17. April 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

In den Kommentaren geht es um die anhaltende Diskussion über den Umgang mit der AfD im Bundestag und um die elektronische Patientenakte, die Ende des Monats in ganz Deutschland starten soll. Weiteres Thema ist die Debatte um Einreiseflüge aus Afghanistan.

Die Fraktion der AfD während einer Sitzung im Bundestag.
Wie umgehen mit der AfD im Bundestag? In Union und SPD gibt es unterschiedliche Ansichten. (picture alliance / Geisler-Fotopress / Bernd Elmenthaler)
Unionsfraktionsvize Spahn hat vor Kurzem erklärt, man solle die AfD wie eine normale Oppositionspartei behandeln und sie auch in den Vorsitz von Ausschüssen wählen. Die AUGSBURGER ALLGEMEINE hält dazu fest: "Diesen Schritt ist das Parlament bislang aus guten Gründen nicht gegangen. Genützt hat es nichts: Mit der Wahl ist die AfD-Fraktion sogar massiv angewachsen, sie steht also für eine immer breiter werdende Wählerschaft. Allein: Ein Anrecht auf Ausschussvorsitze ergibt sich dadurch eben nicht. Für die anderen Parteien kann nicht der Blick auf das Wahlergebnis entscheidend sein, sondern der auf die Inhalte. Die Hoffnung, dass sich die Partei von allein entzaubert, indem man ihr Verantwortung überträgt, hat sich längst als unrealistisch erwiesen", hebt die AUGSBURGER ALLGEMEINE hervor.
Es sei nicht unproblematisch, die AfD von Posten wie dem Bundestagsvizepräsidenten fernzuhalten, heißt es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG: "Die AfD wird sich dann wie gewohnt als Opfer eines angeblichen Kartells der anderen Parteien darstellen. Das aber wäre eine Verdrehung der Fakten. Nach ihrem ersten Einzug in den Bundestag 2017 ließen sich die anderen Parteien darauf ein, AfD-Leute zu Vorsitzenden von Bundestagsausschüssen zu wählen. Zwei von ihnen verursachten mehrere Eklats. Hinzu kamen weitere Vorfälle wie die Einladung von AfD-Sympathisanten in den Bundestag, die dort ungebremst andere Abgeordnete und auch Minister anpöbelten. Die AfD hat die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zerstört. Von Reue ist nichts zu hören. Die Botschaft kann nicht sein, solches Verhalten mit einer Normalisierung zu belohnen", betont die SZ.
Die STUTTGARTER NACHRICHTEN erinnern: "Bis 2019 war es üblich, dass man der AfD-Fraktion entsprechende Ämter anvertraute. Das änderte sich, nachdem sich der AfD-Vize und damalige Rechtsausschussvorsitzende Brandner so offen antisemitisch äußerte, dass er abgesetzt wurde. Seitdem hat sich die AfD weiter radikalisiert, wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet. Und sie tut nichts, das zu ändern. Im Gegenteil: In ihren Reihen sitzen nun noch mehr bekannte Rechtsextreme. Solange die AfD sich nicht wie eine normale Oppositionspartei benimmt, gibt es keinen Grund, sie wie eine zu behandeln", finden die STUTTGARTER NACHRICHTEN.
Roderich Kiesewetter habe recht, wenn er die Rechtsradikalen der AfD zu einem Sicherheitsrisiko erkläre, lesen wir im Kommentar der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG - und weiter: "Im Bundestag sollte es die anderen Fraktionen aber nicht davon abhalten, Ausschussvorsitzende aus den Reihen der AfD zu akzeptieren. Das konterkariert deren Märtyrergetue und zwingt sie, sich den Gepflogenheiten des Parlaments unterzuordnen. In ihrer nunmehr dritten Wahlperiode wäre es zudem ein Zeichen von Klugheit, wenn die AfD ihre Oppositionsrolle auch ausfüllen würde - nicht als völkisch versiffter Pöbel, sondern als 'normaler' Teil des Parlaments. Was auch immer das bedeuten mag: Eine Opposition 'wie jede andere' wird die AfD so schnell aber nicht werden", ist sich die FAZ sicher.
Thema der WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN aus Münster ist die elektronische Patientenakte, die bald bundesweit starten soll: "Es ist das, was man gemeinhin eine 'schwere Geburt' nennt. Die elektronische Patientenakte für alle kommt − und das schon am 29. April, eine Woche bevor die geschäftsführende Bundesregierung mit der Wahl des neuen Kanzlers abdanken muss. Ein Schelm, wer jetzt denkt, dass Noch-Gesundheitsminister Lauterbach die Geburt hat zwangseinleiten lassen, um als stolzer Vater noch dabei zu sein. Ob der SPD-Politiker Lauterbach eines Tages gefeiert wird, weil er den Deutschen neben der E-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und dem E-Rezept auch die E-Patientenakte beschert hat, wird sich zeigen. Grund zur Skepsis gibt es. Das Versprechen der 100-prozentigen Sicherheit hat Lauterbach bereits kassieren müssen", heben die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN hervor.
