Jürgen Liminski: Das Hilfspaket für Portugal ist in trockenen Tüchern. Gestern Abend beschlossen die Finanzminister der EU die entsprechenden Maßnahmen und Vorgaben für Lissabon. Und natürlich sprachen die Herren auch über andere Themen und Personen, zum Beispiel über den künftigen Chef der Europäischen Zentralbank und einen, der gestern Abend in der Runde fehlte: den Chef des Internationalen Währungsfonds Dominique Strauss-Kahn. Offiziell verlautet darüber freilich nichts und man kann davon ausgehen, dass dieses Thema eher in kleinen Gruppen besprochen wurde.
Mitgehört hat Ex-Bundesfinanzminister Hans Eichel. Guten Morgen, Herr Eichel.
Hans Eichel: Guten Morgen, Herr Liminski.
Liminski: Herr Eichel, erst mal ein Wort zu den Personalien. Können wir mit Draghi als künftigem EZB-Chef leben?
Eichel: Ja. Ich kenne ihn sehr gut, und ich teile die Einschätzung der allermeisten Beobachter, dass er ein sehr geeigneter Kandidat ist. Er kennt sich in der Welt aus. Er ist verantwortlich für den Financial Stability Board, in dem die internationalen globalen Regeln für den Finanzmarkt erarbeitet werden, und er hat auch früher schon in seiner Funktion als Staatssekretär eine sehr gute Rolle gespielt. Er kennt Europa. Das ist kein Problem. Es ist typisch europäisch, dass wir immer nur fragen, aus welchem Land kommt einer. Übrigens, wenn wir ehrlich sind: auch in Deutschland, wenn die Kanzlerin ein Kabinett bildet, dann muss sie auch immer darauf achten, dass es so etwas wie Ausgewogenheit zwischen Nord und Süd, Ost und West in Deutschland gibt. Also ist das keine europäische Besonderheit, aber es ist nicht besonders europäisch gedacht.
Liminski: Also mit dem Italiener Draghi können wir gut leben. – Die Affäre Strauss-Kahn nimmt für den Noch-Direktor des IWF dramatische Formen an. Sehen Sie Auswirkungen auf den IWF und das Management der Finanzkrise auf uns zukommen?
Eichel: Eines ist sicher, dass jedenfalls Strauss-Kahn einen ganz großen Anteil daran hat, dass überhaupt der Internationale Währungsfonds sich in diesem Umfang in den Schuldenländern Europas engagiert. Es ist nicht selbstverständlich, dass der IWF das tut, und es gibt ein Murren in den Schwellenländern, in den Vereinigten Staaten haben die Republikaner auch eine solche Debatte geführt, ob man denn der reichsten Region der Erde mit so vielen Mitteln aus dem IWF helfen muss.
Da sind ja alle Staaten dieser Erde beteiligt, das muss man sich klar machen. Wenn man also über Schuldenkrise in Griechenland, in Irland, in Portugal und im Übrigen ja auch in Ungarn und Lettland und Rumänien spricht, es sind, wenn der IWF Kredite gibt, Kredite, die aus allen Ländern dieser Welt anteilig gehalten werden beziehungsweise garantiert werden.
Liminski: Sie waren und sind auch heute bekannt als der eiserne Hans, der eiserne Sparer. Sind denn die Sparmaßnahmen für die Schuldenstaaten Portugal und vor allem Griechenland eisern genug?
Eichel: Die Sparmaßnahmen für Griechenland sind eisern. Man muss sich einmal überlegen, dass sie von einem Jahr auf das andere – und zwar im Wesentlichen durch Einsparungen im öffentlichen Bereich – die Schulden um fünf Prozent, das Defizit um fünf Prozent gesenkt haben. Das sind auf Deutschland umgerechnet 125 Milliarden Euro. Das ist eine enorme Leistung, eine ganz enorme Leistung. Das Problem in Griechenland ist, dass gleichzeitig die Wirtschaft einbricht, obwohl in diesem Frühjahr die Wirtschaft das erste Mal wieder gewachsen ist, gegen alle Erwartungen. Das könnte ein Hoffnungszeichen sein. Aber man muss eines wissen: Wenn die Sparauflagen, die am Anfang hart sein müssen, denn sonst setzt man sie ja nicht durch, aber wenn sie zu hart werden und man dem Land nicht genügend Zeit gibt, seine Probleme zu lösen, dann schickt man die Wirtschaft in den Keller und dann werden die Defizite nicht verringert werden, auch wenn die Ausgaben ständig kleiner werden, sondern dann fehlen die Einnahmen, weil die Wirtschaft einbricht.
