25. Februar 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Die Zeitungen beschäftigen sich mit den Konsequenzen aus der Bundestagswahl.

Der leere Plenarsaal des Deutschen Bundestages von oben fotografiert.
Die Folgen der Bundestagswahl werden in den Zeitungen thematisiert. (picture alliance / dpa / Fabian Sommer)
Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg fordert: „Union und SPD sollten sich schnell ehrlich machen: Es kommen harte Zeiten. Was nicht heißt, dass die Probleme unlösbar sind, dies ist noch immer ein reiches Land. Doch um erfolgreich zu regieren, ist Mut gefragt – und die Bereitschaft, sich zuerst selbst etwas zuzumuten. Zwei schwache Partner müssen über sich hinauswachsen.“
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle (Saale) betont: „Eine politische Liebesheirat würde eine Union-SPD-Koalition sicherlich nicht werden, war diese Kombination auch in der Vergangenheit nie. Und das ist auch gar nicht nötig, eine Vernunftehe reicht in diesem Fall.“
Die Lage der SPD ist Thema in der FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: „Von den Schlüssen, die die SPD aus dem schlechtesten Ergebnis ihrer Geschichte zieht, wird viel abhängen: für sie selbst, für die Koalition und für die künftigen politischen Verhältnisse in Deutschland. Zieht die SPD nach links, um Wähler von der Linkspartei zurückzuholen, und gibt damit auch der Koalition einen Linksdrall, dann stärkt das weiter die AfD. An die verlor auch die SPD viele Wähler, die sich von ihr nicht mehr vertreten fühlen, weil sie die Ansichten und Sorgen der arbeitenden Bevölkerung ignoriere, in der Sozialpolitik wie beim Thema Migration. Es ist zu hoffen, dass Union und SPD sich nun auf einen Kurs zur Begrenzung der Migration und zur Stärkung der inneren Sicherheit sowie der Wirtschaft verständigen können, mit dem sich der AfD der Wind aus den Segeln nehmen lässt“, notiert die F.A.Z.
Der MÜNCHNER MERKUR meint dagegen: „Die SPD könnte sich jetzt als pragmatisch regierende linke Kraft gegenüber den Grünen in Szene setzen. Erst recht, wenn Merz sein Versprechen hält, seinen Koalitionspartner anders als Merkel nicht erdrücken zu wollen, sondern ihm Platz zur Profilierung zu geben. Wenn die SPD ihrem neuen Führungsduo Klingbeil und Pistorius auf ihrem neuen Weg folgt und wieder an ihre populären Mitte-Kanzler Schmidt und Schröder anknüpft, dann könnte sich Alice Weidel am Ende vielleicht doch noch als falsche Prophetin erweisen mit der Vorhersage, dass die AfD spätestens in vier Jahren die Macht in Deutschland übernimmt“, glaubt der MÜNCHNER MERKUR.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) bemerkt: „Zusammengerechnet kommen Linke und AfD auf 216 Stimmen. Das versetzt die beiden Fraktionen in die Lage, eine Änderung des Grundgesetzes zu verhindern. Nicht umsonst hat Merz ins Spiel gebracht, noch vor der Eröffnungssitzung des neuen Bundestages die Verfassung zu ändern, um sich Geld zur Finanzierung der Bundeswehr zu sichern. Denn mit den neuen Mehrheitsverhältnissen dürfte das enorm schwer werden. Die AfD lehnt Änderungen an der Schuldenbremse ab. Das ist bei den Linken zwar nicht der Fall. Doch wer aus der Nato austreten möchte, wird kein Verständnis dafür haben, die Schuldenbremse zu schleifen, um deren Vorgaben zu erfüllen“, warnt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG nimmt sich der Gesamtlage an: „Was im Bundestag nun ansteht, ist eine Reifeprüfung für Demokraten. Die größte Aufgabe der Gerade-so-Ko ist es, den Deutschen das Vertrauen in die demokratische Mitte zurückzugeben, das in den Ampeljahren verflogen ist. Sollte diese schwarz-rote Koalition scheitern, stünde nämlich nicht nur die äußere Sicherheit auf dem Spiel. Die Demokratie würde auch von innen weiter geschwächt. Deren Feinde warten nur darauf.“
Die AfD und ihr Wahlerfolg beschäftigt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG: „Die ostdeutschen Bundesländer waren schon immer ein Labor, in dem sich politische Trends früher ablesen, Strategien entwickeln lassen. Friedrich Merz erwähnte das am Tag nach der Wahl sogar selbst: ‚Die Kollegen im Osten sagen vermutlich nicht ohne Grund: Wir sind euch im Westen nur einige Jahre voraus. Wenn ihr die Probleme nicht löst, werdet ihr dieselben Probleme haben.‘ Er hat nun die Chance, es anders zu machen“, betont die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU erinnert: „Merz war vor vielen Jahren mal zu einer seiner zahlreichen Kandidaturen für den Parteivorsitz mit dem Ziel angetreten, die Werte der AfD zu halbieren. Noch so eines seiner ambitionierten Ziele, von denen er heute nichts mehr hören mag. Mit einer bemerkenswert schlechten Strategie hat er dazu beigetragen, die Rechtsaußen-Partei zu normalisieren – unter anderem durch eine im besten Fall inhaltlich sinnlose Abstimmung zusammen mit der AfD im Bundestag. Die Spitzenkandidatin der AfD, Alice Weidel, lässt seither keine Gelegenheit aus, der Union die ausgestreckte Hand zur politischen Kooperation zu reichen. Man kann es Merz ehrlich glauben, dass er das nicht will. Dass er das wieder und wieder erklären muss, ist jedoch seine Schuld“, stellt die FRANKFURTER RUNDSCHAU fest.
