22. April 2025
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Viele Zeitungen kommentieren den Tod von Papst Franziskus.

Viele Zeitungen kommentieren den Tod von Papst Franziskus.
Papst Franziskus (Archivbild) (dpa)
So schreibt die SÜDWEST PRESSE aus Ulm: "Papst Franziskus ist tot. Fast ist es so, als würde die Welt für einen Augenblick stille stehen. Mit Franziskus verliert sie einen außerordentlichen Menschen: herausfordernd, barmherzig, seine Theologie und Seelsorge konsequent aus der Perspektive der an den Rand Gedrängten denkend. Der Mann vom anderen Ende der Welt hat seinen Machtapparat herausgefordert wie kein Papst zuvor. Keinem ist aus der Kurie so viel Gegnerschaft entgegengeschlagen wie ihm."
"Der Papst ist tot – es lebe die Kirche", ist im Berliner TAGESSPIEGEL zu lesen. "Denn darum geht es, über die eine Person hinaus, in der sich alles bündelt: das Überleben der Kirche, in diesem Fall der katholischen, zu sichern. Sie hält sich für ewig, aber was morgen ist, wer weiß das schon auf Erden. Sich öffnen, gegenwärtig sein, im Alltag der Menschen eine Rolle spielen, darum geht es mehr denn je." .
Der große Kirchenreformer sei Franziskus nicht gewesen, meint das HANDELSBLATT und führt aus: "Er schaffte weder das Zölibat ab, noch setzte er sich für die Priesterinnenweihe ein. Er kämpfte nicht gegen die Diskriminierung Geschiedener und auch nicht für eine Abschaffung des weltfremden Verhütungsverbots. Den Widerspruch zwischen seiner tiefen Humanität und seiner Treue zur Doktrin hielt er über die Jahre erstaunlich gut aus. Diese Treue verhinderte allerdings nicht, dass dieser Papst die innerkirchliche Korruption genauso anklagte wie das fragwürdige Finanzgebaren des Vatikans und die zu oft selbstherrliche Attitüde seiner Glaubensbrüder", unterstreicht das HANDELSBLATT.
Die TAGESZEITUNG aus Berlin notiert: "Dass ausgerechnet J. D. Vance zu seiner letzten Audienz kommen durfte, das hat er nicht verdient. Das mag ziemlich sarkastisch klingen, ist aber in zweierlei Hinsicht treffend, je nachdem, wer mit 'er' gemeint ist: Der US-Vizepräsident, 2019 zum Katholizismus konvertiert, nutzt seinen neuen katholischen Glauben zumindest öffentlich vor allem für sein reaktionäres politisches Programm – dass er die Ehre der letzten Audienz bekam, ist sehr unpassend. Vance hat das nicht verdient. Aber natürlich hat es auch Franziskus nicht verdient, dass dies sein letztes politisches Gespräch auf Weltebene und hier auf Erden sein sollte. Denn der Papst und die Regierung Trump sind sich in fast allen Fragen so fern wie Himmel und Hölle, um das hier passende Bild zu wählen", ist in der TAZ zu lesen.
Die SCHWÄBISCHE ZEITUNG aus Ravensburg erinnert: "Hartnäckige Kritiker in der römischen Kurie bremsten Reformen des Vatikan-Apparates aus. Die Aufarbeitung des Missbrauchs-Skandals in Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas lässt auf sich warten. Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen bleibt ausbaufähig. Diese Themen hat Franziskus zwar zugelassen, Antworten aber konnte er nicht mehr geben, er blieb gewissermaßen unvollendet. Ungewiss ist, ob der nächste Papst die offenen Fragen lösen will."
Die STUTTGARTER ZEITUNG räumt ein: "Mag sein, dass Franziskus mehr Erneuerung wollte. Mag sein, dass er an den Netzwerken der Traditionalisten scheiterte. Mag sein, dass er vor allem die Weltkirche zusammenhalten musste. Doch Franziskus hinterlässt seinem Nachfolger ein schwieriges Erbe. Überbordende Erwartungen an den künftigen Papst sind ganz sicher fehl am Platz."
Das Magazin CICERO hält fest: "Es ist erstaunlich, wie unzufrieden Gegner und Unterstützer gleichermaßen mit Papst Franziskus am Ende seiner Amtszeit waren. Vielleicht liegt gerade darin das tiefe Geheimnis dieses Pontifikats, eine gewisse Ironie, die der humorbegabte Jorge Bergoglio in sein Erbe eingeschrieben hat. Die Konservativen haben unter Franziskus gelitten, weil er die Kirche und ihre Lehre weniger streng und monolithisch präsentiert hat. Manche Entwicklungen, etwa eine stärker dialogisch geprägte Führungskultur - 'Synodalität' - und auch mehr Macht im Vatikan für Frauen, werden sich schwer einfach rückgängig machen lassen", prognostiziert der CICERO.