Liminski: Man kann das vielleicht auch anders herum sehen. Die Griechen haben derzeit eine Sparquote von Minus zwölf Prozent. Das heißt, die Griechen leben über ihre Verhältnisse. Sollen das die anderen Länder weiter bezahlen?
Eichel: Nein, man kann das, wie Sie es jetzt sagen, im Moment kaum sehen, weil sie so drastisch einschränken. Das heißt, viele Griechen werden auf ein Existenzminimum reduziert, das kaum noch zum Leben reicht. Das ist ja eines der Probleme bei all diesen Maßnahmen. Es haben eine Reihe Leute sich auch in der Griechenland-Phase, in der Griechenland über seine Verhältnisse gelebt hat, dumm und dämlich verdient, andere haben ganz normal gelebt.
Und zu allererst zahlen erst mal die Zeche diejenigen, die ganz normal und nicht über ihre Verhältnisse gelebt haben. Das ist auch das griechische Problem. Und die Steuerhinterziehung zum Beispiel, die ist in Griechenland noch immer sehr im Schwange und dagegen muss angegangen werden, da braucht Griechenland übrigens auch unsere Hilfe, denn das heißt auch die Steueroasen schließen, sonst schaffen die Griechen das nicht.
Liminski: Es gibt ja auch noch woanders etwas Luft zum Sanieren. Etliche Maßnahmen könnte man ergreifen, vor allem privatisieren, sagt der Chef der Euro-Gruppe Jean-Claude Juncker, und deswegen werde es keine große Umschuldung geben. Schätzen Sie das auch so ein?
Eichel: Das ist eine Frage der Bereitschaft der Griechen. Die Griechen haben so viel an Vermögen, das sie einsetzen können, dass das gehen kann. Da hat Jean-Claude Juncker durchaus recht. Die Frage ist die der politischen Durchsetzbarkeit.
Liminski: Zu Portugal, Herr Eichel. Reichen da die Maßnahmen, um wieder auf die Füße zu kommen?
Eichel: Das ist alles immer schwer zu sagen. Man hat aber gelernt aus dem Griechenland-Paket. Das Griechenland-Paket ist, weil man gesagt hat, man will den europäischen Wählern und auch hier in Deutschland nicht so ganz klar sagen, was los ist, eigentlich in einer Weise geschnürt worden, dass die Ökonomen vorher wussten, dass das nicht funktionieren wird, dass Griechenland nicht so schnell seine Probleme lösen kann, sondern mehr Zeit braucht. Man hat Portugal von vornherein mehr Zeit gegeben. Ob das reicht, muss man noch mal ganz genau ansehen. Es macht, ich wiederhole das, jedenfalls keinen Sinn, die Auflagen zu überdrehen und damit zwar die Einsparung zu erzwingen, aber gleichzeitig die Wirtschaft auf Dauer oder jedenfalls auf mehrere Jahre auf die Talfahrt zu schicken, denn dann kommen die Erfolge nicht.
Liminski: Dann ist da noch Irland. Das Pro-Kopf-Einkommen Irlands ist höher als das in Deutschland oder Frankreich. Das heißt, die Schwächeren unterstützen hier den Stärkeren, weil der seine Banken nicht im Zaum hält, oder seine Steuern nicht erhöhen will, die deutlich unter denen der schwächeren Staaten liegen. Kann das auf Dauer gut gehen? Muss hier nicht mehr Druck von Seiten der EU kommen?
Eichel: Ja nun wollen wir uns mal die neuen Statistiken ansehen, die werden wahrscheinlich zeigen, dass das Pro-Kopf-Einkommen in Irland ordentlich nach unten gegangen ist. Das war ja eine große Blase. Und die irische Entwicklung - ich habe sie frühzeitig kritisiert, bin dafür sogar von der Opposition in Deutschland kritisiert worden - beruhte ja auf Steuerdumping - damit hat man Betriebe aus Europa und Amerika angezogen - und darauf, dass man die Aufsicht über die Banken sehr lax gestaltet hat. Damit sind auch viele und übrigens besonders Banken, die nachher auffällig geworden sind, nach Irland gegangen.
