Eine kurze Redaktionskonferenz im Stehen, dann hetzt Renat Dawletgildejew schon wieder rüber zum News-Desk, wo in zehn Minuten die stündlichen Nachrichten beginnen werden. Der 27-Jährige ist Chefproduzent beim Fernsehsender "Dozhd" und verantwortlich dafür, dass der Laden läuft, wie er sagt – und Nachrichten sind das Kerngeschäft des Senders, der zu achtzig Prozent live sendet.
Renat Dawletgildejew:
"Der wesentliche Unterschied zu anderen russischen Sendern ist: Wir sind der erste und einzige wirklich unabhängige Informationskanal im Land. Es gibt zwar unabhängiges Fernsehen bei uns, die Inhalte sind aber meistens doch eher seicht. Große Sender wie RenTV oder NTW, die auch viel Nachrichten bringen, sind zwar auf dem Papier unabhängig, werden aber von staatlichen Konzernen wie Gasprom kontrolliert. Da gibt es dann durchaus schwarze Listen zu Personen oder Unternehmen, über die nicht kritisch berichtet werden darf. Diese Sender berichten doch vor allem durch die Regierungsbrille, das ist staatliche Propaganda."
"Dozhd" bedeutet Regen. Einen tieferen Sinn hat der Name laut Renat nicht, für ihn verkörpere er aber genau diese Unabhängigkeit und Frische in der Berichterstattung. Dabei ist der Sender nicht ausschließlich Sprachrohr Andersdenkender in Putins Russland: Eine seiner interessantesten Sendugen sei etwa eine Art Kreuzverhör mit Michail Gorbatschow gewesen, erinnert sich Chefproduzent Renat.
Die zentrale Figur bei "Dozhd" ist die 41-jährige Natalja Sindejewa: Die Medienunternehmerin gründete den Sender im April 2010, nachdem sie sich schon seit den 90er-Jahren mit einem unabhängigen Radiosender einen Namen gemacht hatte.
Seine Sternstunde erlebt "Dozhd", als im Dezember 2011 Zehntausende Menschen vor allem in Moskau auf die Straße gehen, um gegen angebliche Fälschungen bei den vorangegangenen Parlamentswahlen zu demonstrieren. Diese Protestmärsche werden von den großen Fernsehsendern so gut wie totgeschwiegen – 24 Stunden live dabei sind hingegen die Reporter von "Dozhd". Die Zuschauerzahl verfünffacht sich innerhalb einer Woche auf über eine Million täglich. Gleichzeitig ist damit die Gefahr gewachsen, dass der kleine Sender dem Kreml zu unbequem werden könnte.
Renat Dawletgildejew:
"Diese Bedrohung, dass der Sender geschlossen wird, ist natürlich immer irgendwie da. Ich bin allerdings ganz klar der Meinung, dass es für den Staat nicht von Vorteil wäre, uns zu schließen. Für den Staat ist es von Vorteil, dass es uns gibt. Der Image-Verlust für den Kreml wäre inzwischen gravierend, wenn die Behörden uns verbieten würden. Das haben auch die klugen Köpfe in der Regierung verstanden. Die haben verstanden, dass wir nichts zerstören, sondern dass wir ganz einfach die Leute mit Informationen versorgen."
Seine Redaktionsräume hat "Dozhd" in der ehemaligen Schokoladenfabrik Roter Oktober auf einer Insel mitten im Fluss Moskwa, der Kreml in Sichtweite. Das ziegelrote historische Fabrikgebäude mit Cafés, Galerien und Internet-Firmen ist längst Szene-Treffpunkt für junge Hauptstädter, die hip, europäisch, aber auch politisch sein wollen. Diese jungen, gebildeten Russen sind es, die "Dozhd" ansprechen möchte, denn die hätten längst die Nase voll vom Ex-KGB-Geheimdienstler Putin samt dessen autokratischem Überwachungsstaat, sagt Renat Dawletgildejew:
"Wenn mich vor zwei Jahren jemand gefragt hätte, ob Putin heute noch an der Macht sein würde, ich hätte Nein gesagt. Ich hoffe einfach, dass jemand aus seinem Umfeld aufsteht, aber der politische Weg nach oben ist bei uns einfach verbaut durch Putins berüchtigte Vertikale der Macht. Dabei gibt es ja gute Leute im Kreml: Der aktuelle Verteidigungsminister Schoigu ist sehr populär, ich persönlich schätze vor allem unseren ehemaligen Finanzminister Kudrin. In den Reihen der Oppositionsbewegung sehe ich eigentlich nur Alexej Nawalny als Figur, die wirklich Einfluss hat."
