Nachdem die Union erstmals eine Mehrheit mit der AfD im Bundestag in Kauf genommen hat, gab es am Wochenende Proteste in vielen Städten. Dazu schreibt die SÜDWEST PRESSE aus Ulm: "Zehntausende gehen in diesen Tagen in Deutschland auf die Straße. Sie protestieren völlig zu Recht gegen das gebrochene Versprechen von CDU, CSU, FDP und teilweise des BSW, in irgendeiner Weise mit der AfD zusammenzuarbeiten. Und auch wenn es Friedrich Merz anders sieht – eine Abstimmung mithilfe der Rechtsaußenpartei gewinnen zu wollen, ist Kooperation, fast schon Kollaboration, Zusammenarbeit mit dem Feind. Aus dem Protest dagegen den 'Aufstand der Anständigen' zu machen, ist allerdings eine moralische Überhöhung", meint die SÜDWEST PRESSE.
"Hoffnung machen die vielen, die gegen den Rechtsruck auf die Straße gehen", findet die TAZ. "Als es vor einem Jahr Massendemonstrationen gab, sind in Umfragen die Stimmen für die AfD zurückgegangen. Vielleicht mobilisieren die Proteste auch die im eher linken Lager und in der Mitte, die nach dem Ampel-Aus erwogen haben, für die CDU zu stimmen oder gar nicht zur Wahl zu gehen. Um die Umfrageergebnisse noch grundlegend zu ändern, müsste fast ein Wunder geschehen. Vielleicht hat Merz dafür gerade den Anstoß gegeben", gibt die TAZ zu bedenken.
Die HEILBRONNER STIMME sieht die Proteste kritisch: "Wer immer die CDU für eine Zusammenarbeit mit der AfD, die es faktisch nicht gibt und auch nach den Wahlen ausgeschlossen wird, an den Pranger stellt und die vergangene Bundestagswoche mit den Verhältnissen im Weimarer Reich oder Hitlers Machtergreifung vergleicht, der überzieht maßlos. Die Demonstranten spiegeln nicht die Mehrheit des Landes wider. Und sie verkennen, dass nach der Wahl vor allem Antworten auf die beängstigende wirtschaftliche Talfahrt gefordert sind", mahnt die HEILBRONNER STIMME.
Der Berliner TAGESSPIEGEL erwartet Diskussionen innerhalb der CDU: "Die paar Parteitagsstunden an diesem Montag werden nicht reichen, um den Redebedarf der CDU zu decken. Der Aufruhr gegen das Abstimmen mit der AfD in der Migrationspolitik beschränkt sich nicht auf Proteste vor der Tür. Auch intern rumort es gewaltig. Die Krise, die auf dem Parteitag wegen der Wahl unter den Teppich gekehrt wird, ist hausgemacht. Hätte Friedrich Merz es beim denkwürdigen Auftritt vom Tag nach Aschaffenburg belassen, wäre er gefühlt schon Kanzler. Nun ist alles anders. Die Entscheidung, eine Mehrheit mit Extremisten in Kauf zu nehmen, war auf mehreren Ebenen ein schwerer strategischer Fehler", urteilt der TAGESSPIEGEL.
Auf dem Parteitag der CDU soll ein Sofortprogramm für den Fall eines Sieges bei der Bundestagswahl beschlossen werden. Im Zentrum stehen Asyl- und Wirtschaftspolitik. Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg lobt vorab: "CDU-Bundeschef Friedrich Merz hält trotz Protesten an seinem Kurs in der Migrationspolitik fest. Das ist richtig, denn ein 'Weiter so' kann und darf es nicht geben. Die illegale Migration muss gestoppt werden. Es muss endlich energischer als bislang gehandelt werden. Das 'Sofortprogramm' enthält wichtige Punkte, wie das nach einer möglichen Regierungsübernahme umgesetzt werden kann. Umfragen belegen, dass eine Mehrheit der Bevölkerung das Agieren der Union unterstützt. Merz hätte sich viel Ärger erspart, hätte er allein mit dem für die Zeit nach dem 23. Februar angekündigten 'Sofortprogramm' Wahlkampf betrieben", ist in der VOLKSSTIMME zu lesen.
