03. April 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Kommentiert werden unter anderem die Kriminalstatistik für Deutschland, die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD sowie die Reise des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu nach Ungarn trotz des internationalen Haftbefehls gegen ihn.

Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes, spricht während der Pressekonferenz zur Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik 2024. Neben ihm sitzen Innenminsterin Nancy Faeser und Ulrich Mäurer, Vorsitzender der Innenministerkonferenz.
Neben dem Anstieg von sexualisierter Gewalt sind auch die Gewaltverbrechen von Minderjährigen als auch nichtdeutschen Tatverdächtigen mehr geworden. (picture alliance | dpa | Soeren Stache)
"Die Gewaltkriminalität in Deutschland steigt in bedenklichem Maß", resümiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zum ersten Thema: "Vergewaltigung, Tötung, Mord, schwere Körperverletzung – mehr als 600 solcher Straftaten pro Tag wurden im vergangenen Jahr angezeigt. Beginnen muss der effektivere Kampf gegen Gewalt damit, gezielter gegen deren Wurzeln vorzugehen. Die Politik muss sich viel stärker um jene Gruppen kümmern, die besonders auffällig sind. Unter den Tatverdächtigen sind viele Minderjährige sowie Menschen, die keinen deutschen Pass haben", notiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Diesen Aspekt greift auch die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen auf: "Menschen mit Migrationsgeschichte sind im Schnitt zudem in einer schlechteren ökonomischen Situation, psychisch stärker belastet, haben womöglich selbst Gewalt erfahren oder wurden von einer positiven Einstellung zu Gewalt in der Familie geprägt. Mangelnde Integration spielt ebenfalls eine Rolle. Das heißt, es ballen sich in dieser Gruppe Risikofaktoren und es sind die Lebensbedingungen, die kriminelles Verhalten hauptsächlich erklärbar machen, nicht Herkunft oder Nationalität. Weder sollen Taten entschuldigt noch problematische Entwicklungen wegdiskutiert werden. Aber das Benennen der Fakten kann nur ein erster Schritt sein." So weit die RHEINPFALZ.
Die STUTTGARTER ZEITUNG geht auf die Zunahme der Kinder- und Jugendgewalt ein: "Die Statistik verrät, was in Familien und in der Schule schief läuft. Kriminologen sprechen in diesem Zusammenhang auch von einer 'Tiktokisierung der Gewaltkriminalität'. Wer sein Bild von der Welt vorzugsweise aus Videoschnipseln gewinnt, die häufiger dazu dienen, Mitmenschen zu verhöhnen, als ihnen Respekt zu bekunden, der wird für Zoff geradezu programmiert", meint die STUTTGARTER ZEITUNG.
Für die AUGSBURGER ALLGEMEINE lautet die Botschaft: "Konflikte löst man nicht über das Recht des Stärkeren, sondern über Kommunikation. Und die lässt sich lernen. Eine Erziehung, die auf Gleichberechtigung fußt, kann nicht nur der Gewalt durch Kinder und Jugendliche vorbeugen, sondern auch im Erwachsenenalter fortwirken. Sie ist damit ein wichtiger Baustein, um endlich auch die erneut gestiegene Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen."
In der NEUEN OSNABRÜCKER ZEITUNG heißt es mit Blick auf die Polizei: "Damit sich die Bürger sicher fühlen können, halten die Beamten den Kopf hin. Die Wertschätzung, die sie dafür bekommen, lässt oftmals aber zu wünschen übrig. Schlimmer noch: Das Aggressionspotenzial gegenüber jenen, die doch das gesellschaftliche Zusammenleben schützen sollen, wächst. Immer öfter werden Polizisten Opfer von Beschimpfungen und Tätlichkeiten. Das ist alles andere als trivial, weil es das staatliche Gewaltmonopol aushöhlt", betont die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Zu den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Der Verdruss wächst. In der Union, bei ihren Wählern, in der Wirtschaft. Was die CDU unter Friedrich Merz bisher in den Verhandlungen mit der SPD erreicht hat, passt so gar nicht zu dem, womit sie angetreten ist. Der Kanzlerkandidat versprach, die Schuldenregel allenfalls am Ende eines Reformprozesses anzupacken. Es kam bekanntlich anders - und das ist nicht nur der gewandelten Bedrohungslage geschuldet. Tatsächlich setzen Union und SPD jede Menge falsche Prioritäten. Mütterrente, Tariftreuegesetz, Rentenhaltelinie sind nur einige Stichworte. Leistungen und Regulierungen im Namen des Sozialen geben ein falsches Gefühl von Sicherheit. In der aktuellen Lage wäre es vielmehr geboten, private Investoren mit einem wettbewerbsfähigen Steuerrecht zu ermutigen, damit ein Aufbruch gelingt, von dem am Ende alle profitieren", mahnt die F.A.Z.
