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Die Rückkehr der Störche in die spanische Extremadura

An der spanischen Grenze zu Portugal liegt die autonome Provinz Extremadura. Lange Zeit galt die Gegend als die ärmste Spaniens. Zu Unrecht, denn es handelt sich um einen fruchtbaren Landstrich, der auch reiche Kulturschätze birgt. Darüber hinaus ist in der Extremadura eine bemerkenswerte Flora und Fauna zu entdecken, ein Vogelparadies. Es ist die zweite Heimat unserer heimischen Störche, sie haben dort ihr Winterquartier, in das sie um diese Jahreszeit zurückkehren.

Von Dorothea Breit |
    Sanfte Hügel, Getreide- und Weinfelder, Flussauen, weidende Schafe und Kühe prägen die Landschaft. In Kork- und Steineichenwäldern futtern sich wild lebende schwarze Schweine satt. Und wo man hinschaut, auf alten hölzernen Telegrafenmasten, die extra für sie stehen gelassen wurden, und auf Kirchtürmen, von denen es viele gibt in der Extremadura, thronen leere Storchennester. Hie und da liegt auch eines auf den bizarren, rundgeschliffenen Granitfelsen, die in der Landschaft herumstehen. Störche sind jedoch noch keine zu sehen.

    In Merida sehen wir den ersten, ein Einzelgänger. Majestätisch schwingt er sich in die Lüfte. Unser Ziel ist die mittelalterliche Festungsstadt Cáceres. Sie liegt strategisch günstig auf einer Anhöhe. Eine mächtige, von viereckigen Türmen und Zinnen gekränzte Festungsmauer umgürtet die Altstadt.
    Vor den Torbögen überrascht uns ein Fest. Dudelsackspieler und Trommler ziehen vorüber. Marktstände säumen die Gassen. Sie bieten Kunsthandwerk und Köstlichkeiten der Landwirtschaft an, Schafs- und Ziegenkäse, dunkelrote, luftgetrocknete Schweinekeulen.

    Jedes Jahr im November findet der Mittelaltermarkt statt, erklärt uns der Mann im Harnisch und eilt rasch weiter, den Musikern hinterdrein. Die Männer tragen alle hohe Stiefel, dunkle Hemden und schwere Ledergürtel mit Schwertern daran, die Frauen bäuerliche lange Kleider und Kopftücher.

    Eine junge Schönheit im Burgfräuleinkostüm bietet Trinkwasser feil, das sie in einem Ledersack bei sich trägt. Die Zeit scheint stehen geblieben zu sein in dem Labyrinth enger Gassen und Gemäuer aus rohen und behauenen Steinen.

    "Cáceres: In der arabischen Zeit haben sie die Stadtmauer und auch die Verteidigungstürme wieder neu aufgebaut über die römischen Reste. Denn die Römer hatten die ganze Stadt mit Wehrmauern befestigt und heute, was wir sehen, unten sind die Granitblöcke aus der Römerzeit und oben sieht man diese Lehmarbeit aus der arabischen Zeit. Cáceres hat 21 Verteidigungstürme rundherum den ganzen Stadtmauern. Die höchste Punkt der Stadt war die arabische Medina, Alcaza und Alcazaba und arabische Moschee, heutzutage die Kirche der Heiligen Madonna."

    Die Kunsthistorikerin Evangelina Pérez kommt aus der Gegend, studiert hat sie einst in Heidelberg. Cáceres gehört seit 1986 zum Weltkulturerbe. Die Wurzeln des Orts reichen zurück in paläolithische Zeit, wie archäologische Funde belegen.
    Unter steinernen romanischen Bögen hindurch, vorbei an Palästen mit viereckigen Wehrtürmchen erreichen wir den Platz der Heiligen Maria mit der Nebenkathedrale Santa Maria, gebaut im 13. Jahrhundert nach der Rückeroberung der Stadt von der arabischen Besetzung. Spätromanische und gotische, auch Elemente der Renaissance sind zu finden. Daneben steht der Bischofspalast.

    "... und das Haus der Familie Ovando, heute lebt die Familie noch im Haus. Das heißt, alle diese Herrschaftshäuser, die meisten sind heute von den Nachkommen bewohnt, das macht auch die gute Erhaltung der Stadt Cáceres, wenn man drin lebt, erhält man das auch."

    An die 600 Menschen leben heute noch in der Altstadt. Ein paar Schritte weiter wird mittelalterlich gekocht. In gigantischen Kupferpfannen schmurgeln Reisgerichte mit Pilzen à la Paella, über einem großen Holzkohlenfeuer drehen Männer eine Schweinehälfte am Spieß. Wir sind auf dem Sankt Georgs Platz mit der Franziskuskirche und der Residenz der Jesuiten.

    "Das ist der Heilige-Georg-Platz, der Schutzpatron. Die Stadt wurde am 30. April 1229 zurückerobert, das ist der Heilige Georg Tag."

    Ende des 13. Jahrhunderts wurde Cáceres eine freie Stadt. Adelsfamilien aus dem Norden kamen, bauten sich Paläste und Herrenhäuser.

    "An jeder Fassade ist immer Wappenschild der Familie, damit man auch gleich wusste, wem das Haus gehört. Wir haben hier in der Stadt Cáceres ungefähr 1200 Wappenschilder."

    Darunter auch Wappen berühmter Familien wie Graf von Moctezuma.

    "... und der Familie Golfín. Und unten ist ein Kranz, wo man lesen kann: 'Fer de Fer', Ferdinand von Ferdinand unserer katholischen König Ferdinand aus Aragonien und der Enkelsohn Ferdinand, der Kaiser Deutschlands geworden ist, als der Bruder abgedankt hat. Kaiser Ferdinand I. Deutschland. Der hat mit dem Großvater und Großmutter hier ab und zu mal gewohnt."

    Plötzlich schauen alle zum Himmel.

    "Ah, guck mal wie viele! / Die kommen! / Sie kommen! / Da schau mal hier oben!/ Sie kommen, / die Störche kommen! / Ach, Gott sei Dank sind sie wieder da!/ Lachen / Doch, wir freuen uns, wenn ... / Da guck mal! / Alles voll! / Sie kommen, sie kommen. / Vienen ..."
    Die schwarz-weißen Flügel schlagend, die roten Schnäbel vorgestreckt ziehen die Störche über uns hinweg, eine ganze Kolonie. Rechtzeitig zum Mittelalterfest halten sie ihren triumphalen Einzug, als hätten sie's geplant.

    "Da guck mal / Wahnsinn / Die weiß genau, wo seine alte Storchennest ist ... , hey lass nichts fallen gell ..."

    Die Störche landen auf Türmen und Dächern und halten erst mal Ausschau. Wir spazieren weiter zum Archäologischen Museum im Palast de las Valetas. Er wurde auf den Grundmauern der arabischen Alcaza errichtet, der Festung mit der heute noch existierenden großen Zisterne aus dem 9. Jahrhundert. Und währenddessen fliegen permanent die Störche ein.

    "Wir haben so viele. / Aber in zwei, drei Tagen ist das Spektakel vorbei? / In zwei, drei Tage sind sie alle schon da. / Wunderschön!"