17. Februar 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Neben dem Anschlag in München und dessen Folgen geht es vor allem um die Nachlese der Münchner Sicherheitskonferenz.

Mehrere Politiker, darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und US-Vizepräsident J. D. Vance an einem Konferenztisch, dahinter die Flaggen der EU, der USA und Deutschlands.
Die Ereignisse im Zusammenhang mit der Münchner Sicherheitskonferenz sind eines der Themen in den Zeitungskommentaren. (Sven Hoppe / dpa / Sven Hoppe)
"Europa wacht in einer neuen Welt auf", heißt es im KÖLNER STADT-ANZEIGER: "Die USA unter Donald Trump brechen mit den gemeinsamen Grundwerten. Die Zeitenwende nach dem russischen Überfall auf die Ukraine vor drei Jahren nimmt eine Dimension an, die vor kurzem noch unvorstellbar war. Es geht nicht mehr allein um den russischen Aggressor und die Verteidigung Kiews. Es geht auch um einen angehenden Diktator in Amerika und um die Sicherheit Europas. Nun sprachen Trump und Putin vor der Konferenz in München über ein Ende des Krieges und die USA verbreiteten die Hiobsbotschaft, dass die Ukraine ihre von Russland eroberten Gebiete abtreten müsse. Europa, wo der Krieg tobt, will Trump aus den Verhandlungen ganz raushalten", bemerkt der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER führt aus: "Schon in der kommenden Woche treffen sich Delegationen aus den USA und Russland in Saudi-Arabien, um über das Ende des Krieges in der Ukraine zu verhandeln. Vertreter des angegriffenen Landes sind nicht eingeladen, genauso wenig wie die Europäer. Es ist der Gipfel der Respektlosigkeit, dass die Menschen, die für die Freiheit ihres Landes gekämpft und geblutet haben, nun kein Mitspracherecht bekommen sollen. Zwar kann formal niemand die Ukraine zwingen, die Waffen niederzulegen. Präsident Wolodymyr Selenskyj weiß jedoch, dass er sich nicht über einen Deal des US-Präsidenten hinwegsetzen kann, ohne die Unterstützung der USA zu verlieren. Und ohne die Unterstützung der USA ist eine Niederlage auf Raten vorprogrammiert" vermerkt der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Das STRAUBINGER TAGBLATT geht auf den Auftritt des US-Vizepräsidenten ein: "Man muss sich das mal vorstellen: Nicht Putin oder China macht Vance als größte Bedrohung aus, sondern die aus seiner Sicht fehlerbehafteten Demokratien Europas. Zu Ende gedacht postuliert Amerikas Vizepräsident, dass die USA Europa nur noch schützen, wenn die Europäer sich US-Präsident Donald Trump ideologisch angleichen. Es ist schon so wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mahnend sagte: Ohne die schützende Hand der USA haben die Europäer nur noch eine Wahl - die zwischen 'Brüssel', also verstärkter Zusammenarbeit - und 'Moskau' – Unterwerfung", schreibt das STRAUBINGER TAGBLATT.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf ergänzt: "Hinter den Kulissen versuchte man zwar, die Rede etwas herunterzuspielen, in der Vance das Streichholz an einen gemeinsamen Wertekanon legte. Besser, er rede über den Kampf gegen die vermeintliche Wokeness in Europa als über den Abzug amerikanischer Streitkräfte, hieß es. Aber, und darüber sollte man sich keine Illusionen machen, das Thema wird noch kommen. Warum die Vertreter der neuen US-Regierung wie eine Dampfwalze über die Konferenz gefahren sind, lässt sich nicht ergründen. Die Antwort lässt sich derzeit nur erahnen. Fakt ist aber: Das transatlantische Bündnis liegt nach nur einem Monat unter der zweiten Trump-Administration in Scherben", notiert die RHEINISCHE POST.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG kann nicht verstehen, dass die Rede des US-Vizepräsidenten in Berlin für so viel Überraschung gesorgt hat: "Was ist das, was deutsche Spitzenpolitiker nicht erkennen lässt, dass Vance als Sieger nach Deutschland kam und sprach? Borniertheit? Begriffsstutzigkeit? Realitätsverweigerung? Die Mehrheit der Amerikaner befürwortet den Politikstil Trumps. Sie scheren sich nicht um diplomatische Gepflogenheiten oder gar Besserwisserei von der anderen Seite des Atlantiks, weil ihnen Europa und Deutschland sowieso egal sind. Am Wahlabend im November ist eine neue Epoche angebrochen, die für das geschwächte Europa und insbesondere Deutschland bedrohlich ist, weil für die USA amerikanische Interessen an erster Stelle stehen und dahinter lange nichts mehr kommt", unterstreicht die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Nach Ansicht der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG haben auch die europäischen Regierungschefs auf der Konferenz keinen guten Eindruck gemacht: "Scholz langweilte mit Ausführungen über die Schuldenbremse. Macron, Starmer, Meloni, Tusk und Sánchez waren erst gar nicht gekommen. Die EU-Außenbeauftragte Kallas blieb bei der alten Idee, dass eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine die billigste und stärkste Sicherheitsgarantie sei. Die hatte jedoch schon Biden vom Tisch genommen, nicht erst Trump. NATO-Generalsekretär Rutte rief die Europäer völlig zu Recht dazu auf, nicht nur Mitsprache zu verlangen, sondern selbst konkrete Vorschläge zur Beendigung des Krieges zu machen. Die wahre Erwiderung auf Vance kam von Selenskyj, der eine europäische Armee forderte. Das ist aus vielen Gründen illusorisch und sollte nicht von der Kernaufgabe ablenken: Die europäischen NATO-Mitglieder müssen kräftig aufrüsten", verlangt die F.A.Z.