"Große Gesten, aber kein Revolutionär" - überschreibt der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER seinen Kommentar. "Die deutschen Katholiken werden nun mit Spannung auf das Konklave in Rom blicken. Wird ein mutiger Reformer auf Franziskus folgen, der den deutschen Bischöfen mehr Spielräume dabei gibt, Fortschritte für Frauen, Wiederverheiratete und queere Menschen durchzusetzen? Oder wird sich ein Konservativer durchsetzen, der Reformbewegungen wie den Synodalen Weg rigoros unterbindet und kritischen Theologen die Lehrerlaubnis entzieht? Die Messlatte für den neuen Papst wird es sein, dass es ihm gelingt, die Kirche zu erneuern und damit die Austrittswelle zu stoppen", meint der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER
Der WESER-KURIER aus Bremen widmet sich der Frage, wer künftig das höchste Amt in der katholischen Kirche bekleiden wird: "Für die Kirche hierzulande ist es überlebenswichtig, wer nun auf Franziskus folgt. Einen verknöcherten und sauertöpfischen konservativen Moralisierer kann sich Rom nicht mehr leisten, soll der Katholizismus in Deutschland eine Zukunft haben. Es braucht vielmehr einen fröhlichen Botschafter des Glaubens, der die Menschen liebt. Eben einen Papst vom Schlag eines Franziskus."
Die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN aus Münster loben: "Franziskus, dieser Name war für den neuen Pontifex Programm. Es verging in seiner Amtszeit kaum eine Woche, in der er nicht für Flüchtlinge und Arme eintrat und mahnte, menschlich zu handeln. Die Kurie baute Franziskus nach modernen Standards um. Ambivalent wirkte sein Streben nach Reformen. Er wollte mit der Weltsynode von Rom aus die Zügel in der Hand behalten und Einheit stiften. Sonderwege wie in Deutschland missfielen ihm. Manches blieb auf halbem Wege stecken. Vor allem aber hat dieser Papst mit seiner barmherzigen Güte viele Menschen zutiefst berührt", unterstreichen die WESTFÄLISCHE NACHRICHTEN.
Dazu schreibt der MANNHEIMER MORGEN: "Der katholischen Kirche ist zu wünschen, dass ihr nächstes Oberhaupt von weltweit 1,4 Milliarden Gläubigen die Bescheidenheit und den Mut eines Franziskus in sich trägt und zugleich eine hörbare Person der Weltpolitik wird. Den Katholiken in Deutschland ist zugleich zu wünschen, dass ihre Kardinäle und Bischöfe nicht nur die grundsätzlichen Fragen von Leben und Tod behandeln, sondern zu einer klaren Sprache finden, die den gesellschaftlichen Frieden stärkt und den wuchernden Hass in alle Richtungen versucht einzudämmen", hebt der MANNHEIMER MORGEN hervor.
Hören Sie nun noch Kommentare zur Sozial- und Rentenpolitik von Union und SPD. In der MÄRKISCHEN ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder heißt es: "Erklärtes Ziel der neuen Regierung ist, dass die Menschen im Land mehr Netto vom Brutto haben. Gerade läuft alles auf das Gegenteil hinaus. Bei Krankenversicherung und Pflegeversicherung sind Anstiege der Beiträge programmiert. Zudem dürfte sich die Finanzlage der Arbeitslosenversicherung noch verschärfen, wenn die Wirtschaft weiter nicht in Schwung kommt. Und schon jetzt steht fest, dass über die Jahre der Anteil des Lohns für die Rentenkasse steigen wird. Alles über Steuerzuschüsse auszugleichen, kann nicht die Lösung sein. Fakt ist, in jeder Sozialversicherung müssen die Kosten gesenkt werden", fordert die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Der wahrscheinlich neue Bundeskanzler Merz habe erkennbar keine Eignung, Deutschland in eine bessere Zukunft zu führen, meint das STRAUBINGER TAGBLATT. "Für alle Systeme, die heute nicht mehr ausreichend funktionieren – Krankheit, Pflege, Rente -, gibt es nicht annähernd unter einem Kanzler Merz eine politische Antwort. Das wird im Koalitionsvertrag buchstäblich ausgespart. Als die SPD am Ende der Koalitionsverhandlungen immerhin dann doch noch zur Sprache brachte, dass es in der Steuergesetzgebung Änderungen brauche, um diese Systeme besser zu finanzieren, reagierte Merz mit einem Tobsuchtsanfall. Soll das eine politische Antwort auf ein Problem sein?", fragt das STRAUBINGER TAGBLATT zum Ende der Presseschau.