Mehrfach würde man gern "Buh!" rufen an diesem Abend. Natürlich nicht, um Cecilia Bartoli oder ihren Kollegen Missfallen zu bekunden, sondern um seinem Ärger bezüglich gewisser Personen im Publikum Luft zu machen. Bei der Premiere von Vincenzo Bellinis "Norma" war die Mischung aus exaltierter Husterei, herunterfallenden Handys, Programmheften und Handtaschen sowie hysterischem "Bravo"-Gekreisch nach besonders ergreifenden Stellen nahezu unerträglich.
Außerdem ist das Getrampel und Gejohle bereits nach dem ersten Akt schlicht unangemessen. Denn Cecilia Bartoli braucht bei ihrem szenischen Norma-Debüt (sie hat die Partie erstmals 2010 in Dortmund konzertant interpretiert) eine ganze Weile, bis sie sich vokal warmgelaufen hat. Vor allem die Paradearie "Casta Diva" enttäuscht und lässt ziemlich kalt. Mit manierierten Tremoli betet Bartoli die Mondgöttin an. War das nur Premierennervosität oder gar ein musikalisches Missverständnis?
Bartolis kalte Künstlichkeit hält sich noch eine ganze Weile, das restliche Ensemble macht seine Sache dagegen von Anfang an vorzüglich. Wunderbar etwa der leichte Sopran Rebeca Olveras (als Normas Widersacherin Adalgisa), John Osborn überzeugt als sehr präsenter Pollione. Giovanni Antonini steht am Pult des Zürcher Originalklang-Orchesters La Scintilla und dirigiert eine neue, quellenkritische Notenausgabe.
Man hört schnarrendes, ruppiges Blech, viel Kantiges und Eckiges, als Kontrast jedoch regelrecht arkadische Klanglandschaften, die die Sänger schön umschmeicheln. Aufgewertet werden die jetzt konsequenter durchgeformten Rezitative. Hervorragend der schweizerische Rundfunkchor aus Lugano, besonders das kriegslüsterne "Guerra, guerra!" des zweiten Akts ging unter die Haut, auch weil sich in dieser Fassung an die wuchtigen Bögen ein sanfter, hoffnungsvoller Friedensgesang anschließt.
Nach der Pause konnte endlich auch Cecilia Bartoli vollauf überzeugen. Irgendwie passte ihr Koloraturenfeuerwerk nun besser, mehr und mehr entstand eine überragende Rollenstudie, die tatsächlich etwas ganz Eigenes jenseits der Callas (und ihrer Nachfolgerinnen) bietet – vergeistigter Belcanto mit unzähligen Schattierungen.
In der zweiten Hälfte des Abends überzeugte auch die Regie von Moshe Leiser und Patrice Caurier. Sie verlegten das Geschehen um die zwischen Liebe, eifersüchtigem Hass und Verrat schwankende Priesterin von der Römerzeit in die Résistance. Ein etwas gammliges Schulgebäude ist der Spielort, am Ende lässt sich Norma (samt ihrem Geliebten Pollione) ebendort verbrennen.
Auch im weiteren Festivalprogramm spielten freiwillige und unfreiwillige Opfer eine große Rolle. So konnte man etwa Andrei Tarkowskis letzten Film "Offret" sehen, es gab Haydns "Sieben letzte Worte unseres Erlösers am Kreuze" oder das Deutsche Requiem von Brahms. Sensationell war eine Aufführung des kaum bekannten Oratoriums "Isacco figura del Redentore" von Niccolò Jommelli mit dem Ensemble I Barocchisti unter Diego Fasolis.
Das St. Petersburger Mariinski-Ballett zeigte drei Klassiker, darunter – exakt 100 Jahre nach der Uraufführung – "Le Sacre du Printemps" in Nijinskis legendärer Choreografie. Immer noch beeindrucken nicht nur die exzessive Formensprache, sondern auch die farbenfrohen Bühnenbilder und Kulissen von Nicolas Roerich sowie Igor Strawinskys Neulandmusik aus Synkopengewittern, extremen Zerrklängen und bösen Dissonanzen.
