26. März 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Heute mit Stimmen zu den Verhandlungen über eine eingeschränkte Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine. Daneben geht es um die Sicherheitspanne der US-Regierung beim Umgang mit streng geheimen Militär-Planungen. Doch zunächst zur ersten Sitzung des neuen Bundestages.

Julia Klöckner (CDU) nimmt nach ihrer Wahl zur Bundestagspräsidentin Glückwünsche und ein Küsschen von Friedrich Merz entgegen (25.3.2025)
Ein Aspekt in den Kommentaren: Die Wahl der CDU-Abgeordneten Julia Klöckner zur neuen Bundestagspräsidentin. (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG führt aus: "Dass der Start in die neue Legislaturperiode gelang, dafür sorgte ausgerechnet Julia Klöckner. Ausgerechnet, weil die frühere CDU-Ministerin populistischen Versuchungen schon mehrfach selbst erlegen ist. Das Misstrauen ihr gegenüber zeigte sich im dürftigen Ergebnis bei der Wahl zur neuen Bundestagspräsidentin. Ihre Antrittsrede aber war stark und setzte entscheidende Botschaften, um Spaltung, Verzagtheit und Pessimismus zu überwinden: Mehrheiten, die demokratisch zustande gekommen sind, sind keine Kartelle! Abweichende Meinungen zu hören und verstehen zu wollen, darf keine Überforderung sein! Nicht jede Meinung, die man nicht teilt, kommt Extremismus gleich! Aber auch: Lautstärke ist nicht gleich Mehrheit!", resümiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide findet mit Blick auf die neue Bundestagspräsidentin: "Es spricht für Julia Klöckner, dass sie nicht nur die üblichen Floskeln über einen ordentlichen Umgang im Parlament ins Plenum sprach. Die frühere Agrarministerin nahm dazu die Zusammensetzung der Volksvertretung in den Blick, die zwar durch das geänderte Wahlrecht deutlich kleiner ausfällt, aber mit dem weltweit einzigartigen Makel behaftet ist, dass einem Wahlkreisgewinner das Mandat verwehrt wird. Diesen Zustand zu ändern ist wiederum Aufgabe der künftigen Bundesregierung und der sie stützenden Fraktionen – die Abgeordneten von Union und SPD haben der neuen Herrin im Reichstag hoffentlich genau zugehört", mahnt die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG wirft ein: "Ob es wirklich eine so glückliche Entscheidung war, den dienstältesten Abgeordneten den Bundestag eröffnen zu lassen, darf nach der Rede Gregor Gysis bezweifelt werden. Gysi ist nun einmal nicht Schäuble. Der Grandseigneur der CDU war seinerzeit durch die Neuregelung zum Alterspräsidenten geworden, die nur deshalb getroffen wurde, um zu verhindern, dass als ältester Abgeordneter ein AfD-Redner zum Zug kommt. So wäre es auch dieses Mal gekommen, und da muss man wiederum zugeben: Vierzig Minuten Gauland wären wahrlich nicht besser gewesen als vierzig Minuten Gysi. Die eine Verlegenheit mit der anderen zu bekämpfen, zeigt aber, in welche Not der Bundestag geraten ist. Wie groß sie ist, zeigt sich auch darin, dass Julia Klöckner, die neue Bundestagspräsidentin, schon jetzt daran gemessen wird, wie viele Ordnungsrufe sie in Richtung AfD-Fraktion aussprechen wird." Das war die F.A.Z.
Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Wuppertal analysiert die Situation im Parlament: "Gestärkte politische Ränder, verunsicherte Parteien in der politischen Mitte und Herausforderungen, wie Deutschland sie seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr erleben musste, sind eine schwierige Gemengelage. Es kommt jetzt auf Union, SPD und Grüne an, wie Demokratie von den Menschen wahrgenommen wird. Vor allem die AfD wird jede Schwäche nutzen, sie zu untergraben."
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz kommentiert: "Die Demokraten im neuen Parlament werden stärker als je zu parteiübergreifender Zusammenarbeit aufgefordert sein. Nicht nur aus dem praktischen Grund, dass sie zusammenfinden müssen, um an der AfD vorbei etwaige Anpassungen des Grundgesetzes erreichen zu können. Eher deshalb, weil die Bedrohung durch die Feinde unserer Demokratie so stark geworden ist, dass diese Gemeinsamkeit über Parteigrenzen hinweg die Bedingung eines erfolgreichen Abwehrkampfes ist. Das hat ganz praktische Konsequenzen – zum Beispiel einen Debattenton, der das Prinzip der kollegialen demokratischen Solidarität höher gewichtet als parteitaktische Scharfmachereien", hebt die FREIE PRESSE hervor.
