
Die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG aus Essen findet: "Es ist eine historische Entscheidung mit einer historisch hohen Schuldensumme in historischen Zeiten, die sich in Deutschland niemand so gewünscht hat. Die Ursachen liegen, und das gilt es sich immer wieder vor Augen zu führen, in einer seit dem Zweiten Weltkrieg nicht dagewesenen Verschiebung der Weltordnung. Der russische Angriff auf die Ukraine und die atemberaubende Abkehr der USA von Europa inklusive der sukzessiven Zerstörung demokratischer Grundwerte und Regeln im Trumpschen Amerika haben alles verändert. Nichts ist mehr, wie es war. Vor dem Hintergrund starten der Bundeskanzler in spe und die mutmaßlich schwarz-rote Regierungskoalition mit einer ebenfalls historischen Verantwortung", urteilt die WAZ.
Auch die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG schaut auf Merz. "Statt als mutiger Reformer startet er als größter Schuldenmacher der jüngeren Geschichte. Statt die Wirtschaft zu befreien, lässt er sich von den Grünen zum Klimaschützer umbiegen. Merz bekommt nun die Chance, mit einer stabilen schwarz-roten Mehrheit, die nicht am Streit ums Geld scheitern wird, zu regieren. Er wird hoffentlich wissen, was er alles wiedergutzumachen hat, und dass das mit Demut besser gelingt als mit Triumph-Gebaren. Denn ab jetzt geht es nicht mehr um kurzfristige Geländegewinne, sondern darum, das Vertrauen der Menschen in die Politik und ihre Fähigkeit, Probleme zu lösen, zurückzugewinnen", notiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Lange verschnaufen könne Merz nicht, betont das HANDELSBLATT, denn: "Jetzt geht es ans Eingemachte: die Koalitionsverhandlungen. Und die sind alles andere als ein Selbstläufer. Wie er selbst so schön sagte: Geld allein löst keine Probleme. Und schon gar nicht macht Geld allein einen guten Kanzler. Merz bringt zwei entscheidende Eigenschaften mit ins Amt: Er hat den Mut zu großen Entscheidungen. Und er verfügt über die nötige Disziplin. Doch etwas Entscheidendes fehlt ihm: Regierungserfahrung", vermerkt das HANDELSBLATT.
Mit den Beschlüssen werde auch den Ländern künftig mehr Geld zur Verfügung stehen, unterstreichen die KIELER NACHRICHTEN: "Ein dicker Batzen davon muss unbedingt in den Kommunen ankommen. Denn es gibt zwei Hebel für die nächste Regierung, Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Erstens kann Vertrauen wiederkommen, wenn vor Ort in Kitas, Schulen, Kliniken, in der Pflege, auf dem Wohnungsmarkt, im Verkehr, im Umgang mit Migration und bezogen auf die Bezahlbarkeit des Alltags das Leben funktioniert. Zweitens muss die neue Koalition ihre Strategie auf Langfristigkeit anlegen. Die nun beschlossenen Kreditermächtigungen sollen für mindestens zehn Jahre reichen. Es ist also zwingend notwendig, dass sich die Verhandler der neuen Koalition vom Denken in Vier-Jahreszeiträumen trennen und langfristig planen. Hoffentlich haben sie das verstanden", mahnen die KIELER NACHRICHTEN.
Die BÖRSEN-ZEITUNG gibt zu bedenken: "Es ist noch längst nicht ausgemacht, ob die neuen Schuldenpakete konform mit den EU-Fiskalregeln sind. Es kommt auf die konkreten Ausgabenpfade der nächsten Jahre an, die die Bundesregierung einreichen muss. Und auch die EU-Kommission wird sehr genau darauf achten, ob das Geld für mehr Wachstum oder mehr Konsum ausgegeben wird. Sowohl Merz als auch SPD-Chef Lars Klingbeil haben versprochen, dass die gewaltigen neuen Schulden auch mit Reformen und einer Modernisierung des Gemeinwesens einhergehen. Hoffentlich haben sie auch wirklich verstanden, dass reines Geldausgeben für Verteidigung und Infrastruktur nicht reicht." Das war die BÖRSEN-ZEITUNG.
