22. Januar 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Heute mit Stimmen zur aktuellen Debatte über ein mögliches AfD-Verbotsverfahren. Zentrales Thema aber bleibt der Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump.

Donald Trump hebt die Hand bei der Vereidigung als US-Präsident.
Als 47. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt: Donald J. Trump. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Kevin Lamarque)
Dazu lesen wir in der TAGESZEITUNG aus Berlin: "Trumps Agenda, tausendfach vorab verkündet und am ersten Tag mit einer Flut von Dekreten begonnen, ist die eines radikalen Umbaus. Sie ist eine Botschaft, die von Feindschaft lebt: Feindschaft zu allem Linken, Feindschaft gegenüber Faktencheckern und unabhängigen Medien, Feindschaft gegenüber Bürgerrechten und internationalen Verpflichtungen, Verachtung gegenüber Minderheiten. Trump ist ausgestattet mit einem komfortablen Wahlsieg. Er wird getragen von einer gehirngewaschenen Basis, die Trumps Abschiebedekrete in Washingtons Capital One Arena so ekelhaft feierte wie deutsche Dorffeste den Gigi-Song. Trump selbst hat den 20. Januar 2025 zum 'Tag der Befreiung' erklärt. Tatsächlich ist es der Tag der friedlichen Machtübergabe an jemanden, der diese Macht niemals hätte bekommen dürfen", kritisiert die TAZ.
"Wohl kaum ein Land verehrt seine Verfassung wie die USA", notiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Trotz archaischer Waffengesetze ist sie Garant für Stabilität und Gewaltenteilung. Brandgefährlich ist es also, dass Trump wie angekündigt kaum im Amt seinen Frontalangriff auf dieses Fundament der USA startet. Seine erneute Präsidentschaft wird die Welt erschüttern - doch vor allem löst sie innenpolitisch ein Ringen mit dem Rechtsstaat aus. Hier muss eine Gegenbewegung intervenieren und unter Achtung des Rechtsstaats Trumps Machenschaften Einhalt gebieten. Klagen sind ein Anfang. Protest aus der Gesellschaft muss folgen", verlangt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
"Größere Sorgen als die Amerikaner selbst müssen sich die transatlantischen Partner machen", erläutert das HANDELSBLATT: "Was Trump außenpolitisch auch plant, es wird vor allem Europa treffen. Seien es seine geopolitischen Reflexe um Grönland, Panama, sogar Kanada, die am Ende das Denken in Einflusssphären und völkerrechtswidrige Landnahme à la Putin als Option legitimieren. Die Führungsmacht des Westens verabschiedet sich nun nicht nur von der Ordnung, die sie selbst nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen hat. Die größte Volkswirtschaft der Welt ist auch vom Garanten vor allem der europäischen Sicherheitsarchitektur zum Gefährder derselben geworden. Niemanden würde es wundern, wenn Trump in einem Post auf X demnächst den Austritt aus der NATO ankündigt", ist das HANDELSBLATT überzeugt.
Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm beleuchtet Trumps Klimapolitik: "Der Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen ist sicherlich keine gute Nachricht. Er sollte aber auch nicht überbewertet werden. Das zeigen die Erfahrungen mit dem ersten Austritt: Andere große Emittenten wie die EU und China haben ihre Anstrengungen zum Teil sogar verstärkt. Selbst in den USA hat sich fast die Hälfte der Bundesstaaten in einer Klimaallianz weiterhin zum Abkommen bekannt. Wie schwer der US-Austritt tatsächlich wiegt, hängt vor allem davon ab, ob sich diese Dynamik wiederholt", meint die SÜDWEST PRESSE.
In der RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz heißt es: "Was Trump unter der in seiner ersten Rede an die Nation angekündigten 'Revolution des gesunden Menschenverstands' versteht, lässt sich an der Flut an Dekreten ablesen, die er am Tag eins seiner Präsidentschaft unterschrieb. Deren Inhalt lässt sich mit drei Wörtern beschreiben: Ausgrenzen, Abschieben und Abreißen. Dass er wieder da ist, schafft eine wenig komfortable Realität, der wir uns jetzt stellen müssen. Mutig, klug und selbstbewusst", fordert die RHEIN-ZEITUNG.
