02. April 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Diesmal mit Kommentaren zum Rücktritt des niedersächsischen Ministerpräsidenten Weil und zu den großangelegten Militärübungen Chinas vor Taiwan. Zunächst aber zur Bilanz von Bundesinnenministerin Faeser, die vor allem ihre Migrationspolitik hervorhebt.

Eine Passantin geht auf der Bundesallee in Berlin am Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbei
Der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist in der Asylpolitik dezidiert anderer Meinung als die scheidende Bundesinnenministerin Faeser. (Archivbild) (IMAGO / Joko)
Dazu schreibt die MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der etwa die PASSAUER NEUE PRESSE gehört: „Wahr ist, Faeser hat Dinge verändert und bewegt. Bisweilen musste sie dazu wie bei den Grenzkontrollen aber gedrängt werden. Dabei ist dies inzwischen eine der effektivsten Maßnahmen. Es ist nämlich falsch zu glauben, jeder spreche an den Grenzen das Wort ‚Asyl‘ aus und setze damit einen Prozess in Gang. Mancher landet völlig naiv an, mancher will nur mal Verwandte besuchen, andere haben gar nicht verstanden, dass sie nach einer Registrierung in einem Land nicht einfach das Land wechseln dürfen. Die Polizei braucht deshalb Unterstützung, diese Arbeit fortsetzen und noch besser machen zu können“, ist die PASSAUER NEUE PRESSE überzeugt.
Der MÜNCHNER MERKUR greift eine Ansicht auf, die der Faesers widerspricht: Der Präsident des Bundesamtes für Migration, Sommer, nämlich stellt der Asylpolitik ein – Zitat: „vernichtendes Zeugnis aus. Es sei ‚zynisch‘, erlaube keine Begrenzung der Migration und lade zum Missbrauch ein. Die Kontroverse zwischen der SPD-Ministerin und dem ihr unterstellten Behördenchef mit CSU-Parteibuch am Ende des dreijährigen Ampel-Interregnums zeigt, wie tief die Gräben in der Migrationspolitik noch immer sind. Auch Wochen nach Aufnahme ihrer Koalitionsgespräche finden CDU, CSU und SPD in der Frage der Grenz-Zurückweisungen nicht wirklich zusammen“, beobachtet der MÜNCHNER MERKUR.
Die Magdeburger VOLKSSTIMME geht näher auf die Forderungen Sommers ein. Er plädiere für – Zitat: „humanitäre Aufnahmekontingente anstelle des dysfunktionalen deutschen Asylsystems, bei dem Schlepperbanden und interessierte Staaten im Hintergrund die Fäden ziehen. Klar ist nur, dass die Dinge so nicht mehr haltbar sind. Wenn Friedrich Merz und Lars Klingbeil das nicht verstehen, können sie Deutschland in große Schwierigkeiten bringen“, notiert die VOLKSSTIMME.
„So weit sind Schwarz und Rot nicht auseinander“, findet der KÖLNER STADT-ANZEIGER: „Es geht um Akzente: Die Konservativen wollen der AfD das Wasser abgraben, indem sie Härte zeigen. Die Sozialdemokraten wollen sich durch Alleingänge an den Grenzen europäische Lösungen nicht verbauen, die nicht nur in der Asylpolitik nötig sein werden. Aber jeder will auch das jeweils andere. EU-weit ist die Bereitschaft längst groß, Errungenschaften wie offene Grenzen und freien Handel einzuschränken, um dem weit verbreiteten Wunsch nach streng regulierter Migration nachzukommen. Fakt ist, dass eine Festung Europa die Probleme der Welt von uns nur abschirmt. Gelöst werden müssen sie trotzdem“, mahnt der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Nach Ansicht der WELT sollten Sommers Vorschläge ernst genommen werden: „Tatsächliche Flüchtlinge, die nicht auf Holzbooten um ihr Leben fürchten, sondern künftig in Flugzeugen Europa ansteuern. Migranten, die legal via Arbeitsvisum einreisen. Und die, die trotzdem über das Meer kommen, sofort abschieben, zur Not über Transitländer, mit denen die EU Deals schließt. Der tödliche Strom über Mittelmeer und Atlantik, er würde zeitnah versiegen. Das wäre human. Ein ‚Weiter so‘ ist es nicht“.
Nach Niedersachsen, wo Ministerpräsident Weil von der SPD seinen Rücktritt angekündigt hat. Die Wochenzeitung CICERO resümiert in ihrer Onlineausgabe: „In den vergangenen zwölf Jahren wurde Niedersachsen vom nüchternen Juristen Stephan Weil regiert – von einem, der bei jedem Schritt genau wusste, was rechtlich möglich ist und was nicht. Die kluge, ausgeruhte und meistens sehr belastbare Analyse der Verhältnisse war die Basis von Weils Arbeit. Am Ende kommt dabei das Bild eines gut verwalteten Landes heraus, wobei großes Gestalten womöglich zu kurz gekommen ist“, lautet das Urteil des CICERO.
