Bunte Post-its kleben an Stellwänden, auf den Tischen liegen Stifte in allen Farben. Workshop-Atmosphäre im Hasso-Plattner-Institut in Potsdam.
"Die Gruppe eins beschäftigt sich mit der Fragestellung, wie können wir Lehre und Lernen im digitalen Raum überhaupt gestalten. Es wird also die Grundidee des digitalen Lernens besprochen."
50 Schülerinnen, Schüler und Lehrer kritzeln, kleben und philosophieren, um herauszufinden, wie ein neues, innovatives Bildungsprojekt, die Schul-Cloud, verbessert werden kann. Denn Schüler und Lehrer sind die praktischen Nutzer der Schul-Cloud, die seit diesem Sommer an 27 Schulen in dreizehn Bundesländern getestet wird. Die Schul-Cloud wird vom Hasso Plattner Institut in Potsdam entwickelt und von dem Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Verschiedene Lernorte vernetzen
Die Vision ist groß, weiß Vivien Malyska, bildungswissenschaftliche Mitarbeiterin am HPI. Schulen sollen flächendeckend digitalisiert werden.
"Wir wollen IT-Administration in den Schulen erleichtern, wir wollen verschiedene Lernorte vernetzen."
Letztlich sollen Lernmaterialien überall zugänglich sein. Hausaufgaben sollen in der Cloud stehen, Vertretungslehrer gleich wissen, in welchem Raum sie was unterrichten.
Schüler verstehen schneller als Lehrer
Doch zuerst einmal fehlt es am Grundsätzlichen: Breitbandinternet für alle Schulen und Endgeräte bei allen Schülern, sagt Katharina Riethmüller vom Wilhelm-Hittorf Gymnasium in Münster. Die Mathelehrerin testet die Cloud mit einer neunten Klasse. Warum? Weil nur diese Klasse als einzige technisch ausreichend ausgestattet ist, um die Cloud überhaupt einzusetzen.
"Die Erfahrungen mit den ersten Gehversuchen waren durchaus positiv. Weil vor allem die Schüler die Oberfläche sehr intuitiv bedienen und gar keine Schwierigkeiten damit haben.
Also die anderen Lehrer, die wir gerne mit einbinden wollen, haben auch eher noch ein bisschen Schwierigkeiten, das ein oder andere zu nutzten oder die Struktur zu verstehen. Schüler verstehen das sofort."
Noch gibt es inhaltliche Probleme
Ein weiteres, großes Problem sehe sie inhaltlich. Dort besonders beim deutschen Urheberrecht, meint die Schulleiterin Katharina Riethmüller.
"Wir haben sehr viel Material. Wir dürfen nur bedingt Material kopieren und auch wieder an Schüler ausgeben, aber wir haben bisher ganz klar die Voraussetzung, wir dürfen es nicht digitalisieren. Also wir dürfen jetzt nicht eine Buchseite scannen und dann an Schüler weitergeben. Das steht natürlich im Widerspruch zu so einer Geschichte wie der Cloud. Da muss sich was ändern."
Auch die Schüler glauben, inhaltlich ist noch vieles zu klären. Der 17-jährige Henning Korte,
Gymnasiast aus Meppen, arbeitet mit seiner Workshopgruppe "Zukunft" an der Frage: Wer stellt was ins Schul-Netz.
"Das war das Problem. Wie kann man da erst mal Anreize für die Lehrer schaffen, dass die was einstellen beziehungsweise sollten das überhaupt Lehrer machen oder sollten das Schulbuchverlage sein, sollten das externe Gremien sein, die da dann überprüfen - und wer überprüft das, wie wird das überprüft, was ist überhaupt richtig. Da scheiden sich die Geister."
Zweite Testphase mit mehr Schulen
Auch in Meppen wird die Cloud bisher nur von einer Klasse benutzt. Das heißt, der Umfang des Programms kann gar nicht ausgenutzt werden. Doch einen Vorteil hat die Cloud schon jetzt, findet die 17-jährige Schülerin Meike Wessel.
"Wenn man krank ist, dann werden die Materialien vom Unterricht direkt dort zentral hinterlegt, das auch die Kranken das nachholen können."
Die erste Probephase läuft noch bis Mai 2018. In der zweiten Phase sollen dann 300 Schulen in ganz Deutschland die Cloud auf ihre räumliche und fächerübergreifende Funktion testen.
Bis dahin müssen noch viele technische und inhaltliche Fragen geklärt werden. Von daher heißt es wohl noch weiter: Lieber mal fleißig mitschreiben.