
"Was ist das Versprechen der Europäer wert, die Ukraine 'so lange wie nötig' zu unterstützen?", fragt der KÖLNER STADT-ANZEIGER: "Während die amerikanische Ukrainehilfe innerhalb weniger Tage zerbröselt ist und Russland schon frohlockt, bei Verhandlungen alle seine Ziele erreichen zu können, ringen Europas Staats- und Regierungschefs um neue Hilfen für Kiew - und um die Stärkung der eigenen Verteidigungsfähigkeit. Nur: Wie weit reicht Europas Entschlossenheit wirklich? Für die Ukraine steht nun alles auf dem Spiel. Kurz vor möglichen Friedensverhandlungen darf Europa das Land nicht im Stich lassen. Als EU-Beitrittskandidat liegt seine Zukunft in Europa, nicht in Moskaus Einflussbereich. Wer dieses Land jetzt im Stich lässt, verrät nicht nur Kiew, sondern auch die Prinzipien der Europäischen Union", konstatiert der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
"Europa ist auf sich allein gestellt", heißt es im REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER: "Nun heißt es, gemeinsam zu Stärke finden oder einzeln zwischen den Großmächten China, Russland und USA zerrieben werden - sowohl militärisch als auch ökonomisch. Die liberalen Demokratien in Europa müssen stärker zusammenrücken, Großbritanniens Premierminister Starmer geht mit gutem Beispiel voran. Gegenüber notorischen Quertreibern aus Putins Lager wie Orban und Fico muss die EU klare Kante zeigen und ihnen das Stimmrecht entziehen. Aber auch dann bleibt es eine Herausforderung, mit 27 Staaten, deren Regierungen in demokratischen Wahlen bestimmt werden, dauerhaft eine gemeinsame Front gegen die Autokraten dieser Welt zu bilden", befürchtet der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN aus Karlsruhe analysieren: "Die Arbeit an einer verstärkten strategischen Autonomie rüttelt am Selbstverständnis der EU und ihrer Rolle in der Welt. Die Funktionslogik der Union beruht seit ihrer Gründung darauf, dass Konflikte über Verhandlungen, Geduld und Kompromisse gelöst werden. Diese Konsensmaschinerie stößt nicht nur wegen des Dauerstreits mit Ungarn inzwischen selbst im Inneren an ihre Grenzen. Europa wird lernen müssen, Rivalitäten zu leben und auszutragen. Dazu zählt auch, im Zweifel die eigene Macht robust einzusetzen. Die EU war lange Zeit wirtschaftliche Weltmacht, politischer Zwerg und militärischer Schwächling. Nun muss Europa lernen, für sich selbst zu sorgen", fordern die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN.
Der SÜDKURIER aus Konstanz geht auf das Thema Wehrpflicht in Deutschland ein. Diese per Knopfdruck wieder einzuführen, sei nicht möglich: "Alles, was es für sie braucht, gibt es nicht mehr: Kreiswehrersatzämter, Musterungskommissionen, Ausbilder, Unterkünfte und genug Truppenverbände, in denen die Soldaten dienen können. In Anbetracht der Weltlage sollte die Frage aber heißen: Was ist schnellstens möglich? Rasch realisierbar wäre die Erfassung von Menschen, die für die Wehrpflicht infrage kommen. Das wurde bereits diskutiert, zerredet und nicht angepackt. Das rächt sich nun. Ist der erste Schritt getan, folgt im Zug des wachsenden Militärbudgets alles Weitere schrittweise. Das setzt aber voraus, dass über den Personalbedarf der Streitkräfte eine belastbare Zahl errechnet wird, denn im Moment herrscht hier Verwirrung. Parallel braucht es Strukturen für einen neuen Zivildienst. Der wird auch gebraucht – und nicht jeder Mensch steht hinter dem Dienst an einer Waffe", notiert der SÜDKURIER.