„Weil hinterlässt nicht nur in Niedersachsen eine Lücke“, stellt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG fest. „Sein Politikstil und der Blick auf die Welt entstammten der alten Bundesrepublik, wenn man so will, ebenso wie sein persönliches Lebensmodell. Bis zuletzt hielt Weil seinem VW Golf die Treue, und fragte man ihn nach seiner Freizeit oder dem letzten Urlaub, fielen die Antworten immer sympathisch bescheiden aus: Er war wandern, er berichtete vom Backen, er genoss die Zeit im Garten. Bei alledem ist ihm fortan alles Gute zu wünschen.“
Die LAUSITZER RUNDSCHAU erinnert daran, dass Weil immer wieder erklärt hatte, er wolle bis 2027 im Amt bleiben: „Nun gilt das nicht mehr. Dass die CDU deswegen eine vorgezogene Landtagswahl fordert, ist ihr gutes Recht und trotzdem Unsinn. Die vorzeitige Postenübergabe hat auch die Union schon praktiziert. Etwa in Hessen. Gegen solche Vorgänge wäre auch gar nichts einzuwenden. Wenn, wie in Niedersachsen, ein seit zwölf Jahren regierender Ministerpräsident einem Nachfolger die Chance zur Profilierung geben will, warum nicht? Aber dann soll man mit dieser Möglichkeit auch in den Wahlkampf gehen und nicht zusagen, für eine gesamte Legislaturperiode zur Verfügung zu stehen“, moniert die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus.
DER TAGESSPIEGEL aus Berlin nimmt den designierten Nachfolger unter die Lupe: „Mit Olaf Lies ist ein Mann für das Amt des Ministerpräsidenten nominiert, der zu Niedersachsens SPD passt: bodenständig, ein pragmatisch-behutsamer Modernisierer, ganz wie Weil, aber wohl etwas spontaner, vielleicht auch risikofreudiger. Es übernimmt nun der Mann das Ruder, der 2012 schon SPD-Landesvorsitzender war, und damals ein Mitgliedervotum gegen Weil verlor. Niedersachsens SPD also hat sich mehr für Tradition denn für einen Aufbruch entschieden“, befindet DER TAGESSPIEGEL.
DER SPIEGEL beschäftigt sich online in einer langen Analyse mit den Militärübungen Chinas rund um die Insel Taiwan. Ein Ziel dürfte es demnach sein... „die Weltgemeinschaft schrittweise an solche Manöver zu gewöhnen, um vorausblickend die Entrüstung zu mäßigen, sollte Machthaber Xi Jinping eines Tages tatsächlich losschlagen. Wenn eine alle paar Monate durchgeführte Invasionsübung international nur Schulterzucken oder routiniert geäußerte Besorgnis westlicher Diplomaten auslöst, hat Peking einen wichtigen Zwischenschritt erreicht: die Normalisierung von Gewaltandrohungen, wie die UNO-Charta sie ausdrücklich verbietet“, erklärt DER SPIEGEL.
Nach Einschätzung der TAGESZEITUNG ist China noch nicht in der Lage, das beanspruchte Taiwan militärisch zu erobern. „Militärmanöver senden aber stets Botschaften. Und sie richten sich jetzt nicht nur an die Taiwaner, die China weiter einschüchtern und zermürben will, sondern auch an Washington. Das Weiße Haus hatte sich zu Taiwans nicht näher definiertem Schutz verpflichtet. So wie Trump bereit scheint, die Ukraine an Putins Russland auszuliefern, wird auch in Taiwan befürchtet und in China erhofft, dass Trump die Insel fallen lassen könnte. Doch gab es zuletzt auch Zeichen, dass sich die USA auf einen Krieg mit China vorbereiten. Dann wäre das Signal von Chinas Säbelrasseln, dass man sich davon nicht einschüchtern lasse. So oder so deuten die Zeichen auf Eskalation“, befürchtet die TAZ, die in Berlin erscheint.
„Der wohl einzige Faktor, der Xi zurückhält, ist die mögliche Reaktion der USA“, glaubt die FRANKFURTER RUNDSCHAU. „Doch Donald Trump bringt eine neue Unberechenbarkeit. Aus europäischer Sicht ist beunruhigend, dass man von einem narzisstischen, sprunghaften US-Präsidenten abhängig ist. Aus taiwanischer Sicht ist die Lage hochgradig furchteinflößend. Dass die Öffentlichkeit in Taipeh wie so oft gelassen bleibt, hat damit zu tun, dass die Menschen dort Chinas Säbelrasseln seit Jahrzehnten kennen. Doch nur, weil ein Hund ständig bellt, heißt es nicht, dass er nicht irgendwann auch einmal zubeißt.“ Mit diesem Ausschnitt aus der FRANKFURTER RUNDSCHAU endet die Presseschau.