08. Januar 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Die deutsche Klimabilanz ist ebenso Thema wie die Debatte über Karenztage im Krankheitsfall. Außerdem geht es um die Abschaffung des Faktenchecks bei den Angeboten des Internetkonzerns Meta.

Energiepark Lausitz: Auf einer großen Fläche stehen Windräder und Solaranlagen.
Energiepark Lausitz bei Klettwitz im Land Brandenburg. (imago / Andreas Franke)
Die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN loben, dass Deutschland im vergangenen Jahr das Klimaziel erreicht hat: "Eine gute Nachricht, in der aber auch eine schlechte Nachricht steckt. Aktuelle Daten der Denkfabrik Agora Energiewende zeigen, dass der überraschend starke Rückgang der CO2-Emissionen zu einem erheblichen Teil auf einen heftigen Einbruch der industriellen Produktion zurückzuführen ist: ein untrügliches Zeichen für Deindustrialisierung. Nahe liegt die Schlussfolgerung, dass Klimaschutz mit ökonomischer Agonie erkauft wird. Das Gegenteil ist richtig: Die Deindustrialisierung ist eng mit dem Energiepreisschock nach dem russischen Angriff auf die Ukraine vor knapp drei Jahren verknüpft. Aber nicht nur: China spielt eine Hauptrolle. Insbesondere weil globale Märkte zunehmend mit billigen chinesischen Produkten überschwemmt werden. Grundfalsch wäre nun, ein Zurückfahren des Klimaschutzes zu betreiben", mahnen die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN.
"Entscheidend ist, dass der Treibhausgasausstoß insgesamt gefallen ist", heißt es in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. "Das ist eine gute Nachricht, denn der Kampf gegen die Erderwärmung erlaubt keine Trödelei. Allerdings muss man sich fragen, zu welchem Preis die Minderung zustande gekommen ist. Dass die Industrie ihre Emissionsvorgaben einhält, hat mit der Wirtschaftsschwäche zu tun. Dass es im Verkehr und in den Gebäuden nicht noch übler aussieht, liegt am schwachen Lastverkehr in der Rezession und am milden Winter. Strukturell gelingt der Umbau zur ökologischen Wirtschaft also noch nicht", bilanziert die F.A.Z.
"Man muss sich klarmachen: Zuletzt lagen die deutschen Emissionen in den 1950er Jahren auf diesem Niveau", betont die FRANKFURTER RUNDSCHAU. "Es ist richtig, diesen Erfolg beim Klimaschutz zu würdigen. Also alles im grünen Bereich? Leider noch nicht. Trotz der Erfolge gilt: Die Herausforderungen, die Deutschland bis zu der für 2045 angepeilten Klimaneutralität zu bewältigen hat, sind sogar noch größer als die zurückliegenden. Denn während die Bundesrepublik für die erste Hälfte der CO2-Minderung rund dreieinhalb Jahrzehnte gebraucht hat, bleiben für den Rest nur noch zwei. Das heißt, das Tempo des Umbaus muss praktisch verdoppelt werden", rechnet die FRANKFURTER RUNDSCHAU vor.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG kritisiert: "Hierzulande gelten Elektroautos, Wärmepumpen, Windräder oder Solaranlagen immer noch als irgendwie politisch links. Das ist absurd. In ruhigeren Zeiten hätte man dazu wohl 'Vorsprung durch Technik' gesagt und wäre stolz auf heimische Hersteller gewesen. Fürs Klima dürften diese Technologien angesichts der zuletzt steil ansteigenden globalen Temperaturen ohnehin die letzte Rettung sein. Auch deshalb gilt: Jeder Versuch, den Wandel aufzuhalten, führt perspektivisch zu erheblichen Turbulenzen. Klimatisch. Und wirtschaftlich", schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG unterstreicht: "Tatsächlich sollte sich Deutschland nicht auf dem Erreichten ausruhen, zumal die Klima-Performance im Gebäude- und Verkehrssektor sowie in Teilen der Industrie, noch sehr ausbaufähig ist. Dass die breite Akzeptanz für eine ambitionierte Klimapolitik bei den Bürgern schwindet, ist offensichtlich; nicht nur die AfD versucht sich diese Stimmung im Wahlkampf zu Nutze zu machen, indem sie der Aufgabe aller Klimaschutzziele das Wort redet. Das kann es aber doch wohl nicht sein."