Das Tanzensemble machte seinem guten Ruf alle Ehre, während Valery Gergiev am Pult des Mariinski Orchesters eine sehr eigene 'Dirigierchoreografie' bot, die nicht allen Musikern vermitteln konnte, was genau wann zu tun war. Der Beginn des "Sacre" zum Beispiel wurde zu einem längeren Suchen und sich nur mühsam Finden.
Außerdem ist das Getrampel und Gejohle bereits nach dem ersten Akt schlicht unangemessen. Denn Cecilia Bartoli braucht bei ihrem szenischen Norma-Debüt (sie hat die Partie erstmals 2010 in Dortmund konzertant interpretiert) eine ganze Weile, bis sie sich vokal warmgelaufen hat. Vor allem die Paradearie "Casta Diva" enttäuscht und lässt ziemlich kalt. Mit manierierten Tremoli betet Bartoli die Mondgöttin an. War das nur Premierennervosität oder gar ein musikalisches Missverständnis?
Bartolis kalte Künstlichkeit hält sich noch eine ganze Weile, das restliche Ensemble macht seine Sache dagegen von Anfang an vorzüglich. Wunderbar etwa der leichte Sopran Rebeca Olveras (als Normas Widersacherin Adalgisa), John Osborn überzeugt als sehr präsenter Pollione. Giovanni Antonini steht am Pult des Zürcher Originalklang-Orchesters La Scintilla und dirigiert eine neue, quellenkritische Notenausgabe.
Man hört schnarrendes, ruppiges Blech, viel Kantiges und Eckiges, als Kontrast jedoch regelrecht arkadische Klanglandschaften, die die Sänger schön umschmeicheln. Aufgewertet werden die jetzt konsequenter durchgeformten Rezitative. Hervorragend der schweizerische Rundfunkchor aus Lugano, besonders das kriegslüsterne "Guerra, guerra!" des zweiten Akts ging unter die Haut, auch weil sich in dieser Fassung an die wuchtigen Bögen ein sanfter, hoffnungsvoller Friedensgesang anschließt.
Nach der Pause konnte endlich auch Cecilia Bartoli vollauf überzeugen. Irgendwie passte ihr Koloraturenfeuerwerk nun besser, mehr und mehr entstand eine überragende Rollenstudie, die tatsächlich etwas ganz Eigenes jenseits der Callas (und ihrer Nachfolgerinnen) bietet – vergeistigter Belcanto mit unzähligen Schattierungen.
In der zweiten Hälfte des Abends überzeugte auch die Regie von Moshe Leiser und Patrice Caurier. Sie verlegten das Geschehen um die zwischen Liebe, eifersüchtigem Hass und Verrat schwankende Priesterin von der Römerzeit in die Résistance. Ein etwas gammliges Schulgebäude ist der Spielort, am Ende lässt sich Norma (samt ihrem Geliebten Pollione) ebendort verbrennen.
Auch im weiteren Festivalprogramm spielten freiwillige und unfreiwillige Opfer eine große Rolle. So konnte man etwa Andrei Tarkowskis letzten Film "Offret" sehen, es gab Haydns "Sieben letzte Worte unseres Erlösers am Kreuze" oder das Deutsche Requiem von Brahms. Sensationell war eine Aufführung des kaum bekannten Oratoriums "Isacco figura del Redentore" von Niccolò Jommelli mit dem Ensemble I Barocchisti unter Diego Fasolis.
Das St. Petersburger Mariinski-Ballett zeigte drei Klassiker, darunter – exakt 100 Jahre nach der Uraufführung – "Le Sacre du Printemps" in Nijinskis legendärer Choreografie. Immer noch beeindrucken nicht nur die exzessive Formensprache, sondern auch die farbenfrohen Bühnenbilder und Kulissen von Nicolas Roerich sowie Igor Strawinskys Neulandmusik aus Synkopengewittern, extremen Zerrklängen und bösen Dissonanzen.
Das Tanzensemble machte seinem guten Ruf alle Ehre, während Valery Gergiev am Pult des Mariinski Orchesters eine sehr eigene 'Dirigierchoreografie' bot, die nicht allen Musikern vermitteln konnte, was genau wann zu tun war. Der Beginn des "Sacre" zum Beispiel wurde zu einem längeren Suchen und sich nur mühsam Finden.