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Die Profiteure der Finanzkrise

Während die Finanzkrise tiefe Löcher in die Staatskassen der Industrienationen schlägt, setzte der Goldpreis zu einem Höhenflug an und befindet sich heute auf Rekordniveau. Davon profitieren auch die Förderländer in Westafrika, die ihre Goldvorkommen bisher kaum ausgebeutet haben: Senegal und Burkina Faso zum Beispiel.

Von Marc Dugge |
    Es ist laut geworden in der Savanne. Das Dröhnen der Maschinen mischt sich mit dem Lärm des Steinbrechers. Große Lastwagen transportieren Gestein aus den Schächten, die sich über Hunderte Meter erstrecken. Steine, in denen sich wertvolles Gold befinden kann.

    Gefördert auf dem Gelände von SOMITA, der Minengesellschaft von Tarpako, im Norden von Burkina Faso. An SOMITA hält das kanadische Unternehmen High River Gold 90 Prozent der Anteile, den Rest der Staat Burkina Faso. Marco Kelly, Generaldirektor der Mine, sagt: Wir leisten hier Pionierarbeit.

    "Als wir 2005 hier anfingen, existierte gar keine Gold-Produktion. Vor uns gab es nur die Mine von Poura, die zu dem Zeitpunkt aber schon stillgelegt war. Wir hatten keine größeren Schwierigkeiten mit dem Staat – allerdings hatten wir Probleme, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden, da das hier kein Bergbauland war. Deswegen mussten wir zu Beginn viel aufwenden, um unsere Arbeiter auszubilden."

    Jahrzehntelang hatten Gold-Firmen einen Bogen um Burkina Faso gemacht. Unsichere politische Verhältnisse, hohe Investitionskosten, eine monströse Bürokratie. Als der Goldpreis Anfang des Jahrtausends immer weiter steigt, reagiert Burkina Faso. Mit einem neuen Minengesetz. Es garantiert Steuerbefreiungen für drei Jahre und beschleunigte Genehmigungsverfahren.

    Der Staat will endlich an das Gold, das unter der Savanne schlummert, erst recht in diesen Zeiten. Er rollt Gold-Unternehmen den roten Teppich aus: Und High River Gold zögert nicht lange, ihn auch zu betreten. Das Unternehmen ist nicht allein: In den vergangenen zwei Jahren wurden fünf neue Minen geöffnet, zwei weitere sollen in diesem Jahr folgen. Wer beim neuen Goldrausch nicht dabei ist, ist selber schuld, so Elie Justin Ouédrago, Ex-Minister für Bergbau und Energie:

    "Burkina Faso ist ein Land mit großem Potenzial. Wir haben zum Beispiel den sogenannten ‚grünen Fels’ - so nennt man Gestein, das mit hoher Wahrscheinlichkeit Edelmetalle enthält. Unter einem Großteil von Burkina liegt grüner Fels. Wir haben davon genauso viel wie Ghana – und mehr als Mali."

    In Burkina Faso wurde im vergangenen Jahr mehr als doppelt so viel Gold abgebaut wie im Vorjahr: Insgesamt 12,2 Tonnen. Das hat dem Staat knapp 270 Millionen Euro an Exporteinnahmen beschert. Gold hat damit zum ersten Mal mehr Geld in die Kassen gespült als Baumwolle, das Hauptexportgut von Burkina. Und so dürfte es auch bleiben: Der Internationale Währungsfonds erwartet, dass die Gold-Erlöse im Jahr 2010 noch einmal kräftig steigen werden, auf rund 450 Millionen Euro. Nicht nur wegen des hohen Goldpreises, sondern auch, weil weitere Minen eröffnet werden.

    Es lohnt sich für die Unternehmen, trotz hoher Kosten für Transport und Energie. Nicht nur Burkina Faso ist im Visier der Goldschürfer. Ganz West-Afrika gilt derzeit als die heißeste Region für den Goldbergbau. Das traditionelle Gold-Land Südafrika spielt allenfalls noch eine Nebenrolle, so Julian Emery vom Rohstoffanalysten Ambrian in London:

    "Südafrika hat eine sehr reife Industrie. Was übrig geblieben ist, sind nur ein paar alte Minen, die wiedereröffnet werden, wo sehr tief gegraben werden muss. Das lohnt sich selbst bei diesem hohen Goldpreis kaum, die Kosten für Ventilation und Abbau sind in diesen Tiefen sehr hoch. Westafrika hat sehr gute geologische Verhältnisse, die in den vergangenen Jahren kaum erschlossen wurden, vor allem wegen der politischen Rahmenbedingungen."