Die RHEIN-NECKER-ZEITUNG aus Heidelberg notiert: "Die CDU wird – auch auf ihrem heutigen Parteitag – zwar alles versuchen, am Wahltag doch noch als Siegerin dazustehen. Aber, selbst wenn: Mit wem will sie koalieren? Mit den Grünen, was CSU-Chef Söder kategorisch ausschließt? Mit der SPD, die sie im Bundestag vorzuführen gedachte? Die Regierungsfindung dürfte sehr schwer werden. Gäbe es nicht den Bundespräsidenten, Frank Walter Steinmeier, man müsste österreichische Verhältnisse befürchten. Und das geht auf die politische Kappe von Merz", kritisiert die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG.
"Doch wie kann es nun weitergehen?", fragt die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf. "Es ist nach den Umfragen derzeit immer noch wahrscheinlich, dass Merz den Regierungsauftrag vom Wähler bekommt. Der Parteitag der CDU und Merz' Rede dort wäre eine gute Gelegenheit, den anderen Parteien wieder die Hand zu reichen. Das muss er, wenn er nach der Wahl eine Regierung bilden möchte."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG führt aus: "Je näher die Linken Merz an den Faschismus rücken, desto eher kann er trotz Misserfolgen punkten: als Politiker, der es sich von niemandem verbieten ließ, einen Pflock einzuschlagen. Mit wem er das künftig tun will, bleibt die große Frage. Schwarz-Gelb wirkt illusorisch. Gut ein Viertel der FDP-Abgeordneten zeigte Merz am Freitag die kalte Schulter; der düpierte CDU-Chef sprach von 'Mitverhinderern'. Die Chancen der zerrissenen Liberalen, die Fünfprozenthürde zu überwinden, sind weiter gesunken", bilanziert die F.A.Z.
"Wir sollten die Kirche im Dorf lassen", beschwichtigt der MÜNCHNER MERKUR. "Bei allem Verständnis für die Emotionen der vergangenen Woche: Dieselben Parteien, die sich jetzt mit immer maßloseren Diffamierungen überziehen, müssen nach der Wahl am 23. Februar wieder zusammenarbeiten. Und das werden sie auch. Denn natürlich wird es, anders als Rotgrün es nun suggeriert, nach der Wahl keine Zusammenarbeit der Union mit der AfD geben. Auch bei SPD und Grünen sitzt bei ihrer großen Empörungsshow über den 'Tabubruch' der Union mancher Ton grob falsch", meint der MÜNCHNER MERKUR.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG sieht Berichte über ein privates Treffen von hochrangigen CDU- und Grünen-Politikern beim ehemaligen Kanzlerkandidaten Armin Laschet positiv: "Der politische Betrieb, die Wähler und das ganze Land vertragen es nicht nur, sondern sind regelrecht darauf angewiesen, dass Menschen miteinander im Dialog bleiben, gerade in konfliktreichen Zeiten. Politiker trinken in Berlin parteiübergreifend zusammen Wein: Wenn das heutzutage wirklich eine Nachricht ist, dann wenigstens eine gute", wendet die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG ein.
Die USA haben Importzölle auf Produkte aus Kanada, Mexiko und China eingeführt. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bemerkt: "Handelskrieg, das klingt immer so martialisch. Aber wie soll man es sonst nennen, wenn die USA ihre beiden wichtigsten Wirtschaftspartner Mexiko und Kanada mit Zöllen von 25 Prozent attackieren? Es ist verständlich, dass die angegriffenen Länder mit Gegenzöllen reagieren, was für Amerikas Wirtschaft durchaus problematisch werden kann. Und es ist verständlich, dass das mit zehnprozentigen Zöllen belegte China vor die Welthandelsorganisation ziehen will. Es bleiben ihnen auch wenig Alternativen, besonders weil Trump offenbar alle Versuche der Deeskalation abgeblockt hat", folgert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU warnt: "Zuerst trifft es Kanada, Mexiko und China, schon bald könnte auch die Europäische Union an der Reihe sein: Europa braucht angesichts der Drohungen von US-Präsident Trump mit hohen Strafzöllen dringend Geschlossenheit. Es ist eine Wahnsinnsaktion, bei der es langfristig nur Verlierer geben kann."
Dazu noch die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder): "Trump dürfte Geschäftsmann genug sein, um die Logik des internationalen Handels zu verstehen. Er ist aber auch Spieler genug, um die Grenzen auszuloten. Sein Kalkül lautet, dass kein Staat der Welt es sich leisten kann, auf den US-amerikanischen Markt zu verzichten. Er wähnt sich deshalb am längeren Hebel. Völlig absurd ist das nicht, jedoch hochriskant, auch für seine eigene Wählerschaft, die zuallererst und am meisten unter einem protektionistischen Handelsregime zu leiden haben wird."