Mick Jagger, Brian Jones und Keith Richards spielen die Songs ihrer großen amerikanischen Vorbilder, als sie am 12. Juli 1962, unterstützt von zwei weiteren Musikern, auf der Bühne des Marquee-Clubs in der Londoner Oxford-Street stehen.
Die Instrumente und Verstärker für ihr erstes reguläres Konzert haben sie sich zum Teil ausleihen müssen, doch der Auftritt wird zum Startschuss für eine der berühmtesten und erfolgreichsten Bands aller Zeiten: Die Rolling Stones.
In seiner Autobiografie erinnert Bandgründer und Gitarrist Keith Richards an jenen denkwürdigen Abend.
„Mick, Brian und ich spielten unser eingeübtes Programm. ‚Dust my Broom‘, ‚Baby what’s wrong‘, (…) ‚Confessin‘ the Blues‘ (…). Da sitzt du mit ein paar Leuten zusammen, spielst deine Songs und denkst dir: ‚Oh Yeah!‘. Da kommt der Moment, wo du merkst, dass du tatsächlich gerade ein bisschen von der Erde abhebst. (…) Du bist einfach high, weil du da mit einer Handvoll Typen zusammen bist, die genau dasselbe wollen wie du.“
Von der Provinz in die Großstadt London
Die drei jungen Briten sind aus der Provinz nach London gekommen und versuchen in der dort aufkeimenden Blues-Szene Fuß zu fassen. Sie bewohnen ein billiges und heruntergekommenes Appartement in der Innenstadt, leben von der Hand in den Mund und fühlen sich wie Bohemiens. Ihre Idole sind schwarze Bluesstars wie Robert Johnson, Muddy Waters oder Willie Dixon.
„Der Blues war damals keine Massenmusik, sondern es war eine regelrechte Wissenschaft für Leute, die sich in diese sehr spezielle, sehr exotische Musik verliebt haben. Und Brian Jones hat ja einmal gesagt: ‚Wir waren quasi auf einem echten Kreuzzug für den Blues. Am liebsten wären wir draußen mit Bannern für den Blues herumgelaufen und hätten demonstriert", so der Musikjournalist und Rolling-Stones-Biograf Ernst Hofacker.
Zentrale Blues-Figur: der Musiker Alexis Korner
Eine der zentralen Figuren dieser damals noch sehr kleinen weißen Londoner Blues-Gemeinde, in der jeder jeden kennt, ist Alexis Korner. Mit seiner Band „Blues Incorporated“ hat sich der Musiker einen Namen gemacht.
„Und diese Band spielte eigentlich jede Woche im Marquee-Club. Und nun sollte genau an diesem Termin aber für Alexis Korners Band ein spezielles Konzert bei der BBC aufgezeichnet werden, fürs Radio. Und das war natürlich ein unheimlich wichtiger Termin. Also hat Korner dann seinem Schützling und jungen Freund Mick Jagger gesagt: ‚Pass mal auf, mein Lieber, du hast doch da eine neue Band gerade gegründet, übernehmt ihr doch bitte an jenem 12. Juli im Marquee-Club unseren Job und tretet da auf.'"
Rolling Stone steht für einen Herumtreiber
Die drei Freunde wittern sofort ihre Chance, sich als junge Band etablieren zu können. Problem ist nur: Sie haben noch keinen Namen für ihre Gruppe. Als ein Zeitungsreporter ein paar Informationen zum bevorstehenden Auftritt der Neulinge haben will, geraten sie in Zugzwang.
„Brian Jones und Keith Richards, die hatten ein Musikalbum von Muddy Waters mit einer Zusammenstellung von diversen Muddy-Waters-Hits. Unter anderen war da auch einer drauf, der hieß Rollin‘ Stone Blues. Und da fiel Brian Jones Blick, so erzählt es die Legende, auf dieses Plattencover und er entdeckte diesen Titel und meinte, das wäre doch eigentlich genau der passende Name, denn Rolling Stone steht im Amerikanischen für einen Herumtreiber, für einen gesellschaftlichen Außenseiter. Und als solche verstanden sich die jungen ‚Stones‘ natürlich auch.“
Ausschweifende Partys, Drogen- und Alkohol-Exzesse
Einige Monate nach ihrem ersten Konzert wird die vielversprechende Band von einer großen Schallplattenfirma unter Vertrag genommen. Anders als ihre großen Konkurrenten, die Beatles, die mit bravem Pop-Sound, in schicken Anzügen und mit gepflegter Pilzkopffrisur zu Weltstars aufsteigen, geben sich die Rolling Stones durch ausschweifende Partys, Drogen- und Alkohol-Exzesse ein wildes Image. Als sich die Beatles 1970 auflösen, steht den Rolling Stones noch ein halbes Jahrhundert auf dem internationalen Spitzenplatz in Sachen Rock und Blues bevor.