Frankreichs Präsident Macron will prüfen, ob der Schutzschirm französischer Atomwaffen auf Verbündete ausgeweitet werden kann. Der MÜNCHNER MERKUR sieht das Angebot als ein Warnsignal an Putin: "Die unwirsche Reaktion des Kremls, der Macron gleich zum neuen 'Hitler' befördert, verrät Putins Ärger darüber, dass das schlafwandelnde Europa in Sachen Verteidigung jetzt wirklich aufgewacht ist. Natürlich kann die 'Force de frappe' den viel mächtigeren US-Schutzschirm nicht ersetzen, schon gar nicht auf kurze Sicht. Und was, wenn in Paris einst Le Pen regieren sollte, die erklärtermaßen gar nichts davon hält, Frankreichs Atomstreitmacht auch in den Dienst anderer Länder zu stellen? Bis auf Weiteres bleibt Deutschland auf die USA angewiesen, doch ist es wichtig, sich mit den beiden europäischen Nuklearmächten Frankreich und Großbritannien Gedanken über eine künftige gemeinsame atomare Abschreckung zu machen", schreibt der MÜNCHNER MERKUR.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG erinnert: "Das schon vor Jahren gemachte Angebot Macrons an Deutschland, darüber zu sprechen, wie die schwindende Glaubwürdigkeit der amerikanischen Sicherheitsgarantie, deren Folge eine wachsende Erpressbarkeit der Europäer ist, durch die Ausdehnung des französischen Atomschirms kompensiert werden könnte, griff erst Merz auf. Angesichts der galoppierenden Abwendung Trumps von Europa sollte die neue deutsche Regierung sofort nach Amtsantritt mit Paris über die Atomfrage sprechen", empfiehlt die F.A.Z.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE unterstreicht: "Die Deutschen haben sich international verpflichtet, auf Atomwaffen zu verzichten und sind erst 2023 aus der zivilen Nutzung der Kernenergie ausgestiegen. Der Weg zu atomarem Schutz kann also nur ein europäischer sein. Und es ist Macron zu danken, dass er dafür offen ist. Auch die Briten sollten mitmachen, die zweite europäische Nuklearmacht. Die sind zwar nicht mehr in der EU, doch die Gemeinschaft ist ohnehin der falsche Ort, um Verteidigungsfragen zu regeln – allein schon, weil dort einer wie Putin-Freund Orban ein Veto bei wichtigen Entscheidungen hat."
Kommen wir nun zu einem weiteren Thema. Der SPD-Vorsitzende Klingbeil hat die Forderung der Union nach Grenzschließungen zurückgewiesen. "Damit grätscht er voll in die Wahlversprechen von CDU und CSU, die einen faktischen Zuwanderungsstopp ausgerufen hatten", stellt die VOLKSSTIMME aus Magdeburg fest: "Die SPD hat zwar eine historische Niederlage eingefahren. Aber mit dem Selbstbewusstsein, für die Union der einzig akzeptable Koalitionspartner zu sein, fühlt sich Klingbeil zu lauten Tönen berufen. Aber: Sie sind zu laut – und gefährlich. Nachdem CDU-Chef Merz bereits mit Sondervermögen ein Wahlversprechen gebrochen hat, kann er sich ein zweites Umfallen nicht leisten. Klingbeil muss deshalb aufpassen, den Bogen nicht zu überspannen: Platzt die Große Koalition noch vor dem Start, bliebe nur ein Bündnis Union/AfD – oder Neuwahlen. Beide Optionen wären verheerend für Deutschland und Europa", befürchtet die VOLKSSTIMME.
"Merz wird ein weiteres Mal in der Realität ankommen müssen", meint die FREIE PRESSE aus Chemnitz: "Das mag für ihn schmerzhaft sein, überraschend ist es nicht. Die Union sollte sich hier nicht sperren. Klingbeil hat gute Gründe, Merz’ Pläne abzulehnen. Natürlich muss auch die SPD Zugeständnisse machen. Aber ein möglicher Rechtsbruch mit weitreichenden Konsequenzen ist eine rote Linie, die SPD-Chef Klingbeil zurecht gezogen hat. Das sollte die Union einsehen."
Die STUTTGARTER NACHRICHTEN glauben, dass es juristisch schwierig werden könnte, Asylbewerber an deutschen Grenzen zurückzuweisen: "In jedem Fall wäre es riskant herauszufinden, was passiert, wenn Deutschland sich versuchsweise über EU-Recht hinwegsetzt. Merz' Vorschlag würde die EU von innen schwächen, während sie von außen durch Trump unter Druck steht. Die Union muss das, was sie 'Migrationswende' genannt hat, nicht aufgeben. Sie kann stärker darauf drängen, dass Menschen das Land verlassen, die kein Recht haben, hier zu bleiben. Das ist möglich, ohne EU-Recht aufzugeben. Von pauschalen Zurückweisungen sollte Merz sich aber verabschieden. Regieren bedeutet, sich der Realität zu stellen", ist in den STUTTGARTER NACHRICHTEN zu lesen. Und damit endet diese Presseschau.