Zum nächsten Thema. Arbeitnehmer sollen nach Ansicht von Wirtschaftsvertretern und Ökonomen in den ersten Tagen einer Krankheit künftig keinen Lohn mehr erhalten. Aus Sicht des Portals T-ONLINE eine sinnvolle Überlegung: "Wenn es am ersten Tag ohne Krankschreibung keinen Lohn mehr gäbe, fielen die Bettkantenentscheidungen mit Sicherheit anders aus. Denn seien wir ehrlich: Zum Arzt rennen, einen Schnupfen vortäuschen für eine Krankschreibung – das machen wegen null Bock dann wohl doch die wenigsten. Die Folge der Idee: In Deutschland würde substanziell mehr gearbeitet. Und genau das braucht das Land jetzt auch. Zwar ist die Beschäftigung, wie es Arbeitsminister Hubertus Heil stets betont, auf einem Rekordniveau angelangt. Aber: Die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden ist in diesem Zuge nicht gestiegen, seit 1991 stagniert sie nahezu – und das, obwohl wir angesichts der schwächelnden Wirtschaft eigentlich alle viel mehr arbeiten müssten. Denn eins ist klar: Wenn sich nicht alle mehr anstrengen, mehr anpacken, ist unser Wohlstand in Gefahr", ist bei T-ONLINE zu lesen.
Der Berliner TAGESSPIEGEL folgt dieser Argumentation nicht: "Der Ansatz, man müsse nur die Daumenschrauben ein wenig fester anziehen und alles werde schon gut, greift zu kurz. Denn die Ursache der wirtschaftlichen Stagnation liegt nicht etwa in Deutschlands vermeintlich arbeitsscheuen Einwohnern. Vielmehr leidet das Land in der Struktur. Der Vorschlag eines Karenztages taugt dazu, Deutschlands Probleme noch zu verschlimmern. Denn wer sich gezwungen fühlt, krank zur Arbeit zu gehen, wird am Ende in vielen Fällen noch kränker sein – und damit höhere Kosten verursachen", bemerkt der TAGESSPIEGEL.
"Zur Wahrheit gehört auch, dass viele Arbeitnehmer trotz Krankheitssymptomen im Homeoffice arbeiten", wirft die BERLINER MORGENPOST ein: "Moderne Arbeitsregelungen machen das ja häufig möglich. Davon profitiert der Arbeitgeber. Natürlich gibt es auch Menschen, die einen Tag vor oder nach einem Wochenende oder bei Brückentagen gern mal krank sind. Schon jetzt kann ein Chef bei begründetem Verdacht ab dem ersten Tag eine vom Arzt ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangen. Dafür muss aber nicht die Karenztagregelung eingeführt werden." So weit die BERLINER MORGENPOST und so viel zu diesem Thema.
In Zukunft wird in den USA nicht mehr von Faktencheckern überprüft, ob das, was auf Meta-Plattformen wie Facebook und Instagram geschrieben wird, auch der Wahrheit entspricht. Die KIELER NACHRICHTEN erläutern: "Kurz vor der erneuten Amtsübernahme von Donald Trump als Präsident der USA bringt Facebook-Gründer Mark Zuckerberg seinen Social-Media-Konzern Meta voll auf die Linie des künftig wieder mächtigsten Mannes der Welt. Zuckerberg folgt dem Beispiel Elon Musks. Seitdem dieser Twitter gekauft, in X umbenannt und nach seinen Vorstellungen umgeformt hat, hat sich das Netzwerk mehr und mehr zu einem Tummelplatz für Rechtsextreme, Trolle und Propagandisten entwickelt. Sie können dort nun ungestört hetzen, mobben, agitieren. Verboten oder eingeschränkt bleibt oder wird dagegen, was Musk persönlich missfällt. Eine solche Entwicklung droht jetzt auch auf Facebook und Instagram. In Zeiten, in denen Populismus, Rechtsextremismus und Desinformation weltweit auf dem aufsteigenden Ast sind, ist das besonders gefährlich – zumal die beiden Plattformen um ein Vielfaches größer sind als X", argumentieren die KIELER NACHRICHTEN.
SPIEGEL ONLINE titelt: "Mark Zuckerberg kapituliert", und führt aus: "Die von Zuckerberg skizzierten Grundzüge deuten auf ein System hin, das auf die Kosten der Schwächsten geht: Rassistische Beschimpfungen etwa können künftig wohl folgenlos verbreitet werden, solange man sie nur in einem Umfeld äußert, in dem niemand daran Anstoß nimmt – oder sich niemand traut, gegen den vermeintlichen 'Mainstream-Diskurs' anzuschwimmen. Die Lautesten hingegen werden gewinnen", erwartet SPIEGEL ONLINE.
Die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide sieht es so: "Dem Umgangston dürfte dieser Kurs nicht zuträglich sein, der Bandbreite der Themen und Meinungen aber durchaus. In Deutschland und der EU ist Zuckerberg weniger frei in seinem Handeln, da Gesetze Online-Plattformen eine gewisse Verantwortung für die dort verbreiteten Inhalte auferlegen. Doch die Diskussion über die Legitimität von Faktenprüfern wird auch in Deutschland geführt werden."