
Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG notiert: "Es drängt sich der Eindruck auf: Regieren sei eine Last. Wie der Parteibasis verkaufen, dass nicht jedes Wahlversprechen auch umgesetzt werden kann? Und – o Graus! –, kann überhaupt der Proporz nach Geschlecht, Alter, Herkunft und religiöser Zugehörigkeit berücksichtigt werden? Doch hinter all diesen Erwägungen steckt im Grunde nur das Schielen auf die nächsten Wahlen. Denn direkt nach der Regierungsbildung wird ja erst einmal gearbeitet. Abgerechnet wird hingegen – im Idealfall – nach vier Jahren. Diese Zeit muss die nächste Koalition produktiv nutzen. Womöglich dienen die auffällig vielen Zwischenrufe in den Koalitionsgesprächen auch dem Zweck, die Erwartungen herunterzuschrauben. Hoffentlich nicht zu sehr", meint die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kritisiert die geringen Fortschritte in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD: "Die AfD ist vielmehr, nachdem sie schon Gewinnerin der Bundestagswahl war, auch die Gewinnerin der zur Routine gewordenen Koalitionsverhandlungen. Anzeichen dafür, dass sich daran etwas ändern könnte, gibt es nicht. Ukraine und Russland, Trump und der Westen, die halbherzige Art von SPD und CDU/CSU, Prioritäten zu setzen - alles Stichworte, die ihr in die Karten spielen. Unter 'Politikwechsel' hatte die Union das krasse Gegenteil verstanden, eine Umkehr, die das Land entgiftet. Die künftige Merz-Regierung geht mit der Hypothek ins Rennen, dass immer mehr Wähler der Meinung sein könnten, das gehe nicht gegen die AfD, sondern nur mit ihr", warnt die FAZ.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER appelliert an die potenziellen Koalitionäre, die Klimaziele nicht aus dem Blick zu verlieren: "Die schwarz-rote Koalition muss beim Ausbau der erneuerbaren Energien da weiter machen, wo Robert Habeck aufgehört hat, selbst wenn das in der Union niemand hören mag. So oder so ist es angebracht, dem Volk reinen Wein einzuschenken: Überall da, wo die Menschen den Ausstoß von CO2 nicht verringern oder durch Ordnungspolitik dazu gezwungen werden müssen, werden sie dafür auch bezahlen müssen. Es sei denn, man gäbe den Klimaschutz ganz auf. Es hat jedenfalls keinen Sinn, erwachsenen Staatsbürgern etwas vorzumachen. Vielmehr müssen alle die einfache Wahrheit verinnerlichen: Wenn es so weiter geht wie bisher, dann geht es nicht weiter", hebt der KÖLNER STADT-ANZEIGER hervor.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG empfiehlt den Parteien in Deutschland, den Fokus auch auf junge Menschen zu legen: "Jeder zweite Deutsche ist heute älter als 45, jeder fünfte älter als 66. Da liegt es nahe, sich an den Interessen der Älteren zu orientieren, wenn man gewählt werden will. Aber es ist gefährlich kurz gedacht. Wenn die etablierten Parteien jungen Menschen weiter das Gefühl geben, sie nicht so wichtig zu nehmen, haben es radikale Stimmen leicht, sich Gehör zu verschaffen. Das verändert die Stimmung im Land schon jetzt, und wird sich früher oder später noch deutlicher in den Wahlkabinen zeigen", unterstreicht die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
In der MÄRKISCHEN ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder heißt es: "Eine Senkung der Einkommensteuer mit dem Ziel, die Unternehmen zu entlasten, kann nicht durch höhere Steuern für Spitzenverdiener finanziert werden, wie es die SPD vorschlägt. Wer nur die Körperschaftsteuer senkt, entlastet die großen Aktiengesellschaften, verfehlt aber den Mittelstand. Die einfachste Möglichkeit, vor allem die Unternehmen zu entlasten, bietet eigentlich der Solidaritätszuschlag, der ja nur noch von Gutverdienern erhoben wird, aber hauptsächlich von Unternehmen, egal ob sie Körperschaft- oder Einkommensteuer zahlen. Leider hat sich die SPD in den vergangenen Jahren immer wieder dagegen gewehrt, die 'Reichen' auf diesem Weg zu entlasten", unterstreicht die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Deutschland brauche eine strategische Neuausrichtung, um nicht weiter abzusteigen, fordert die BERLINER ZEITUNG. "Es ist durchaus möglich, dass der Handelskonflikt mit den USA nicht von Dauer ist – falls Trump erkennt, dass die Zölle am Ende auch der US-Wirtschaft schaden, und zur Kooperation zurückkehrt. Was jedoch klar ist: Deutschland und Europa haben nur dann eine Chance, wenn sie diese neue Lage nicht länger verwalten, sondern endlich gestalten. Und zwar nicht morgen, nicht irgendwann – sondern jetzt!"
