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Die Schätze des alten Adels

Gemälde von Tizian, Goya und Renoir, eine Erstausgabe des Don Quijote, die Matrosenliste des Kolumbus: Erstmals zeigt die Herzogin von Alba in Madrid öffentlich die Kunst- und Kulturschätze, die ihre Familie über Jahrhunderte gesammelt hat.

Paul Ingendaay im Gespräch mit Christoph Schmitz |
    Christoph Schmitz: Die 18. Herzogin von Alba, sie ist hoch in den 80ern. Sie gehört zu einer der ältesten und berühmtesten Adelsfamilien Spaniens. Die Duquesa de Alba, Cayetana Fritz-James Stuart, über den Duke of Berwick Nachfahrin König Jakobs II. von England - die Herzogin ist eine der reichsten Frauen Spaniens. Und sie hält auch die Rekorde an Adelstiteln. 15mal ist sie eine Marquise, 18 Mal eine Herzogin, 19 Mal eine Gräfin und so weiter. Über 500 Jahre lang haben die Herzöge von Alba auch kräftig gebaut und vor allem Kunst herstellen lassen und gesammelt. In ihrem Palast mitten in Madrid sind zahllose dieser Werke in privaten Führungen manchmal mitunter zu besichtigen. Jetzt sind viele davon in einer großen Ausstellung in der städtischen Kunsthalle von Madrid, dem Palacio de Cibeles, erstmals in großem Umfang der Öffentlichkeit zugänglich. Paul Ingendaay hat sich umgesehen. Welche Alten Meistern sind zu sehen, habe ich ihn gefragt.

    Paul Ingendaay: Das ist schon sehr interessant, weil das Adelsgeschlecht derer von Alba ja ganz früh porträtiert wurde von den größten Künstlern der Zeit. Es gibt von Tizian ein Porträt, das dann Rubens 70 Jahre später kopiert hat. Es gibt das berühmte Porträt von Goya der Herzogin von Alba in Weiß vom Ende des 18. Jahrhunderts. Das ist also auch seit über 200 Jahren im Familienbesitz. Dann ein Gemälde von Ingres und unter den ganz alten Meistern ein Fra Angelico, der noch nie in der Öffentlichkeit zu sehen war: "Die Jungfrau mit dem Granatapfel". Ein wunderschönes Gemälde, das wirklich im Palast hängt und jetzt erstmals der Öffentlichkeit vorgeführt wird.

    Schmitz: Die Gegenwartskunst wurde oder wird ja nicht gesammelt, aber bis zum Impressionismus wohl. Was zeigt die Ausstellung hierzu?

    Ingendaay: Ja die haben einige sehr interessante moderne Gemälde. Heraus sticht ein Renoir, ein wunderbares Bild: "Ein Mädchen mit dem Kirschenhut". Dann eine Landschaft von Corot, ein Chagall - das ist irgendwie recht zerstreut. Dann hat die heutige Herzogin von Alba, die Nummer 18, die 18. Herzogin von Alba, es ausgeschlagen, von Picasso porträtiert zu werden und hat sich stattdessen von dem spanischen Maler Zuloaga porträtieren lassen. Dadurch ist der Familie ein großer Wert entgangen. Dieses Gemälde von Zuloaga ist aber Teil der Ausstellung. Sie sitzt dort als Sechsjährige, Fünfjährige auf einem Pony und eine Mickymaus steht links daneben. Das ist so ein bisschen der Abschluss der Ausstellung - ein sehr lustiges Porträt.

    Schmitz: Eine Ausstellung, die aber nicht nur Malerei zeigt?

    Ingendaay: Nein, sie haben wirklich einen Querschnitt durch die Kunstschätze gemacht. Sicherlich ist die Malerei das Zentrum, aber heraus sticht auch etwa eine Erstausgabe des Don Quijote von 1605, dann wichtige Dokumente, etwa die Matrosenliste, die Kolumbus eigenhändig schrieb, als er 1492 die neue Welt entdeckte, und die erste Zeichnung, die Kolumbus anfertigte, nämlich eine Insel, von der er dachte, das sei das, was er entdeckt habe. Diese Dokumente sind auch herrlich ausgestellt und sind seit über 500 Jahren im Familienbesitz.

    Schmitz: Normalerweise sind diese Kunstwerke und Handschriften im Stadtpalast der Herzogin von Alba untergebracht und dort dann nur in Ausschnitten in sehr seltenen privaten Führungen zu sehen. Sie konnten kürzlich durch die Räume einmal gehen, haben einen Rundgang gemacht. Was haben Sie gesehen und erlebt?

    Ingendaay: Das war schon beeindruckend, weil dieser Stadtpalast - in dem die Herzogin heute nicht wohnt, sie wohnt in Sevilla, ihre Söhne sind dort - ist mitten in der Stadt und eine Insel geradezu: ein Park davor, ein riesiger Palast, das größte Privathaus in Spanien. Und die ganze erste Etage ist die Kunstsammlung. Dort hat man Möbel, Dokumente, Skulpturen, antike Vasen, und der Kurator der Ausstellung hat mich hindurchgeführt an einem trüben regnerischen Tag und er fand nicht immer die Lichtschalter, so groß ist das alte Ding. Und wir sind von Saal zu Saal gewandelt und die Bilder hängen zwei, drei, vier übereinander in der Höhe, wie das in den alten Sammlungen des 19. Jahrhunderts der Fall war. Diese verwunschene Insel jetzt einmal gezeigt zu haben, zumindest in Auszügen, das ist schon eine große Leistung und das Herzogshaus will erkennbar sich als Mäzenatenfamilie darstellen und endlich auch einmal diese Kunstschätze mit dem Volk teilen. Die Herzogin spricht gerne vom Volk.

    Schmitz: Die Kunst der Alba, aber auch der Herzogin ist in eine private Stiftung der Alba überführt worden. Der Wert wird auf zwei Milliarden Euro geschätzt. Wer pflegt und verwaltet das alles? Ist es in guten Händen?

    Ingendaay: Das ist interessant. Diese Stiftung ist doch in den letzten Jahrzehnten sehr professionell und gut geführt. Der Patronatsvorsteher ist der älteste Sohn Carlos, inzwischen auch über 60, und ein Kurator des Prado übernimmt seit über 30 Jahren die Pflege und Restauration dieser Bilder. Die sind in einem fabelhaften Zustand, ich war wirklich erstaunt. Mir wurde bei dieser privaten Führung im Palast fast alles gezeigt und da hat der Mann selber eine kleine Werkstatt, wo er hinkommt und eigenhändig pinselt und abträgt und aufträgt, um diese Bilder in diesem Zustand zu halten. Das ist von allererster Qualität.

    Schmitz: Sagt Paul Ingendaay, FAZ-Kulturkorrespondent, über die Ausstellung der Herzogin von Alba in Madrid.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.