Die TAGESZEITUNG führt aus: "Bei der ePA äußern Expert:innen Zweifel daran, dass tatsächlich alle Sicherheitslücken gestopft sind, die zwei Forscher:innen im Dezember publik gemacht hatten. Es scheint, dass hier Geschwindigkeit vor Sicherheit geht. Und das ist fatal: Schließlich betrifft es Millionen von gesetzlich Versicherten mit ihren Gesundheitsdaten. Viele Versicherte sind sich nicht einmal dessen bewusst, dass Ärzt:innen künftig Befunde, Diagnosen und Untersuchungsergebnisse in die digitale Akte stellen, und dass andere Behandler:innen darauf zugreifen können. Das zeugt entweder von Desinteresse – oder von einem großen Vertrauen in das Gesundheitssystem. Was passieren kann, zeigt etwa der Blick nach Dänemark: Nach einem Cyberangriff sind hier Anfang Dezember detaillierte Patientendaten veröffentlicht worden. Vertrauen reicht nicht, um so etwas zu verhindern", folgert die TAZ.
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz befürchtet, dass Reformen und steigende Kosten Folgen für die Versicherten haben werden: "Mehr Eigenbeteiligung einerseits oder mehr solidarische Finanzierung aus dem Steuertopf und durch eine gerechte Verbreitung der Einnahmebasis andererseits? Um die Entscheidung wird es gehen. Und niemand darf sich da täuschen: Immer wenn von 'mehr Eigenverantwortung' oder 'mehr Selbstbestimmung' die Rede sein wird, ist nur eines gemeint: mehr Lasten auf den Schultern der gesetzlich Versicherten", ist sich die FREIE PRESSE sicher.
Noch einmal Themenwechsel: Das Portal T-ONLINE befasst sich mit einem Flug, der als gefährdet eingestufte Menschen aus Afghanistan nach Deutschland gebracht hat und schreibt: "Nur weil der Ukraine-Krieg und Donald Trumps Zoll-Tiraden die humanitäre Krise am Hindukusch aus den Schlagzeilen verdrängt haben, heißt das nicht, dass die Bundesregierung nicht mehr an ihre Zusagen gebunden wäre. Und nur weil sich der gesellschaftliche Diskurs mittlerweile auf Abschiebeflüge in die andere Richtung fokussiert, dürfen Menschen, die während des Bundeswehr-Einsatzes als Übersetzer oder Fahrer für deutsche Behörden ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, nicht einfach im Stich gelassen werden. Viel eher ließe sich die Frage stellen, warum sie nicht schon längst in Sicherheit gebracht worden sind", hebt T-ONLINE hervor.
Mit ihrer Kritik an dem Aufnahmeflug schieße die Union maßlos über das Ziel hinaus, bemerkt die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz: "Sie begibt sich damit auf dünnes Eis, denn ihr künftiger Kurs in dieser Frage ist noch unklar. Zwar heißt es im neuen Koalitionsvertrag, man werde freiwillige Aufnahmeprogramme, zum Beispiel für Afghanistan, beenden. Hinzugefügt ist aber wohlweislich die Einschränkung 'soweit wie möglich'. Denn bei den Aufnahmezusagen für insgesamt noch rund 2.600 Menschen handelt es sich rechtlich um Verwaltungsakte, auf die sich Betroffene berufen und auch klagen können. Ob die CDU diese nach Regierungsantritt einfach zurücknehmen kann, ist sehr fraglich. Die künftige Kanzlerpartei sollte sich besser mäßigen", empfiehlt die RHEIN-ZEITUNG.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER blickt zurück: "Im Spätsommer 2021 mussten Tausende in einem dramatischen Einsatz aus Afghanistan herausgeholt werden, übrigens unter der Ägide einer CDU-Verteidigungsministerin. Und erst vor ein paar Tagen wurden dort wieder Menschen hingerichtet – öffentlich. Dass deutsche Politiker, die solche Verhältnisse damals für unzumutbar hielten, heute mit dem Gestus der Empörung meinen, man könne sogar besonders gefährdete Einheimische ruhig ihrem Schicksal überlassen, ist bitter." Mit diesem Auszug aus dem KÖLNER STADT-ANZEIGER endet die Presseschau.