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Die "Schlacht" um den Trafalgar Square

Großbritannien feiert gerade den 200. Jahrestag des Sieges von Lord Nelson über Franzosen und Spanier. Schauplatz in London ist da natürlich der Trafalgar Square. Weil dort neben dem Denkmal für Lord Nelson nun aber noch ein weiteres errichtet werden soll für einen anderen Nelson - für Nelson Mandela - herrscht dicke Luft in der Themse-Metropole. Ein Beitrag von Martin Zagatta.

21.10.2005
    Dass Lord Nelson, der englische Nationalheld, von seiner fast 60 Meter hohen Säule bald auf seinen Namensvetter herab blicken wird, ist eigentlich beschlossene Sache. Doch wo genau die überlebensgroße Bronzestatue von Nelson Mandela auf dem Platz im Zentrum der britischen Hauptstadt aufgestellt werden soll, darüber haben sich der Stadtrat von Westminster und Londons Bürgermeister Ken Livingstone heillos zerstritten.

    Egal welchen Ort am Trafalgar Square wir für das Denkmal aussuchen - die sind immer dagegen. So unterstellt der Bürgermeister der konservativen Mehrheit im Stadtrat, seinen Plan aus politischen Gründen zu blockieren. Eine 2,70 Meter hohe Statue des früheren südafrikanischen Präsidenten ist längst fertig gestellt. Doch der Stadtrat verweigert unter Berufung auf den englischen Denkmalschutz eine Aufstellung des Mandela-Monuments an herausgehobener Stelle, direkt vor der Nationalgalerie, so wie der Bürgermeister das wünscht. Die Skulptur würde nur stören mitten auf dem traditionsreichen Platz. Sie würde seine "Offenheit" beeinträchtigen und könnte zu einem Hindernis werden für die Menschenmassen, die sich hier regelmäßig einfinden zu Jubelfeiern nach Sportereignissen oder zu Kundgebungen. Die Mandela-Statue könnte aber problemlos am Rand des Trafalgar Square vor der Südafrikanischen Botschaft platziert werden, meint Colin Barrow, der stellvertretende Vorsitzende des Westminster-Council. Er verweist darauf, dass der Rat für solche Entscheidungen zuständig sei, nicht der Bürgermeister. Und Ken Livingston solle sich besser um London, um seine Belange kümmern, statt zu versuchen, sich auf Kosten politischer Gegner zu profilieren.

    Gegen ein zweiten Nelson am Trafalgar Square sei nichts einzuwenden. Aber nicht an dieser Stelle. Direkt vor der Nationalgalerie würden sie "nicht einmal eine Statue von Ken Livingstone" aufstellen, spottet der Tory-Politiker. Dabei kann er sich auf den kulturellen Beirat von Westminster berufen, der den Standort an der Galerie als "ästhetisch ungeeignet" für Mandela befunden hat. Eine Entscheidung, die der "rote Ken", wie Londons streitbarer Bürgermeister genannt wird, nicht hinnehmen will. Ein "rein weißer Ausschuss" wolle hier offenbar ein schwarzes "Symbol der Hoffnung" beiseite schieben, erregt sich Livingstone. Und der Dachverband farbiger Londoner sieht in dem Veto des Stadtrats gar eine "an Rassismus grenzende Parteipolitik" - ein Vorwurf, den der Bürgermeister der Bürgermeister für berechtigt hält.

    "Wenn ich ein Denkmal für Margaret Thatcher vorgeschlagen hätte, für die konservative Ex-Premierministerin, hätte ich dann Probleme mit dem Stadtrat von Westminster bekommen ? - wohl nicht", so versucht Ken Livingstone jetzt Druck auf seine Widersacher auszuüben. Dabei - so argumentiert der Bürgermeister - habe Nelson Mandela einen ganz besonderen Bezug zu dem Trafalgar Square. Hier hätten die Briten immer wieder für seine Freilassung demonstriert - Mandela sei später hier mehrfach aufgetreten und habe mitgeholfen, die Olympischen Spiele 2012 in die britische Hauptstadt zu holen.
    Der frühere Präsident Südafrikas hat sich bei Livingstone auch schon ausdrücklich bedankt, für die Ehre mitten in London verewigt zu werden. Das allerdings war noch bevor der Streit eskaliert ist, den Londoner Medien jetzt die "Schlacht" um den Trafalgar Square nennen.

    Wer sich letztendlich durchsetzen wird, ist noch nicht abzusehen. Zu den Feierlichkeiten jetzt zur Erinnerung an den 200. Jahrestag der Seeschlacht von Trafalgar, an seinen Sieg über die Franzosen, hat Admiral Nelson seinen Platz im Zentrum Londons noch für sich allein - und wahrscheinlich auch noch länger.