Und dann haben alle ein Stück über ihre Verhältnisse gelebt, Häuser gebaut, die sie nicht bezahlen konnten, die Banken haben locker Kredite gegeben. Und dann hat die irische Regierung zu allem Überfluss am Beginn der Finanzkrise noch erklärt, sie bürgt für alle Einlagen. Und damit ist erst der Haushalt Irlands, der bis dahin sehr gut aussah, vollkommen unsteuerbar geworden und das ist unser Problem. In Wirklichkeit haben wir es in Irland zu allererst mit einer Bankenkrise zu tun, wie überhaupt das Kernthema nicht nur die Verschuldung von einigen Ländern ist, sondern die Schulden werden ja auch von irgendwem gehalten: Es ist noch immer die Bankenkrise.
Liminski: Muss man deswegen den Banken nicht die Daumenschrauben anziehen, um den Euro insgesamt zu retten?
Eichel: Also man wird jedenfalls die Probleme nicht lösen, wenn man nicht das Bankensystem auf Dauer stabilisiert, und das wird noch einiges Geld kosten. Da muss man sich überhaupt keine Illusionen machen.
Liminski: Ein letztes Wort zur Finanzsituation in Deutschland selbst. Es kommt wieder eine Diskussion auf über Spielräume für Steuersenkungen. Sehen Sie das auch so?
Eichel: Nein. Ich teile da die Auffassung von Wolfgang Schäuble. Wenn wir endlich mal zu einem ausgeglichenen Haushalt gekommen sind, dann müssen wir zweitens die ganzen großen Schulden, die wir jetzt gemacht haben, weniger übrigens bisher in der Bankenkrise als dann, um in der Wirtschaft den Absturz zu verhindern, also die Konjunkturprogramme, dann müssen wir die ja zurückzahlen.
Und wir müssen endlich lernen, was die Skandinavier längst gelernt haben, dass wir, wenn die Wirtschaft boomt, Überschüsse machen müssen, damit wir dann, wenn die Wirtschaft auf Talfahrt geht, die Defizite, die wir dann machen müssen, damit die Talfahrt nicht so furchtbar wird, abdecken können. Darauf müssen wir hin und das will der europäische Stabilitätspakt. Das heißt, über den Konjunkturzyklus ausgeglichenen Haushalt, und deswegen eisern nein, keine Spielräume für Steuersenkungen.
Liminski: Keine Spielräume für Steuersenkungen. Das war Ex-Bundesfinanzminister Hans Eichel. Besten Dank für das Gespräch, Herr Eichel.
Eichel: Bitte schön.
Mitgehört hat Ex-Bundesfinanzminister Hans Eichel. Guten Morgen, Herr Eichel.
Hans Eichel: Guten Morgen, Herr Liminski.
Liminski: Herr Eichel, erst mal ein Wort zu den Personalien. Können wir mit Draghi als künftigem EZB-Chef leben?
Eichel: Ja. Ich kenne ihn sehr gut, und ich teile die Einschätzung der allermeisten Beobachter, dass er ein sehr geeigneter Kandidat ist. Er kennt sich in der Welt aus. Er ist verantwortlich für den Financial Stability Board, in dem die internationalen globalen Regeln für den Finanzmarkt erarbeitet werden, und er hat auch früher schon in seiner Funktion als Staatssekretär eine sehr gute Rolle gespielt. Er kennt Europa. Das ist kein Problem. Es ist typisch europäisch, dass wir immer nur fragen, aus welchem Land kommt einer. Übrigens, wenn wir ehrlich sind: auch in Deutschland, wenn die Kanzlerin ein Kabinett bildet, dann muss sie auch immer darauf achten, dass es so etwas wie Ausgewogenheit zwischen Nord und Süd, Ost und West in Deutschland gibt. Also ist das keine europäische Besonderheit, aber es ist nicht besonders europäisch gedacht.