Anfang April verkündete der Anwalt, Blogger und politische Aktivist Nawalny tatsächlich seine Ambitionen für die Präsidentschaftswahlen 2018. Seine Ankündigung hat er live gemacht - in einer Sendung von Telekanal "Dozhd".
Renat Dawletgildejew:
"Der wesentliche Unterschied zu anderen russischen Sendern ist: Wir sind der erste und einzige wirklich unabhängige Informationskanal im Land. Es gibt zwar unabhängiges Fernsehen bei uns, die Inhalte sind aber meistens doch eher seicht. Große Sender wie RenTV oder NTW, die auch viel Nachrichten bringen, sind zwar auf dem Papier unabhängig, werden aber von staatlichen Konzernen wie Gasprom kontrolliert. Da gibt es dann durchaus schwarze Listen zu Personen oder Unternehmen, über die nicht kritisch berichtet werden darf. Diese Sender berichten doch vor allem durch die Regierungsbrille, das ist staatliche Propaganda."
"Dozhd" bedeutet Regen. Einen tieferen Sinn hat der Name laut Renat nicht, für ihn verkörpere er aber genau diese Unabhängigkeit und Frische in der Berichterstattung. Dabei ist der Sender nicht ausschließlich Sprachrohr Andersdenkender in Putins Russland: Eine seiner interessantesten Sendugen sei etwa eine Art Kreuzverhör mit Michail Gorbatschow gewesen, erinnert sich Chefproduzent Renat.
Die zentrale Figur bei "Dozhd" ist die 41-jährige Natalja Sindejewa: Die Medienunternehmerin gründete den Sender im April 2010, nachdem sie sich schon seit den 90er-Jahren mit einem unabhängigen Radiosender einen Namen gemacht hatte.
Seine Sternstunde erlebt "Dozhd", als im Dezember 2011 Zehntausende Menschen vor allem in Moskau auf die Straße gehen, um gegen angebliche Fälschungen bei den vorangegangenen Parlamentswahlen zu demonstrieren. Diese Protestmärsche werden von den großen Fernsehsendern so gut wie totgeschwiegen – 24 Stunden live dabei sind hingegen die Reporter von "Dozhd". Die Zuschauerzahl verfünffacht sich innerhalb einer Woche auf über eine Million täglich. Gleichzeitig ist damit die Gefahr gewachsen, dass der kleine Sender dem Kreml zu unbequem werden könnte.
Renat Dawletgildejew:
"Diese Bedrohung, dass der Sender geschlossen wird, ist natürlich immer irgendwie da. Ich bin allerdings ganz klar der Meinung, dass es für den Staat nicht von Vorteil wäre, uns zu schließen. Für den Staat ist es von Vorteil, dass es uns gibt. Der Image-Verlust für den Kreml wäre inzwischen gravierend, wenn die Behörden uns verbieten würden. Das haben auch die klugen Köpfe in der Regierung verstanden. Die haben verstanden, dass wir nichts zerstören, sondern dass wir ganz einfach die Leute mit Informationen versorgen."
Seine Redaktionsräume hat "Dozhd" in der ehemaligen Schokoladenfabrik Roter Oktober auf einer Insel mitten im Fluss Moskwa, der Kreml in Sichtweite. Das ziegelrote historische Fabrikgebäude mit Cafés, Galerien und Internet-Firmen ist längst Szene-Treffpunkt für junge Hauptstädter, die hip, europäisch, aber auch politisch sein wollen. Diese jungen, gebildeten Russen sind es, die "Dozhd" ansprechen möchte, denn die hätten längst die Nase voll vom Ex-KGB-Geheimdienstler Putin samt dessen autokratischem Überwachungsstaat, sagt Renat Dawletgildejew:
"Wenn mich vor zwei Jahren jemand gefragt hätte, ob Putin heute noch an der Macht sein würde, ich hätte Nein gesagt. Ich hoffe einfach, dass jemand aus seinem Umfeld aufsteht, aber der politische Weg nach oben ist bei uns einfach verbaut durch Putins berüchtigte Vertikale der Macht. Dabei gibt es ja gute Leute im Kreml: Der aktuelle Verteidigungsminister Schoigu ist sehr populär, ich persönlich schätze vor allem unseren ehemaligen Finanzminister Kudrin. In den Reihen der Oppositionsbewegung sehe ich eigentlich nur Alexej Nawalny als Figur, die wirklich Einfluss hat."
Anfang April verkündete der Anwalt, Blogger und politische Aktivist Nawalny tatsächlich seine Ambitionen für die Präsidentschaftswahlen 2018. Seine Ankündigung hat er live gemacht - in einer Sendung von Telekanal "Dozhd".