, aussehen wird."
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz schreibt: "Lindner hat empfohlen, Deutschland solle 'mehr Milei und Musk wagen'. Was für eine irrlichternde Figur der US-Milliardär ist, hat er mit seinem Wahlaufruf für die AfD bewiesen. Der ultraliberale argentinische Präsident Milei ist für Auftritte mit der Kettensäge bekannt. Lindner hat als Finanzminister gezeigt, dass er schon mit normalem Werkzeug nur bedingt umgehen kann. Wer wird ihm eine Kettensäge geben wollen? Falls die Wähler der FDP noch eine Chance geben, kann man nur hoffen, dass sie sich diese wenigstens im Nachhinein verdient", notiert die FREIE PRESSE.
Nach Ansicht der MÄRKISCHEN ODERZEITUNG wird Zitat - ein schmutziger Wahlkampf im Moment vor allem herbeigeredet. "Es ist nicht sinnvoll, bei jeder kleinen Bemerkung in echte oder gespielte Rage zu geraten. Was zum Beispiel war denn so furchtbar an der Scholz'schen 'Fritze'-Bemerkung über Tünkram? Das hält der Unions-Kanzlerkandidat schon aus. Und auch die Einmischung eines Multimilliardärs oder die Einflussnahme russischer Medien, Bots oder Trolle wird die Bundestagswahl nicht entscheiden. Das zu glauben, hieße, die deutschen Wählerinnen und Wähler für ziemlich unmündig zu halten. Das sind sie nicht", betont die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder.