
"Es ist noch einmal gut gegangen", kommentiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU. "Union und SPD, die Koalitionäre in spe, müssen keine zusätzlichen Haushaltslöcher stopfen. Denn das Bundesverfassungsgericht hat die Klage mehrerer FDP-Mitglieder gegen die Erhebung des Solidaritätszuschlags abgewiesen. Der Soli ist verfassungsgemäß, auch wenn ihn nur noch Top-Verdienende zahlen müssen, denn er ist weiterhin für die Vollendung der deutschen Einheit notwendig." Sie hörten die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
"35 Jahre nach der Einheit hatten viele Beobachter erwartet, dass das Bundesverfassungsgericht den Fortbestand des Solidaritätszuschlags zumindest teilweise infrage stellen würde", merkt die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz an. "Das haben die Richter nicht getan – und damit vor allem der SPD in den Koalitionsverhandlungen mit der Union einen Gefallen getan. Die Union hatte im Wahlkampf angekündigt, den Soli abzuschaffen. In den Gesprächen mit der SPD hat sie dafür nun ein Argument weniger."
Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus wirft ein, Karlsruhe habe ... "... den Gesetzgeber beauftragt, den tatsächlichen Bedarf für Mehrausgaben zur Finanzierung der Folgen der Wiedervereinigung zu beobachten. Den erhobenen Zeigefinger sollte die nächste Regierung ernst nehmen. So zeitnah wie möglich sollten entsprechende Vorbereitungen getroffen werden, um künftig ohne die rund 13 Milliarden Euro im Jahr auskommen zu können."
Hätten die obersten deutschen Richter eine Abschaffung des Soli verfügt, dann wäre das aus Sicht der AUGSBURGER ALLGEMEINEN die perfekte Gelegenheit gewesen, "... um ein Wahlversprechen der Union an die Wirtschaft zu erfüllen. Die Steuern für Unternehmen sollten reduziert werden, was die SPD nur sehr ungern mitgetragen hätte. Gegen ein Urteil aus Karlsruhe hätten sich die Sozialdemokraten nicht stellen können. Gegen die bloße Forderung nach Steuersenkungen können sie das in den laufenden Koalitionsverhandlungen gleichwohl", gibt die AUGSBURGER ALLGEMEINE zu bedenken.
Für ZEIT ONLINE steht fest: "Die Verhandler von Union und SPD können kurz durchatmen: Der Soli ist verfassungskonform. Anders als vor mehr als einem Jahr, als die Richter in Karlsruhe den Klimafonds der Bundesregierung spektakulär kippten und de facto damit das Ende der Ampel einleiteten, wirft die gestrige Entscheidung die Finanzplanung nicht komplett über den Haufen. Im Gegenteil: Das Bundesverfassungsgericht hat der nächsten Regierung ein kleines Antrittsgeschenk gemacht, ihr finanzieller Spielraum wird sich nicht verkleinern. Die nächste Bundesregierung sollte sich jedoch nicht darauf ausruhen. Eine Reform des Solidaritätszuschlags muss trotzdem her", unterstreicht ZEIT ONLINE.
SPIEGEL ONLINE greift den Gedanken auf. Der Soli könnte zum Beispiel ... "... künftig mit einer anderen Begründung erhoben werden – beispielsweise als 'Wehrbeitrag' zur Finanzierung der steigenden Verteidigungsausgaben, wie ihn der Steuerexperte Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung vorschlägt. Noch besser wäre es, der Soli würde in die bestehende Einkommensteuer integriert. Die Spitzensteuersätze könnten maßvoll angehoben werden, um im Gegenzug Entlastungen bei unteren und mittleren Einkommen zu finanzieren. Die Union sollte dazu ihr Nein zu Steuererhöhungen jeder Art aufgeben – so wie sie sich nach der Wahl schon vom kategorischen Nein zu Schulden verabschiedet hat." Das war die Meinung von SPIEGEL ONLINE.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG argumentiert mit deutlichen Worten gegen den Soli. Dieser werde ... "... seit 1995 erhoben, er sollte die Kosten der Wiedervereinigung finanzieren. Dass ihn seit 2021 nur noch körperschaftsteuerpflichtige Unternehmen, Kapitalanleger und die oberen zehn Prozent der Einkommensteuerpflichtigenzahlen, ist kein Argument gegen seine Abschaffung. Etwas, das systematisch und politisch falsch ist, wird nicht besser dadurch, dass es nicht alle trifft. Der Soli ist längst zu einer verkappten Reichensteuer 2.0 und einer x-beliebigen Einnahmequelle des Staates geworden", findet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Noch schärfer klingt die Zeitung DIE WELT. "Die oberen zehn Prozent der Steuerzahler, die sowieso in diesem leistungsfeindlichen System die größten Belastungen schultern, sollen weiterhin für ihren Fleiß, ihre Anstrengung, ihre Ausdauer bestraft werden. Wie die schockierenden Ergebnisse der Sondierung und die drohenden Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen ist auch diese Entscheidung aus Karlsruhe ein Hinweis für die künftige Generation von Leistungsträgern: Dieses Land will euch nicht, akzeptiert euch aber als Melkkühe." Das war DIE WELT.
"Den größten Gefallen täte eine schwarz-rote Koalition der Wirtschaft, wenn sie die Bürokratie lichtet", urteilt das STRAUBINGER TAGBLATT. "Daran ist bislang noch jede Regierung gescheitert. Die Bürokratie ist mittlerweile so schlimm, dass sie die Lust auf Unternehmertum und Selbstständigkeit verdirbt. Ihre Abschaffung hat einen weiteren Vorteil: Sie kostet den Staat keinen einzigen Euro."
"1902 wurde die Schaumweinsteuer zur Finanzierung der kaiserlichen Kriegsflotte eingeführt. Sie wird immer noch erhoben", schreibt abschließend zu diesem Thema die NÜRNBERGER ZEITUNG. "Das Soli-Urteil bestätigt: Eine einmal eingeführte Steuer wird nie mehr abgeschafft, egal, ob sie ihren Zweck erfüllt hat oder nicht."
Der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, Felßner, steht nicht länger für das Amt des Bundeslandwirtschaftsministers zur Verfügung. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG geht auf die Gründe ein. "Anlass war eine Aktion von Tierschutzfanatikern auf seinem Hof. Die Bedrohung, die Felßner darin sah, hat schon andere Politiker zum Rückzug gebracht, stets mit einem Echo wie Donnerhall, zumal dann, wenn der Hintergrund ein rechtsextremistischer war. Im Falle von Felßner folgte ein laues Lüftchen. Zwar kritisieren auch Organisationen, die mit den Fanatikern sympathisieren, die Aktion, sie bejubeln aber offen das Ergebnis, Felßner verhindert zu haben. Pflichtschuldig klingen die Stellungnahmen aus Parlamenten und Kabinetten, wo sonst helle Empörung herrscht, wenn etwa Robert Habeck von Landwirten bedrängt wird. Das hängt damit zusammen, dass Felßner ein Mann der CSU ist, ein Bauer, der nicht zum linken Mainstream gehört, der gegen grüne Lobbyisten agiert, sich dafür aber schon jetzt 'Lobbyminister' schimpfen lassen muss", heißt es in der F.A.Z.
Die Zeitung ND.DER TAG geht näher auf die Kritik an Felßner ein, der viele Widersacher habe. "Da sind die knapp eine halbe Million Menschen, die die Parteispitzen von CDU und SPD per Online-Petition dazu aufgerufen haben, zu verhindern, dass er, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes und CSU-Politiker, Bundeslandwirtschaftsminister wird. Da sind die zahlreichen Wissenschaftler, die der Falschaussage des 58-Jährigen öffentlich widersprochen haben, Fleischkonsum schade dem Klima nicht. Da ist das Amtsgericht Hersbruck, das den Landwirt schuldig gesprochen hat, da er jahrelang Abwasser in ein Wasserschutzgebiet eingeleitet hat." So weit der Auszug aus ND.DER TAG.
Und zum Schluss ein Blick in die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG, die den Fall zum Anlass für eine Mahnung nimmt. "Ist das die neue Normalität in Deutschland? Bestimmen nun Radikale mit Hass- und Hetzkampagnen bis hin zu überfallartigen Aktionen auf Privathäuser, wer in diesem Land Minister werden darf? Die deutschen Sicherheitsbehörden müssen sich kritisch fragen, warum sie es versäumt haben, die Familie Felßner ausreichend vor Übergriffen zu schützen. Es müsste in einer Demokratie eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass sich Spitzenpolitiker nicht um die Sicherheit ihrer Familie sorgen müssen. Das gilt im Übrigen für alle Parteien." Sie hörten die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.