Liminski: Also mit dem Italiener Draghi können wir gut leben. – Die Affäre Strauss-Kahn nimmt für den Noch-Direktor des IWF dramatische Formen an. Sehen Sie Auswirkungen auf den IWF und das Management der Finanzkrise auf uns zukommen?
Eichel: Eines ist sicher, dass jedenfalls Strauss-Kahn einen ganz großen Anteil daran hat, dass überhaupt der Internationale Währungsfonds sich in diesem Umfang in den Schuldenländern Europas engagiert. Es ist nicht selbstverständlich, dass der IWF das tut, und es gibt ein Murren in den Schwellenländern, in den Vereinigten Staaten haben die Republikaner auch eine solche Debatte geführt, ob man denn der reichsten Region der Erde mit so vielen Mitteln aus dem IWF helfen muss.
Da sind ja alle Staaten dieser Erde beteiligt, das muss man sich klar machen. Wenn man also über Schuldenkrise in Griechenland, in Irland, in Portugal und im Übrigen ja auch in Ungarn und Lettland und Rumänien spricht, es sind, wenn der IWF Kredite gibt, Kredite, die aus allen Ländern dieser Welt anteilig gehalten werden beziehungsweise garantiert werden.
Liminski: Sie waren und sind auch heute bekannt als der eiserne Hans, der eiserne Sparer. Sind denn die Sparmaßnahmen für die Schuldenstaaten Portugal und vor allem Griechenland eisern genug?
Eichel: Die Sparmaßnahmen für Griechenland sind eisern. Man muss sich einmal überlegen, dass sie von einem Jahr auf das andere – und zwar im Wesentlichen durch Einsparungen im öffentlichen Bereich – die Schulden um fünf Prozent, das Defizit um fünf Prozent gesenkt haben. Das sind auf Deutschland umgerechnet 125 Milliarden Euro. Das ist eine enorme Leistung, eine ganz enorme Leistung. Das Problem in Griechenland ist, dass gleichzeitig die Wirtschaft einbricht, obwohl in diesem Frühjahr die Wirtschaft das erste Mal wieder gewachsen ist, gegen alle Erwartungen. Das könnte ein Hoffnungszeichen sein. Aber man muss eines wissen: Wenn die Sparauflagen, die am Anfang hart sein müssen, denn sonst setzt man sie ja nicht durch, aber wenn sie zu hart werden und man dem Land nicht genügend Zeit gibt, seine Probleme zu lösen, dann schickt man die Wirtschaft in den Keller und dann werden die Defizite nicht verringert werden, auch wenn die Ausgaben ständig kleiner werden, sondern dann fehlen die Einnahmen, weil die Wirtschaft einbricht.
Liminski: Man kann das vielleicht auch anders herum sehen. Die Griechen haben derzeit eine Sparquote von Minus zwölf Prozent. Das heißt, die Griechen leben über ihre Verhältnisse. Sollen das die anderen Länder weiter bezahlen?
Eichel: Nein, man kann das, wie Sie es jetzt sagen, im Moment kaum sehen, weil sie so drastisch einschränken. Das heißt, viele Griechen werden auf ein Existenzminimum reduziert, das kaum noch zum Leben reicht. Das ist ja eines der Probleme bei all diesen Maßnahmen. Es haben eine Reihe Leute sich auch in der Griechenland-Phase, in der Griechenland über seine Verhältnisse gelebt hat, dumm und dämlich verdient, andere haben ganz normal gelebt.
Und zu allererst zahlen erst mal die Zeche diejenigen, die ganz normal und nicht über ihre Verhältnisse gelebt haben. Das ist auch das griechische Problem. Und die Steuerhinterziehung zum Beispiel, die ist in Griechenland noch immer sehr im Schwange und dagegen muss angegangen werden, da braucht Griechenland übrigens auch unsere Hilfe, denn das heißt auch die Steueroasen schließen, sonst schaffen die Griechen das nicht.
Liminski: Es gibt ja auch noch woanders etwas Luft zum Sanieren. Etliche Maßnahmen könnte man ergreifen, vor allem privatisieren, sagt der Chef der Euro-Gruppe Jean-Claude Juncker, und deswegen werde es keine große Umschuldung geben. Schätzen Sie das auch so ein?
