Der DDR-Rundfunk am Nachmittag des 17. Juni.
Springstubbe: Der Stadtkommandant, der schaute oben aus dem Panzerturm raus und winkte den Regierungsmitgliedern, die hatten sich oben auf das Gebäude geflüchtet .... und winkte denen zu.
Harry Springstubbe, damals Maurerlehrling in der Berliner Stalinallee
Springstubbe: In dem Moment wußten wir: Aha, die Sowjets haben das in die Hand genommen. Der Aufstand ist zum Scheitern verurteilt.
Traugott Schmitt, damals Theologie-Student, erlebt in Leipzig, wie sowjetische Panzer die Erhebung beenden.
Schmitt: Die Ungetüme rückten weiter vor und machten die Demonstanten stumm, nicht nur durch den Panzerlärm, mehr durch die Einschüchterung, am stärksten aber wirkte der Schock, daß unvermutet das russische Militär eingriff, denn diese Revolte war allein Sache der DDR-Bevölkerung.
Karl: Mehrere sowjetische T-34-Panzer kamen über eine höher liegende Straße auf die Menschenmenge zugerollt. Hatte man anfangs noch Mützen auf die Enden der Kanonenrohre gesteckt, begann das große Flüchten, als die hinter den Panzern laufenden sowjetischen Soldaten begannen, in die Luft zu schießen
Karl Albert, damals Schüler in Gera. Auch in Görlitz gilt der Ausnahmezustand. Jutta Wierer erinnert sich:
Wierer: Auf den Straßen erschienen russische Panzer. Ansammlungen von mehr als drei Personen wurden per Megaphon verboten. So weit ich sehen konnte, richtete sich die Bevölkerung weit gehend danach, die Straßen waren ziemlich leer. Als ich mal (...) versehentlich mit einigen Freundinnen zusammen stand, schossen die Panzer in die Luft und wir stoben auseinander.
Studt: Über das Trümmerfeld in der Stadtmitte schritten russische Soldaten mit zum Himmel gerichteten Karabinern und schossen in die Luft.
In Jena beobachtet der Schüler Heiner Studt das sowjetische Militär.
Studt: Sie trieben uns Kinder wie alle anderen Ansammlungen von Menschen auseinander. Wir Kinder merkten schnell, dass sie offenbar nicht scharf schießen durften, rotteten uns immer wieder vor ihnen zusammen und ließen uns wie einen Spatzenschwarm auseinanderjagen.
Blum: Also von unserer Seite konnte gar kein Schuss fallen, weil wir gar keine Munition hatten zu dem Zeitpunkt, nur die Sowjetarmee, die hatte scharfe Munition und die hatte auch geschossen, also die war da nicht zimperlich.
Hans Georg Blum, damals Offiziersschüler der Kasernierten Volkspolizei in Halle
Blum: Die haben über die Köpfe weggeschossen, aber einen habe ich gesehen, der wollte wohl eine Fahne von einem Fahnenmast runterholen, der wurde kurzerhand erschossen. Das ging ratzfatz.
Klemperer: Welch ein Jubel damals beim Parteitag, als die Volkspolizei in den Saal zog. Nicht mehr gegen die Arbeiter - Eure Brüder und Söhne, Euer Schutz
notiert dagegen der Romanist und Volkskammerabgeordnete Viktor Klemperer in seinem Tagbuch.
Klemperer: Und jetzt? Sie sind verhasster als die Russen, die Disziplin halten und nicht scharf schießen. Die Polizei aber wird nervös und schießt scharf.
Sens: Die Sowjetsoldaten haben sehr human gehandelt gegenüber der KVP. Da wurde auch nicht geschlagen und geschossen, das habe ich nicht erlebt.
meint Günter Sens. Er erlebt am 18. Juni, wie in Warnemünde Marine-Soldaten der sowjetischen baltischen Flotte gegen streikende Werftarbeiter vorgehen.
Sens: Die hatten die Kalaschnikow quer vorm Bauch zu hängen und drängten jetzt die Arbeiter zurück, haben mit denen natürlich in russisch gesprochen. Nix raboti ... und dass sie eben doma - nach Hause gehen sollten und zu Matka gehen und so.. Und dann verzog sich auch die Masse.
Der Abiturient Karl Klaus Walther beobachtet, wie ein Demonstrationszug der Cottbuser Nahrungsmittelwerke von sowjetischen Soldaten gestoppt wird.