Skeptisch äußern sich auch die NÜRNBERGER NACHRICHTEN: "Es ist - noch jedenfalls - kein wirklicher Aufbruch zu sehen. Kein Signal dafür, dass die künftige Regierung erkannt hat, was auf dem Spiel steht. Dabei haben das alle Beteiligten vor der Wahl und auch unmittelbar danach immer wieder betont."
Und die FREIE PRESSE aus Chemnitz überlegt: "Wenn CDU-Chef Merz die Menschen im Land überzeugen will, geht das nur noch mit politischen Erfolgen. Er muss die irreguläre Migration begrenzen. Er muss jenseits der Ausgaben für Verteidigung und Investitionen auch sparen. Es muss ihm gelingen, das Land unter schwierigen weltwirtschaftlichen Bedingungen aus der ökonomischen Krise zu führen."
Die FULDAER ZEITUNG blickt auf die Sozialdemokraten: "Die SPD als Wahlverlierer scheint die Chance auf ein 'Weiter so' zu wittern. Denn sie hat Merz in der Hand: Wegen der Brandmauer zur AfD hat sich die Union den Genossen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Kommt die Regierung nicht zustande, bliebe der Union nur eine Minderheitsregierung, und Stimmen der AfD würden für viele Vorhaben gebraucht. An Neuwahlen will angesichts der aktuellen Umfragen wohl gerade in der CDU niemand denken: Betrachtet man CDU und CSU separat, dann ist die AfD schon jetzt stärkste Partei in Deutschland. Die Alarmglocken müssen also schrillen in Berlin – bei beiden Parteien. Denn sie sind zum Erfolg verdammt", lautet das Fazit der FULDAER ZEITUNG.
Dass der israelische Ministerpräsident Netanjahu ungeachtet eines internationalen Haftbefehls gegen ihn nach Ungarn gereist ist, ist Thema in der FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Der ungarische Regierungschef Orbán hat das Motto 'Der Feind meines Feindes ist mein Freund' auf seine Art interpretiert und empfängt seinen israelischen Amtskollegen. Damit provoziert Orbán nicht nur wieder die EU, sondern stellt auch den von Ungarn anerkannten Internationalen Strafgerichtshof infrage, der gegen Netanjahu einen Haftbefehl wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg erlassen hat. Netanjahu hilft wiederum Orbán dabei, um zu zeigen, wie wenig er vom Strafgerichtshof hält. Und dass, obwohl sein Gastgeber schon mal einen antisemitischen Spruch macht und dessen Regierungspartei Fidesz immer noch weit verbreitete antisemitische Einstellungen bedient", bemerkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die Zeitung ND.DER TAG bezeichnet die Reise als wohl kalkulierte Provokation zweier Machtpolitiker. "Netanjahu will beweisen, dass ihn auch ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs nicht aufhalten kann; Orbán zeigt bewusst seine Missachtung gegenüber internationalen Regeln. In bestimmten Kreisen geht Netanjahu als Retter des Abendlandes durch, der angeblich Horden fanatisierter Muslime in Schach halte, im Kampf gegen die Hamas den politischen Islam an der Wurzel bekämpfe – zum Preis einer Kriegsführung, in der höchste Richter 'genozidale Merkmale' erkennen. Das kommt trotzdem gut an bei konservativen und rechtsextremen Politikern in Europa, die Orbán das Spiel leicht machen", hält die Zeitung ND.DER TAG fest.
Abschließend die LAUSITZER RUNDSCHAU, die sich mit der US-Zollpolitik befasst: "Vielleicht will Präsident Trump einfach nur das bisherige System kaputt machen und abwarten, was sich daraus ergibt. Denn Unsicherheit und Chaos versetzen vor allem die starken Spieler in die Lage, für sich das meiste herauszuholen. Dass ihm alle Ökonomen auf der Welt vorrechnen, wie nachteilig seine Zollpolitik auch für die USA sein wird, scheint ihn nicht abzuschrecken. Auch die Aussicht auf einen weiteren Anstieg der Inflation scheint ihm gleichgültig. Dasselbe dürfte für die Gegenmaßnahmen gelten, die etwa die EU ergreifen wird. Was kann ihm schon passieren? Selbst wenn der Schritt die USA in eine Rezession stürzen sollte, wird Trump das Gegenteil behaupten. So hat er es mit der Wahlfälschung gehalten, so hat er es sein ganzes Leben lang getan", erinnert die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus und damit endet diese Presseschau.