27. Februar 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Kommentiert werden der Fragenkatalog der Union zur Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen und die Wahl des SPD-Fraktionsvorsitzenden Klingbeil. Doch zunächst geht es um die Ukraine. Morgen wollen Präsident Selenskyj und US-Präsident Trump ein Rohstoffabkommen unterzeichnen.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat und ehemalige Präsident Donald Trump (re.) schaut dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in die Augen.
Die USA und die Ukraine streben ein Abkommen zur Exploration ukrainischer Rohstoffe an. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Julia Demaree Nikhinson)
Die VOLKSSTIMME schreibt: "Der US-Präsident holt eine Menge Geld zurück und sichert sich Zugang zu den Ressourcen der Ukraine. Das Land muss zahlen. Dumm stehen die Europäer da. Sie haben Millionen Flüchtlinge aufgenommen, die halbe Armee ausgerüstet und Hilfsgelder in Milliardenhöhe geschickt. Darunter waren viele Kredite, doch wann werden die je zurückgezahlt, wenn 500 Milliarden Euro für den Wiederaufbau her müssen? Ein EU-Gipfel soll einen Ausweg aus dem Dilemma weisen. Denn eine europäische Nachkriegs-Strategie für eine – wohl kleinere Ukraine – gibt es nicht. Trump war da fixer", bemerkt die VOLKSSTIMME aus Magdeburg.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG konstatiert: "Dass es Selenskyj offenbar gelungen ist, die Bedingungen für das geplante Rohstoffabkommen mit Amerika im Sinne der Ukraine zu verbessern, zeigt, dass man Trump nicht sofort nachgeben muss. Im Grundsatz ist so ein Abkommen auch keine schlechte Idee, Selenskyj hatte es ja selbst vorgeschlagen. Trotzdem entspricht das, was Selenskyj nun in Washington unterschreiben soll, nicht seinem 'Siegesplan'. Selenskyj geht in der Hoffnung in Vorleistung, dass Trump die Ukraine in seiner atemberaubenden Annäherung an Putin nicht ganz fallen lässt", analysiert die F.A.Z.
Die RHEIN-ZEITUNG findet: "Es ist wie bei Al Capone im Chicago der 1920er-Jahre, nur 100 Jahre später und auf internationaler Bühne: Schutzgelderpressung als Mittel der Politik. Nichts anderes ist dieser Vertrag, den der US-amerikanische Präsident der Ukraine auferlegte. Hilfe nur gegen Cash, das ist der Kern des Abkommens. Die Schwäche der Ukraine als Hebel für eine krude Demonstration der Macht. Trump schlägt aus Russlands Krieg gegen die Ukraine Kapital und verweigert dem bedrängten Land Sicherheitsgarantien. Es ist die definitive Absage an die werte- und regelbasierte Weltordnung, die in 80 Nachkriegsjahren geschaffen wurde", fasst die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz zusammen.
Die TAZ formuliert es anders: "Jetzt ist die Ukraine bestenfalls ein Geschäftspartner für Trump, jedenfalls aber ein Land, das selbst schuld daran ist, überfallen worden zu sein, und dafür jetzt zahlen soll. Denn nichts anderes ist, was jetzt großspurig und irreführend 'Investitionsfonds zum Wiederaufbau der Ukraine' genannt wird: ein Vertrag, der den USA Einkünfte aus ukrainischen Bodenschätzen garantiert, ohne dass sie dafür zukünftigBedeutendes leisten müssen – etwa die Sicherheit der Ukraine zu garantieren. Damit wird das Abkommen fast zu einer Art Reparationszahlung für erlittene materielle Schäden – aber nicht von Russland an die Ukraine, wie es richtig wäre, sondern von der Ukraine an die USA, unter Androhung des sofortigen Untergangs." Wir zitierten die TAZ.