Themenwechsel. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bemerkt zur Sicherheitspanne der US-Regierung beim Umgang mit streng geheimen Militär-Planungen: "Dass die Kommunikation zwischen wichtigen Staatsvertretern gelegentlich auf erstaunlich banalen Wegen funktioniert, selbst wenn es um streng geheime Dinge geht, ist keine Überraschung. Wer sich als Deutscher nicht erinnert, sollte die Begriffe 'Luftwaffenoffiziere', 'Taurus', 'Wlan' und 'Singapur' googeln. Insofern: Fehler passieren, da liest oder hört dann halt mal ein Journalist mit oder der russische Geheimdienst. Trotzdem kann einem natürlich der kalte Angstschweiß ausbrechen, wenn man sich vorstellt, über welche anderen Themen Amerikas wichtigste Außen- und Sicherheitspolitiker noch so bei Signal chatten, während Unbefugte lauschen. Oder zu welchen anderen Entscheidungen sie einander mit Faust-, Feuer- und Flaggen-Emojis gratulieren. Das Spitzenpersonal der angeblichen Führungsmacht der freien Welt bewegt sich auf dem Niveau von Teenagern", urteilt die SÜDDEUTSCHE.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) schätzt: "Was Europa mehr besorgen muss als der Umgang mit streng geheimen Informationen ist das, was aus den Inhalten der Unterhaltung nach außen drang – nämlich der Grad der Abneigung gegen unseren Kontinent, die aus den Worten von Vizepräsident J.D. Vance und Verteidigungsminister Pete Hegseth sprach. Menschen mit Illusionen über das transatlantische Verhältnis dürfte der Austausch ernüchtert haben. Denn er macht deutlich: In der US-Regierung mögen vielleicht Amateure sitzen, die das Sicherheitsprotokoll nicht beachten. Aber sie sind mächtig. Und sie werden Europa allein dastehen lassen, wenn es drauf ankommt", folgert die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Der Berliner TAGESSPIEGEL fragt: "Und jetzt? Es geht um Menschenleben, um die nationale Sicherheit, aber dass das Justizministerium wegen Geheimnisverrats ermittelt – wer glaubt das schon. Nicht in dieser Administration. Der Präsident weiß von nichts, das ist die Verteidigungslinie. Und wenn er es nicht weiß, kann es nicht so wichtig sein. Hauptsache, es wird ihm selbst nicht gefährlich."
Nun noch Stimmen zu den Verhandlungen in Riad mit Vertretern Russlands und der Ukraine über eine Waffenruhe. Die KIELER NACHRICHTEN erläutern: "Zwar gab es nach US-Angaben Fortschritte bei der Sicherheit der Schifffahrt im Schwarzen Meer. Ein Durchbruch hin zum Etappenziel einer 30-tägigen Waffenruhe blieb aber aus. Das verwundert nicht, kann Moskau doch an einer schnellen Lösung kein Interesse haben – schließlich sind die russischen Truppen auf dem Schlachtfeld auf dem Vormarsch. Putin spielt auf Zeit, er ist nie von seinen Maximalforderungen abgerückt. Was sich geändert hat: Die Bereitschaft der USA, über diese Forderungen zu verhandeln. Die wahren Verbündeten der Ukraine, das ist inzwischen klar, sind die Europäer. Sie sind jetzt umso stärker gefragt, den EU-Beitrittskandidaten vor dem Untergang zu retten", unterstreichen die KIELER NACHRICHTEN.
Das HANDELSBLATT befürchtet, die NATO müsse sich auf einen baldigen Angriff Russlands vorbereiten: "In Deutschland und anderen EU-Staaten scheint man bisher noch davon auszugehen, dass Russland erst in fünf bis acht Jahren angreifen könnte. Unabhängige Beobachter sehen die Gefahr aber schon viel früher. Für September haben Russland und Weißrussland eine gemeinsame Militärübung geplant, eine solche war auch dem Einmarsch in die Ukraine vorausgegangen. Hinzu kommt, dass die NATO vielerorts ihren eigenen Ansprüchen nur langsam gerecht wird. So schützen sich die baltischen Staaten besser als viele andere Mitgliedstaaten, sind aber auch auf Unterstützung angewiesen. Die deutsche Brigade in Litauen etwa soll erst 2027 einsatzbereit sein. Und schon heute verbreitet der Kreml wie im Fall der Ukraine das Narrativ, russischsprachige Menschen würden in der Region diskriminiert. Die Staaten an der NATO-Ostflanke können es sich nicht leisten, auf ein 'Best Case'-Szenario zu hoffen. Wie die Ukraine wissen auch sie: Allein werden sie sich nicht verteidigen können", kommentiert das HANDELSBLATT zum Ende der Presseschau.