Die NORDWEST-ZEITUNG aus Oldenburg analysiert: „Die AfD hat nicht gesiegt. Ihr Erfolg beruht auf dem Versagen der anderen. In den kommenden vier Jahren muss die Partei wieder einmal gar nichts tun, denn sie wird nicht in Verantwortung und Pflicht genommen. Weidel & Co. können abwarten und beim nächsten Mal ernten, weil versprochene ‚Merz-Wenden‘ absehbar ausbleiben werden. Geht das einher mit der Entsorgung einiger übler Knallchargen in ihren Reihen, steht einem Aufstieg nach österreichischem Muster nichts mehr im Wege“, unterstreicht die NORDWEST-ZEITUNG.
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN beschäftigen sich mit dem Scheitern der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde: „Wir brauchen dringend eine liberale Partei, die Freiheitsrechte verteidigt – aber nicht diese FDP. Lindner hat sie verengt auf dogmatischen Wirtschafts-Liberalismus, auf Blockade und Destruktion in der Ampel – und auch auf seine eigene Person. Jetzt verlässt er die Bühne. Und die FDP hat die Chance für einen Neuanfang.“
Der WESER-KURIER aus Bremen blickt auf Lindners mögliche Nachfolge: „Wolfgang Kubicki und Marie Agnes Strack-Zimmermann, überlegen, ihren Hut in den Ring zu werfen. Doch wie zukunftsweisend ist es, das Schicksal einer Partei in die Hände einer 66-Jährigen oder eines 72-Jährigen zu legen? Viel entscheidender wird jedoch sein, dass sich die Partei thematisch wieder breiter aufstellt. Liberal zu sein bedeutet mehr als möglichst ungehindert viel Geld verdienen zu dürfen. Aber Themen wie Bürgerrechte lagen unter Lindner bei den Liberalen völlig brach“, kritisiert der WESER-KURIER.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG folgert: „Wer die Bühne Bundestag nicht bespielen kann, hat es schwer, öffentlich wahrgenommen zu werden, zumal die Liberalen auch nur noch in sieben Landtagen vertreten sind. Das Aus im Bundestag muss gleichwohl nicht bedeuten, dass die FDP in der Bedeutungslosigkeit verschwindet – vorausgesetzt, sie schüttelt das Image als Lobbyclub der Besserverdiener und empathieloser Marktradikaler ab. Märkte brauchen Moral. Und Freiheit bedeutet Verantwortung. Hier gilt es für die FDP, ihre Konturen zu schärfen, um jene für sich zu gewinnen, für die bürgerlicher Liberalismus mehr ist als Tempolimits zu verhindern und die Schuldenbremse absolut zu setzen. Nur dann hat der klassische Liberalismus in Deutschland eine Zukunft“, mahnt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die Zukunft der früheren Ampel-Koalition beleuchtet DER TAGESSPIEGEL aus Berlin: „Christian Lindner weg, Marco Buschmann weg, Robert Habeck weg, Olaf Scholz weg – jedenfalls in ein paar Monaten – Sahra Wagenknecht ziert sich noch. Das nennt man einen demokratischen Reinigungsprozess. Mit einem Schlag wird die enge Verbindung zwischen Mandat und Volkes Stimme deutlich. Das eine gibt's nicht ohne das andere. Politik ist brutal. Mitleid haben die, die jetzt gehen, nicht verdient. Sie wussten, was sie taten, als sie in die Politik gingen. Also dann: Tschüss, macht’s gut.“ Und mit dieser Stimme aus dem TAGESSPIEGEL endet die Presseschau.