Nach Ansicht der BERLINER ZEITUNG ist das Abkommen vergleichsweise bedeutungslos: "Die Vereinigten Staaten werden – kurzfristig jedenfalls – keine Einnahmen generieren. Der eigentliche Zweck des Abkommens scheint darin zu liegen, die amerikanische Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass Trump einen lukrativen Deal ausgehandelt hat, der die massiven US-Investitionen in die Ukraine rechtfertigt. Die Amerikaner könnten nun glauben, dass Trump die Milliarden von Dollar, die die USA in den vergangenen drei Jahren in den Krieg gepumpt haben, zurückgeholt und dabei auch noch einen schönen Gewinn gemacht hat. A great Deal! Ein super Geschäft mit euch Ukrainern! Bei diesem Abkommen geht es jedoch um politische Narrative einer vorgespielten Einigkeit. Spätestens wenn die ersten US-Unternehmen Fragen stellen, wo denn all die Seltenen Erden in der Ukraine seien, wird’s für die Ukraine und Selenskyj brenzlig", zeigt sich die BERLINER ZEITUNG überzeugt.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG sieht ebenfalls Probleme: "Diese Tragödie ist noch nicht zu Ende – und wird noch einige unerwartete Wendungen nehmen: Die Agentur Bloomberg hat gerade versucht, die Seltenen Erden, die Trump will, in Datenbanken, in denen sie verzeichnet sein müssten, zu finden. Erfolglos. Es ist unklar, ob es sie überhaupt gibt." Das war die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Ungeachtet der historischen Wahlniederlage der Sozialdemokraten hat sich deren Vorsitzender Klingbeil zum SPD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag wählen lassen. Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG führt aus: "Man kann es spöttisch Chuzpe nennen. Oder bewundernd Machtinstinkt. Oder schlicht Verantwortungslosigkeit. Genau genommen ist es letzteres, das sogar SPD-Parteichef Lars Klingbeil selbst für sich reklamiert, indem er aus dem katastrophalen Wahlergebnis seiner Partei nur die eine Konsequenz zieht: nämlich gerade nicht Verantwortung zu übernehmen für das Wahldebakel, sondern auch noch nach dem Fraktionsvorsitz zu greifen. Die Empörung innerhalb und außerhalb der SPD ist groß. Das aber ficht Klingbeil nicht an. Ebenso wenig wie die 16,x Prozent, die seine Partei bei der Bundestagswahl geholt hat. Stattdessen erpresst er die CDU schon vor den Sondierungen, weil die SPD der einzig mögliche Koalitionspartner ist, und glaubt, sich das jetzt leisten zu können", bemerkt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die FREIE PRESSE spricht hingegen von einer guten Entscheidung: "Dass die Partei Klingbeil nun noch stärker als bislang in eine zentrale Position bringt, zeigt, dass die SPD schon jetzt an die nächste und übernächste Bundestagswahl denkt. Das ist strategisch klug. Und es ist notwendig, wenn die SPD um ihren Platz als einigermaßen große Mitte-links-Partei kämpfen will", erläutert die FREIE PRESSE aus Chemnitz
"85,6 Prozent hat Klingbeil bei der Wahl zum Fraktionschef bekommen", erinnern die STUTTGARTER NACHRICHTEN: "Klingbeil nennt das 'ein ehrliches Ergebnis' – das trifft so weit zu. Sein Vorgänger Rolf Mützenich hatte stets bessere Resultate. Paradoxerweise ist der Dämpfer für Klingbeil vor allem ein Problem für Friedrich Merz. Denn dieser Dämpfer zeigt, dass sich die SPD nach der Wahl noch finden muss. Und der CDU-Chef wird den Sozialdemokraten gute Angebote machen müssen. Sonst wird es der SPD-Führung am Ende nicht gelingen, Merz zur Kanzlermehrheit zu verhelfen."
SPD-Fraktionschef Klingbeil hat den Fragenkatalog der Union über die staatliche Unterstützung von Nicht-Regierungsorganisationen als Foulspiel bezeichnet. Klingbeil warnte dabei auch vor einer Belastung möglicher Koalitionsgespräche. Die Zeitung ND DER TAG führt aus: "Die Anfrage enthält verschwörerisches Geraune über NGOs, die als Teil einer vermuteten 'Schattenstruktur' im Verborgenen Politik betrieben, am Staat vorbei. Sie zitiert einen Artikel der Zeitung 'Die Welt' über einen angeblichen 'Deep State'. 17 Fragen über eine mögliche Finanzierung von Organisationen aus dem Ausland kommen darin vor. All das erinnert an Versuche zur Einschränkung der Zivilgesellschaft in Ungarn, Russland oder Georgien. Unabhängig davon, dass das von der CDU angemahnte Gebot zur politischen Neutralität für NGOs überhaupt nicht gilt, könnte die Anfrage großen Schaden anrichten, indem sie Organisationen wie Correctiv, Omas gegen Rechts oder Greenpeace schwächt und der AfD als Kanonenfutter dient," warnt ND DER TAG.
Zu einer gänzlich anderen Einschätzung kommt die Zeitung DIE WELT: "Eine staatlich finanzierte Zivilgesellschaft ist keine Zivilgesellschaft. Die Grünen haben sich in den letzten Jahrzehnten in strategischer Fortführung des Marsches durch die Institutionen in ihrer Rebellionsgeste verbeamten lassen. Herausgekommen ist ein bundesrepublikanisches NGO-Ökosystem, welches das Land kulturell und gesellschaftlich nicht nur gespalten, sondern auch retardiert hat. Es ist nicht nur strategisch, sondern auch weltanschaulich klug, dass die Partei von Konrad Adenauer und Ludwig Erhard den Staat aus der Zivilgesellschaft wieder entschieden herausdrängt", meint DIE WELT.