    Selbst Sierra Leone und Liberia sind Ziele der Investoren geworden, bis vor kurzem wegen des Bürgerkriegs noch undenkbar. Geld haben die Unternehmen genug: Wegen der hohen Goldpreise kommen sie leicht an Kapital. Am dicksten im Geschäft ist traditionell das Land der Goldküste, Ghana.

    Dort gibt es die meisten Minen. Hoch im Kurs stehen derzeit aber auch Mali, Guinea die Elfenbeinküste und auch der Senegal. Wie in Burkina Faso soll auch im Senegal ein neues Minengesetz Investoren anlocken. Aziz Sy vom kanadischen Unternehmen Oromin:

    "Der Senegal hat ein sehr gutes Minengesetz, gerade was Steuerbefreiungen angeht. Wenn Sie hier beispielsweise noch explorieren, müssen Sie quasi gar nichts an den Staat zahlen. Deswegen sind auch so viele hergekommen, um zu investieren. Seit das Gesetz vor fünf Jahren erlassen wurde, herrscht hier quasi ein Goldrausch."

    Vor allem im Süden des Landes, in der Gegend um Sabodola. In den vergangenen fünf Jahren haben sich rund ein Dutzend Unternehmen nahe der Stadt niedergelassen. Sie untersuchen das Gebiet minutiös, denn sie wittern große Gewinne. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend, so Jean Timothé Maty, Geologe bei Oromin:

    "Wir wissen derzeit sicher von sieben Goldadern. Das entspricht 2 500.000 Unzen, also 115 Tonnen Gold. Wir machen derzeit eine Machbarkeitsstudie, wahrscheinlich wird es noch mehr Gold geben. Wir hoffen auf etwa vier bis fünf Millionen Unzen."

    Das alles könnte viel Geld in die Kassen des Staates spülen – erst recht, wenn die Steuererleichterungen wegfallen. Aber: Wird auch die Bevölkerung vom Goldrausch etwas haben? Kristian Lempa, Rohstoff-Experte bei der Entwicklungsgesellschaft GTZ:

    "Die Bevölkerung profitiert zum einen wegen der höheren Beschäftigung, das ist aber erst mal begrenzt. Zum anderen profitiert die Bevölkerung über die öffentlichen Einnahmen. Die Unternehmen zahlen Steuern, die werden offengelegt im günstigsten Fall – und dann von den Regierungen im günstigsten Fall dazu genutzt, Schulen oder Straßen zu bauen."

    Im günstigsten Fall – denn dank Korruption und Misswirtschaft droht vielerorts, dass die Einnahmen versickern. Immerhin, so Kristian Lempa, verhalten sich die meisten Großkonzerne mittlerweile vorbildlich, was Umweltschutz und Arbeitsbedingungen angeht.

    Das liege zum einen daran, dass diese Firmen langfristig denken und es sich nicht mit der lokalen Bevölkerung verderben wollten. Zum anderen müssen die Unternehmen ihren Aktionären Rechenschaft ablegen. Nach wie vor prekär sind die Arbeitsbedingungen in den zahlreichen illegalen Gold-Minen, die in Westafrika aus dem Boden sprießen.

    Wo Menschen ungeschützt giftigen Chemikalien ausgesetzt sind – und immer wieder Schächte einstürzen. Bei den offiziellen Minen haben aber die Staaten selbst den Firmen einiges abverlangt. Die Unternehmen sind in Burkina Faso wie im Senegal verpflichtet, Infrastruktur zu schaffen. Heißt zum Beispiel: Schulen oder Kliniken zu bauen. Und etwas für den Umweltschutz zu tun. Antoine Tardos, Personaldirektor des Goldunternehmens Somita in Burkina Faso:

    "Wir haben einen Fonds gegründet, in dem mehrere hunderttausend Dollar liegen. Jedes Jahr zahlen wir in diesen Fonds ein. Er wird gemeinsam von der SOMITA und dem Staat verwaltet. Wenn die Mine aufgegeben wird, wird das Gebiet mit dem Geld komplett saniert."

    So sollen eines Tages Bauern hier wieder anbauen und ihr Vieh weiden lassen können. Wenn der Goldrausch vorbei ist. Und wieder das zählt, was oben sprießt – und nicht das, was unten schlummert.