"Der Wiedereinzug Donald Trumps ins Oval Office stellt auf der weltpolitischen Ebene einen gigantischen Einschlag dar", glaubt die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide: "War 'Zeitenwende' bislang ein von Olaf Scholz eingeführter, aber weitgehend wirkungslos verpuffter Begriff, lädt Donald Trump ihn im Eiltempo mit Bedeutung auf. Die von ihm zu befürchtende 'maximale Disruption' hat das Zeug dazu, dass sich nicht etwa ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten entwickelt, sondern dass es in seiner bestehenden Form zu existieren aufhört. Genügend Anhänger dieser Vorstellung gibt es auch hierzulande schon jetzt reichlich", unterstreicht die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE moniert: "Nun rächt sich, dass die vergangenen vier Jahre nicht ausreichend genutzt wurden, um sich wirtschaftlich und sicherheitspolitisch stärker zu emanzipieren. Trump und seine Mannschaft kennen unsere Schwächen gut genug, um sie gegen uns auszuspielen. Das muss Deutschland besonders bekümmern. Auf die nächste Bundesregierung, so viel steht bereits fest, warten gigantische Herausforderungen." So weit die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg bemerkt: "Der aussichtsreichste Kanzlerkandidat Friedrich Merz fordert Selbstbewusstsein und europäische Einigkeit, um mit Donald Trump zurechtzukommen. Gleichzeitig will Merz weiter zwei BIP-Prozent für die Verteidigung. Damit bringt der CDU-Chef den neuen US-Präsidenten schon mal in Rage: Der verlangt von den NATO-Mitgliedern eine Fünf-Prozent-Rüstungsquote. Es gibt dafür in der deutschen Nachbarschaft durchaus offene Ohren; in Polen, Tschechien und dem Baltikum etwa. Schon ist sie an dieser Stelle dahin, die Gemeinsamkeit der Europäer", gibt die VOLKSSTIMME zu bedenken.
"Die Bundesrepublik muss nun schnell lernen, mit Trump und seinem aggressiven Politikstil umzugehen", rät der TAGESSPIEGEL aus Berlin: "Der erhobene moralische Zeigefinger wird dabei nicht helfen. Neue Zeiten erfordern neue Blickwinkel: In Europa hat Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni den engsten Kontakt ins Trump-Lager. Mehr noch: In Brüssel pflegt die Postfaschistin einen engen Draht zu EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Meloni ist ins Zentrum der EU gerückt – und kann mit Trump auf Augenhöhe sprechen. Warum sollte Deutschland so etwas nicht auch gelingen?", fragt der TAGESSPIEGEL.
Nun ein Blick in die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG - sie befasst sich mit der aktuellen Debatte über ein mögliches AfD-Verbotsverfahren: "Nächste Woche berät der Bundestag erstmals, ob er beim Bundesverfassungsgericht ein Verbot der AfD beantragen soll. Grundlage der Debatte ist eine Initiative von mehr als 100 Abgeordneten mehrerer Fraktionen. So sympathisch das Vorhaben ist: Hoffentlich findet es jetzt keine Mehrheit. Ein Verbotsantrag, den der Bundestag direkt vor seiner Neuwahl beschlösse, wäre höchst riskant. Juristisch hätte er ja zunächst keine Konsequenz – die politische Folge aber könnte sein, dass sich noch mehr Menschen mit der AfD solidarisieren und sie so von 20 auf 22 oder 24 Prozent bringen. Ein Verbotsantrag löst ein langes Verfahren aus. Das bringt man besser nicht kurz vor einer Wahl, sondern kurz danach auf den Weg", hebt die SZ hervor.
"Das immer wiederkehrende Thema eines AfD-Verbots ist alles andere als trivial", unterstreicht die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Die Verfassung unserer wehrhaften Demokratie verfügt nun einmal über das Instrument eines Parteiverbots. Und es ist auch nicht so, dass die AfD keinen Anlass böte, darüber nachzudenken. Gerade hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht bestätigt, dass der Landesverfassungsschutz die Partei als 'gesichert rechtsextremistisch' einstufen darf. Auch das heißt freilich nicht automatisch, dass ein Verbotsverfahren erfolgreich wäre. Dazu muss eine Partei nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger 'darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden'", analysiert die FAZ.
Auch die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) ist skeptisch: "Die Wähler entscheiden sich in der überwiegenden Mehrheit nicht für die AfD, weil sie die Demokratie abschaffen wollen. Sie haben vielmehr den Eindruck, dass ihre politischen Ziele von den anderen Parteien ignoriert werden. Daran würde auch ein Verbot nichts ändern, es würde das Misstrauen sogar weiter anheizen."