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Die Queen in Berlin
Royale Europapolitik

Königin Elizabeth II. äußerst sich selten bis nie zu politischen Themen. Doch ihr Besuch in Berlin hat auch einen politischen Hintergrund - bei den Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck wird es zwangsläufig um den möglichen Austritt der Briten aus der Europäischen Union gehen. Denn der Queen folgt bald der nächste Besucher aus London.

    Die britische Königin Elizabeth II. in Berlin.
    Die britische Königin Elizabeth II. in Berlin. (dpa / picture-alliance / Michael Kappeler)
    Die Queen tritt in Berlin auch als oberste Diplomatin des Königreichs auf, bevor Großbritanniens Premierminister David Cameron wenig später selbst dorthin reist. Er steht unter dem Druck rechter Parteien und seiner Tories und hat nicht mal mehr eineinhalb Jahre, um seine Landsleute vom Nutzen der Europäischen Union zu überzeugen: Spätestens 2017 sollen die Briten per Referendum abstimmen, ob sie in der EU bleiben. Zuletzt berichteten Medien von einem wahrscheinlichen Termin im Herbst 2016.
    Nachdem Cameron jahrelang viel Unbill auf Brüssel geschoben hat, kann er die EU nun nicht einfach gutheißen. Reformen müssen her, sagt Cameron aber, und dafür braucht es Vertragsänderungen. Bekannt ist nur die Richtung von Camerons Wünschen: Mehr Kompetenzen für die Nationalstaaten, Schutz für Nicht-Euroländer vor dem Überstimmtwerden, weniger Sozialleistungen für EU-Ausländer und der Abschied von dem Ziel einer immer engeren Union.
    Cameron reitet Huckepack
    Elizabeth II. ist bereits gestern angereist und traf heute zunächst Bundespräsident Joachim Gauck, anschließend stand ein Termin bei Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Programm. Klüger hätte es Cameron kaum anstellen können. Nur Stunden später wird er bei der Kanzlerin vorstellig. "Piggybacking" nennen das die Briten, Cameron reitet Huckepack. Und das könnte der 48-Jährige nötig haben. Den von der Griechenland-Krise gestressten EU-Ländern wird er auf dem Brüsseler Gipfel ab Donnerstag mit seinen Sonderwünschen nach EU-Reformen in den Ohren liegen. Ein bisschen Briten-Begeisterung in Berlin kann da vorab nicht schaden.
    Ob Elizabeth II. bei der Kanzlerin ein gutes Wort für ihren Premier einlegt, wird ein Geheimnis bleiben. Camerons Sorgen kennt die 89-Jährige jedenfalls, schließlich empfängt sie ihn einmal pro Woche zur Audienz. "In 60 Jahren Regierungszeit der Queen ist aus Gesprächen, die sie geführt hat, nie etwas herausgedrungen", hatte Regierungssprecher Steffen Seibert jedoch vor dem Besuch angemerkt. "Das wird ganz sicherlich auch nicht so sein, wenn sie nach Berlin kommt."
    Zugeständnisse an London werden schwierig
    Cameron setzt bei seinen Reformplänen für die EU vor allem auf Merkel. Die Kanzlerin hat bei den Briten den Eindruck erweckt, sie stehe voll und ganz hinter ihnen. Das stimmt insofern, als sie den EU-Austritt des Königreichs aus guten Gründen verhindern will. Allerdings versetzte ihr Parteikollege Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, den Hoffnungen kurz darauf einen Dämpfer: Vertragsänderungen seien utopisch. Arbeitnehmerfreizügigkeit und Gleichbehandlung für EU-Ausländer unantastbar. Selbst Zugeständnisse zur Gesichtswahrung seien schwierig, sagte er in London. Die Debatten werden lange dauern.
    David Cameron kündigte ein Referendum über den Verbleib des Königreichs in der EU an.
    David Cameron kündigte ein Referendum über den Verbleib des Königreichs in der EU an. (afp / Adrian Dennis)
    Briten EU-freundlich wie lange nicht
    Was bei all den Schlagzeilen gern ins Vergessen gerät: Derzeit ist die Stimmung unter Briten so EU-freundlich wie lange nicht. Dem Umfrageinstitut Ipsos Mori zufolge wollen 61 Prozent der Briten in der Union bleiben und nur 27 Prozent sie verlassen. Ob Cameron oder die EU-Gegner vor dem Referendum den schwereren Job haben, ist längst nicht entschieden.
    (nch/nin)