Der MÜNCHNER MERKUR rät zu Pragmatismus: "Doch steckt gerade in diesen Krisen auch eine Chance: Putin und Trump im Äußeren und Demokratieverächter im Inneren stellen Deutschland und Europa auf die Probe und schweißen die Koalitionäre trotz unterschiedlicher Weltanschauungen zusammen. Läuft es gut, stellen CDU, CSU und SPD ihr Parteigezänk ab jetzt hintan. Alle wissen: Schwarz-Rot und Merz sind sowas wie die letzte Patrone unserer liberalen Demokratie."
Nun ins Ausland. US-Präsident Trump hat mit seiner Zollpolitik die Handelspartner aufgebracht. Trump befinde sich durch eigenes Verschulden in der Bredouille, ist in der Ulmer SÜDWEST PRESSE zu lesen: "Das Gesicht zu wahren ist nun schwierig. Retten könnten ihn höchstens Kompromisse, einzelne Handelsabkommen mit Partnerländern, die er dann den Wählern als großen 'Deal' und Sieg für Amerika verkauft."
Angesichts der Zollpolitik von US-Präsident Trump fragt sich das HANDELSBLATT, wo die Akteure mit Sachverstand geblieben sind: "Der US-Präsident glaubt tatsächlich, dass er mit jedem Land eine ausgeglichene Handelsbilanz erzwingen muss. Wer kann in dieser Situation die Stimme der Vernunft sein? Scott Bessent, der US-Finanzminister, könnte eine solche Stimme sein. Immerhin kennt er sich als ehemaliger Hedgefonds-Manager auf den Finanzmärkten aus. Doch in Interviews plappert er wie ein Papagei Trumps Thesen nach, vielleicht auch, um sein politisches Überleben zu sichern. Bleibt noch Jerome Powell, Chef der US-Notenbank Fed. Auch er hat Fehler gemacht, hat anfangs zu zögerlich auf die steigende Inflation reagiert. Aber er ist ein Konservativer, kein Populist, eine durch und durch integre Persönlichkeit. Und die Fed ist eine Institution, in der Vernunft und Sachverstand noch nicht verboten sind", betont das HANDELSBLATT.
Die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN blicken auf die sinkenden Ölpreise: "Als Trump am 2. April anfing, die westlichen Finanzmärkte durcheinanderzuschütteln, konnten die Kommentatoren des russischen Staatsfernsehens ihr Glück kaum fassen. Man müsse Trump ein Denkmal setzen, hieß es höhnisch. Inzwischen sind diese Töne verklungen. Denn eine globale Rezession, die auch die Ölpreise fallen lässt, kann kein Staat der Erde so wenig gebrauchen wie Russland. Ein gigantischer weltpolitischer Treppenwitz könnte in den kommenden Monaten Gestalt annehmen: Vielleicht verpasst Trump – unabsichtlich – der russischen Führung Schläge, die sie, nach langen Zeiten eines wirkungsarmen westlichen Sanktionsregimes, doch noch ins Taumeln bringt", hoffen die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN.
In der Zeitung ND.DER TAG ist zu lesen: "Der Zollkonflikt ist ein Paradebeispiel dafür, wie politische Debatten nach rechts abrutschen. Ursprünglich kritisierten linke Gruppen und soziale Bewegungen die neoliberale Globalisierung, die spätestens seit 1990 zu exponentiellen Wachstumsraten beim Handel führte. Die Schaffung weltweiter Märkte für Waren, Kapital und Dienstleistungen hatte massive Folgen für arme Bevölkerungsteile und für Entwicklungsländer, zumal starke Wirtschaftsmächte ihre Subventionen nicht reduzierten. Sozialstandards wurden ausgehöhlt, die Umweltverschmutzung nahm zu. Linke Ökonomen kritisierten Handelsungleichgewichte und die einseitige Exportorientierung in Ländern wie Deutschland. Mit der Finanzkrise von 2008 wurde auch dem Letzten klar, dass deregulierte Märkte massive Schäden anrichten können", erinnert ND.DER TAG.