Walther: Ich hatte die also praktisch hier so auf Tischlänge vis á vis. Das war ein bißchen komisch. Weil man ja auch nicht wusste, was nun passiert. Aber die waren wahrscheinlich einfach da hingestellt worden zum Absperren. Es gab keinerlei Kontakt. Man hat sich also im Grunde genommen stumm gegenüber gestanden.
Die sowjetischen Truppen demonstrieren nicht nur in der Öffentlichkeit militärische Stärke. Auch einzelne Unternehmen werden besetzt. Eva-Maria Schroter erlebt das im Transformatoren- und Röntgenwerk Dresden.
Schroter: In Windeseile wurden wir mit vorgehaltenen Maschinenpistolen vom Gelände getrieben und rannten an unsere Arbeitsplätze. Und dann kam das ganz große Entsetzen: In dem relativ kleinen Arbeitsraum, vielleicht 40 bis 60 Quadratmeter, waren mehrere Soldaten, einer direkt vor mir, die Maschinenpistole direkt auf mich gerichtet und schrie mich an: Rabotatch - arbeiten!
Heise): Wenn wir die Sowjetunion nicht in unserem Rücken gehabt hätten, dann hätten wir das alleine nicht durch gestanden, diese Jungs haben mehr abgekriegt als wir, die durften nicht schießen, mit dieser Kraft im Rücken haben wir die Kraft gehabt vorne stehen zubleiben
Gerhard Heise, damals Gefreiter der Grenztruppen und mit seiner Einheit an der Niederschlagung des Aufstands in Halberstadt und Magdeburg beteiligt. Und zumindest darin ist er sich einig mit Horst Braun, seinerzeit Mitglied der Jungen Gemeinde in Erfurt.
Braun: Ohne die Russen wäre das System 53 zusammengebrochen, gar keine Frage, das es bis 89 bestanden hat, hat ausschließlich auf russischen Bajonetten beruht.
Bis heute halten sich unbestätigte Berichte, wonach bis zu 20 sowjetische Soldaten zu den Opfern des Aufstands zu zählen sind. Auch Berthold Schmidt hat davon gehört:
Schmidt: Ich weiß es nur vom Lehrer Schmidt. Der hat erzählt, dass sowjetische Soldaten den Befehl verweigert hätten, auf Deutsche zu schießen.
Springstubbe: Der Stadtkommandant, der schaute oben aus dem Panzerturm raus und winkte den Regierungsmitgliedern, die hatten sich oben auf das Gebäude geflüchtet .... und winkte denen zu.
Harry Springstubbe, damals Maurerlehrling in der Berliner Stalinallee
Springstubbe: In dem Moment wußten wir: Aha, die Sowjets haben das in die Hand genommen. Der Aufstand ist zum Scheitern verurteilt.
Traugott Schmitt, damals Theologie-Student, erlebt in Leipzig, wie sowjetische Panzer die Erhebung beenden.
Schmitt: Die Ungetüme rückten weiter vor und machten die Demonstanten stumm, nicht nur durch den Panzerlärm, mehr durch die Einschüchterung, am stärksten aber wirkte der Schock, daß unvermutet das russische Militär eingriff, denn diese Revolte war allein Sache der DDR-Bevölkerung.
Karl: Mehrere sowjetische T-34-Panzer kamen über eine höher liegende Straße auf die Menschenmenge zugerollt. Hatte man anfangs noch Mützen auf die Enden der Kanonenrohre gesteckt, begann das große Flüchten, als die hinter den Panzern laufenden sowjetischen Soldaten begannen, in die Luft zu schießen
Karl Albert, damals Schüler in Gera. Auch in Görlitz gilt der Ausnahmezustand. Jutta Wierer erinnert sich:
Wierer: Auf den Straßen erschienen russische Panzer. Ansammlungen von mehr als drei Personen wurden per Megaphon verboten. So weit ich sehen konnte, richtete sich die Bevölkerung weit gehend danach, die Straßen waren ziemlich leer. Als ich mal (...) versehentlich mit einigen Freundinnen zusammen stand, schossen die Panzer in die Luft und wir stoben auseinander.
Studt: Über das Trümmerfeld in der Stadtmitte schritten russische Soldaten mit zum Himmel gerichteten Karabinern und schossen in die Luft.
In Jena beobachtet der Schüler Heiner Studt das sowjetische Militär.