Themenwechsel. Das HAMBURGER ABENDBLATT geht ein auf das Gespräch der Präsidenten der USA und Russlands: "Nach dem Zwei-Stunden-Telefon-Marathon, den Donald Trump und Wladimir Putin am 11. Jahrestag der russischen Annexion der Krim absolviert haben, sind mehr Fragen offen über die Zukunft der Ukraine als vorher. Wie nah oder fern ein Waffenstillstand mit Aussicht auf Friedensschluss im seit über drei Jahren wütenden Krieg liegt, weiß heute niemand. Putin hat mit dem vorläufigen Verzicht auf die Bombardierung ukrainischer Energie-Infrastruktur inklusive maritimer Feuerpause im Schwarzen Meer ein vergiftetes Mini-Zugeständnis gemacht. Das Sterben der Zivilbevölkerung im Donbass und andernorts darf weitergehen. Im Umkehrschluss verlangt der Russe einen sehr hohen Preis, der Amerika von Europa, wo gerade das nächste Hilfspaket für Wolodymyr Selenskyj geschnürt wird, abkoppeln und die Ukraine schon bald 'nackt' dastehen lassen würde: den Stopp jeglicher US-Militär- und Geheimdiensthilfe. Trump sitzt damit in der Falle", konstatiert das HAMBURGER ABENDBLATT.
Die NEUE WESTFÄLISCHE aus Bielefeld hält die Zusage Russlands für ein durchsichtiges Manöver: "Der dritte Kriegswinter ist fast vorbei, und wieder ist es Putin nicht gelungen, die Ukrainer massenhaft erfrieren zu lassen oder eine erneute Fluchtwelle in Richtung Westen auszulösen. Stattdessen haben die Ukrainerinnen und Ukrainer ein weiteres Mal den Kollaps der Strom- und Heizungsversorgung abgewendet. Nun steht der Frühling vor der Tür, die russischen Angriffe auf die Infrastruktur hätten ohnehin nachgelassen, wenn die vergangenen Kriegswinter als Maßstab dienen. Putin wusste, dass er Trump in irgendeinem Punkt entgegenkommen musste, damit dieser sein Gesicht wahren kann. Kein anderes Zugeständnis wäre Putin leichter gefallen als dieses", schätzt die NEUE WESTFÄLISCHE.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bilanziert: "Die – zunächst – gute Botschaft ist, dass diese Großmännerverhandlung über das Schicksal der Ukraine zu einem vorsichtigen Tänzchen geworden zu sein scheint. Man muss die Vorsichts-Floskeln einflechten, weil nie wirklich Gewissheit herrschen kann, welcher Ausbruch gerade bei Trump bereits in den nächsten Stunden zu erwarten ist. Aber dem Kommuniqué zufolge, veröffentlicht nach Ende des Telefonats, haben die beiden keinen Schaden angerichtet und sich in vorsichtigen Schritten dem Problem genähert. Vor allem der Verweis auf einen Waffenstillstand im Bereich der Infrastruktur lässt hoffen. Dann also weitere Verhandlungen, in Saudi-Arabien. Auch das ist eine gute Nachricht, weil die Komplexität des Krieges nicht im Handumdrehen wegzuwischen ist", argumentiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Nun noch Stimmen zu den neuen israelischen Angriffen auf den Gazastreifen. Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg schreibt: "Israels Führung will es wissen. Es soll Schluss gemacht werden mit der Hamas im Gazastreifen. Rücksicht nimmt Premier Benjamin Netanjahu nicht mehr - weder auf das Schicksal der verbliebenen Geiseln noch auf das Überleben der Bevölkerung im Gazastreifen. Er kann das, weil US-Präsident Donald Trump ihm den Rücken frei hält. Es ist wohl nichts mit dem großen Friedensbringer aus Amerika, zumindest nicht im Nahen Osten", folgert die VOLKSSTIMME.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) beobachtet: "Schon vor den Angriffen setzte die israelische Regierung zuletzt auf Druck: Hilfslieferungen wurden ebenso eingeschränkt wie Strom und Wasser. Die Hamas führte derweil ihre Rekrutierung fort, statt die Waffen niederzulegen. Die traurige Wahrheit ist: Von keiner der beiden Seiten gibt es die Einsicht in die Notwendigkeit eines Friedens. Die Leidtragenden sind die Zivilisten im Gazastreifen – die Hamas sieht in ihnen ein nützliches Werkzeug, um nach israelischen Militärschlägen herzzerreißende Bilder von toten Kindern und zerstörten Häusern in die Welt schicken zu können. Und für Israels Regierung sind die Zivilisten in Gaza nur Terror-Kollaborateure. Das Grauen wird also weitergehen", erwartet die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.