"Im Moment geben die US-Amerikaner Europa einfach nur neue Spielregeln", resümiert die TAGESZEITUNG - TAZ. "Wenn es denn aber keinen wertebasierten Konsens mit der einen Großmacht mehr gibt, dann täte Europa gut daran, sich geopolitisch neu auszurichten. Eine verstärkte Kooperation mit Indien wäre die logische Konsequenz, aber auch mit China. Man darf dabei nur eben keine neue wertebasierte, stabile Gemeinschaft suchen", stellt die TAZ klar.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg blickt auf den Anschlag in München und weitere solcher Vorfälle in jüngster Vergangenheit: "Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg – jetzt München und das österreichische Villach. Unter den Opfern sind Deutsche und hier friedlich lebende Ausländer – die Täter sind ausnahmslos Migranten und Asylbewerber. So geht es nicht weiter. Unser Grundgesetz sagt: Verfolgte genießen Asyl. Es sagt aber auch: Das gilt nicht für jene, die aus sicheren Nachbarländern kommen. Dennoch nimmt Deutschland Tausende auf, bei denen schon an der Grenze klar ist, dass Deutschland nicht zuständig ist. Europäische Regeln wollen das so. Was sind das für EU-Regeln, die unser Grundgesetz aushöhlen? Kein europäisches Land kann Interesse daran haben, dass Deutschland nach rechts kippt", betont die VOLKSSTIMME aus Magdeburg.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG findet: "Dass Markus Söder besonders scharf und schnell auf die Bluttat reagiert, überrascht nicht. Ab Montag müsse die Bundesregierung direkt mit den afghanischen Taliban über Abschiebeflüge reden. Nur: So schnell und einfach geht es dann doch nicht. Es gibt ja Gründe, warum das bisher nicht geklappt hat und niemand mit den Taliban reden mag. Unter vielen schlimmen Regimes auf der Welt haben sie eines der allerschlimmsten etabliert, einen Staat, der die weibliche Hälfte seiner Bevölkerung versklavt und unter Hausarrest stellt. Aber sollte man nicht dennoch sogar mit Teufel und Taliban reden, wenn es gilt, Verbrecher loszuwerden? Das kann in der Tat geboten sein, wenn es damit gelingt, (männliche!) Gewalttäter abzuschieben. Aber einfach so ab Montag wird es nicht gehen. Wer im Wahlkampf anderes verspricht, schürt Erwartungen, die nur enttäuscht werden können", stellt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG klar.
Und zum Schluss überlegt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder), wie sich die jüngsten Entwicklungen auf die Bundestagswahl am kommenden Sonntag auswirken könnten: "Die Anschläge und Bluttaten der vergangenen Wochen, die drohende Zerstörung der Sicherheitsordnung, der drastische Anstieg der Beiträge für Gesundheit und Pflege, die andauernde Rezession mit dem Verlust von zehntausend Arbeitsplätzen im Monat, die hohen Energiepreise – all das hat laut den Umfragen nicht zu einer grundsätzlichen Neu-Orientierung geführt. Daraus spricht entweder eine hohe Überzeugung in den politischen Präferenzen oder das genaue Gegenteil: Ratlosigkeit. Viele kommen per Ausschlussverfahren zu ihrer Entscheidung, die erste Frage lautet nicht, wen will ich wählen, sondern, wen kann ich auf keinen Fall wählen. Das kleinere Übel erhält die Stimme", heißt es in der MÄRKISCHEN ODERZEITUNG, und damit endet die Presseschau.