Studt: Sie trieben uns Kinder wie alle anderen Ansammlungen von Menschen auseinander. Wir Kinder merkten schnell, dass sie offenbar nicht scharf schießen durften, rotteten uns immer wieder vor ihnen zusammen und ließen uns wie einen Spatzenschwarm auseinanderjagen.
Blum: Also von unserer Seite konnte gar kein Schuss fallen, weil wir gar keine Munition hatten zu dem Zeitpunkt, nur die Sowjetarmee, die hatte scharfe Munition und die hatte auch geschossen, also die war da nicht zimperlich.
Hans Georg Blum, damals Offiziersschüler der Kasernierten Volkspolizei in Halle
Blum: Die haben über die Köpfe weggeschossen, aber einen habe ich gesehen, der wollte wohl eine Fahne von einem Fahnenmast runterholen, der wurde kurzerhand erschossen. Das ging ratzfatz.
Klemperer: Welch ein Jubel damals beim Parteitag, als die Volkspolizei in den Saal zog. Nicht mehr gegen die Arbeiter - Eure Brüder und Söhne, Euer Schutz
notiert dagegen der Romanist und Volkskammerabgeordnete Viktor Klemperer in seinem Tagbuch.
Klemperer: Und jetzt? Sie sind verhasster als die Russen, die Disziplin halten und nicht scharf schießen. Die Polizei aber wird nervös und schießt scharf.
Sens: Die Sowjetsoldaten haben sehr human gehandelt gegenüber der KVP. Da wurde auch nicht geschlagen und geschossen, das habe ich nicht erlebt.
meint Günter Sens. Er erlebt am 18. Juni, wie in Warnemünde Marine-Soldaten der sowjetischen baltischen Flotte gegen streikende Werftarbeiter vorgehen.
Sens: Die hatten die Kalaschnikow quer vorm Bauch zu hängen und drängten jetzt die Arbeiter zurück, haben mit denen natürlich in russisch gesprochen. Nix raboti ... und dass sie eben doma - nach Hause gehen sollten und zu Matka gehen und so.. Und dann verzog sich auch die Masse.
Der Abiturient Karl Klaus Walther beobachtet, wie ein Demonstrationszug der Cottbuser Nahrungsmittelwerke von sowjetischen Soldaten gestoppt wird.
Walther: Ich hatte die also praktisch hier so auf Tischlänge vis á vis. Das war ein bißchen komisch. Weil man ja auch nicht wusste, was nun passiert. Aber die waren wahrscheinlich einfach da hingestellt worden zum Absperren. Es gab keinerlei Kontakt. Man hat sich also im Grunde genommen stumm gegenüber gestanden.
Die sowjetischen Truppen demonstrieren nicht nur in der Öffentlichkeit militärische Stärke. Auch einzelne Unternehmen werden besetzt. Eva-Maria Schroter erlebt das im Transformatoren- und Röntgenwerk Dresden.
Schroter: In Windeseile wurden wir mit vorgehaltenen Maschinenpistolen vom Gelände getrieben und rannten an unsere Arbeitsplätze. Und dann kam das ganz große Entsetzen: In dem relativ kleinen Arbeitsraum, vielleicht 40 bis 60 Quadratmeter, waren mehrere Soldaten, einer direkt vor mir, die Maschinenpistole direkt auf mich gerichtet und schrie mich an: Rabotatch - arbeiten!
Heise): Wenn wir die Sowjetunion nicht in unserem Rücken gehabt hätten, dann hätten wir das alleine nicht durch gestanden, diese Jungs haben mehr abgekriegt als wir, die durften nicht schießen, mit dieser Kraft im Rücken haben wir die Kraft gehabt vorne stehen zubleiben
Gerhard Heise, damals Gefreiter der Grenztruppen und mit seiner Einheit an der Niederschlagung des Aufstands in Halberstadt und Magdeburg beteiligt. Und zumindest darin ist er sich einig mit Horst Braun, seinerzeit Mitglied der Jungen Gemeinde in Erfurt.
Braun: Ohne die Russen wäre das System 53 zusammengebrochen, gar keine Frage, das es bis 89 bestanden hat, hat ausschließlich auf russischen Bajonetten beruht.
Bis heute halten sich unbestätigte Berichte, wonach bis zu 20 sowjetische Soldaten zu den Opfern des Aufstands zu zählen sind. Auch Berthold Schmidt hat davon gehört:
Schmidt: Ich weiß es nur vom Lehrer Schmidt. Der hat erzählt, dass sowjetische Soldaten den Befehl verweigert hätten, auf Deutsche zu schießen.