Eichel: Das ist eine Frage der Bereitschaft der Griechen. Die Griechen haben so viel an Vermögen, das sie einsetzen können, dass das gehen kann. Da hat Jean-Claude Juncker durchaus recht. Die Frage ist die der politischen Durchsetzbarkeit.
Liminski: Zu Portugal, Herr Eichel. Reichen da die Maßnahmen, um wieder auf die Füße zu kommen?
Eichel: Das ist alles immer schwer zu sagen. Man hat aber gelernt aus dem Griechenland-Paket. Das Griechenland-Paket ist, weil man gesagt hat, man will den europäischen Wählern und auch hier in Deutschland nicht so ganz klar sagen, was los ist, eigentlich in einer Weise geschnürt worden, dass die Ökonomen vorher wussten, dass das nicht funktionieren wird, dass Griechenland nicht so schnell seine Probleme lösen kann, sondern mehr Zeit braucht. Man hat Portugal von vornherein mehr Zeit gegeben. Ob das reicht, muss man noch mal ganz genau ansehen. Es macht, ich wiederhole das, jedenfalls keinen Sinn, die Auflagen zu überdrehen und damit zwar die Einsparung zu erzwingen, aber gleichzeitig die Wirtschaft auf Dauer oder jedenfalls auf mehrere Jahre auf die Talfahrt zu schicken, denn dann kommen die Erfolge nicht.
Liminski: Dann ist da noch Irland. Das Pro-Kopf-Einkommen Irlands ist höher als das in Deutschland oder Frankreich. Das heißt, die Schwächeren unterstützen hier den Stärkeren, weil der seine Banken nicht im Zaum hält, oder seine Steuern nicht erhöhen will, die deutlich unter denen der schwächeren Staaten liegen. Kann das auf Dauer gut gehen? Muss hier nicht mehr Druck von Seiten der EU kommen?
Eichel: Ja nun wollen wir uns mal die neuen Statistiken ansehen, die werden wahrscheinlich zeigen, dass das Pro-Kopf-Einkommen in Irland ordentlich nach unten gegangen ist. Das war ja eine große Blase. Und die irische Entwicklung - ich habe sie frühzeitig kritisiert, bin dafür sogar von der Opposition in Deutschland kritisiert worden - beruhte ja auf Steuerdumping - damit hat man Betriebe aus Europa und Amerika angezogen - und darauf, dass man die Aufsicht über die Banken sehr lax gestaltet hat. Damit sind auch viele und übrigens besonders Banken, die nachher auffällig geworden sind, nach Irland gegangen.
Und dann haben alle ein Stück über ihre Verhältnisse gelebt, Häuser gebaut, die sie nicht bezahlen konnten, die Banken haben locker Kredite gegeben. Und dann hat die irische Regierung zu allem Überfluss am Beginn der Finanzkrise noch erklärt, sie bürgt für alle Einlagen. Und damit ist erst der Haushalt Irlands, der bis dahin sehr gut aussah, vollkommen unsteuerbar geworden und das ist unser Problem. In Wirklichkeit haben wir es in Irland zu allererst mit einer Bankenkrise zu tun, wie überhaupt das Kernthema nicht nur die Verschuldung von einigen Ländern ist, sondern die Schulden werden ja auch von irgendwem gehalten: Es ist noch immer die Bankenkrise.
Liminski: Muss man deswegen den Banken nicht die Daumenschrauben anziehen, um den Euro insgesamt zu retten?
Eichel: Also man wird jedenfalls die Probleme nicht lösen, wenn man nicht das Bankensystem auf Dauer stabilisiert, und das wird noch einiges Geld kosten. Da muss man sich überhaupt keine Illusionen machen.
Liminski: Ein letztes Wort zur Finanzsituation in Deutschland selbst. Es kommt wieder eine Diskussion auf über Spielräume für Steuersenkungen. Sehen Sie das auch so?
Eichel: Nein. Ich teile da die Auffassung von Wolfgang Schäuble. Wenn wir endlich mal zu einem ausgeglichenen Haushalt gekommen sind, dann müssen wir zweitens die ganzen großen Schulden, die wir jetzt gemacht haben, weniger übrigens bisher in der Bankenkrise als dann, um in der Wirtschaft den Absturz zu verhindern, also die Konjunkturprogramme, dann müssen wir die ja zurückzahlen.
Und wir müssen endlich lernen, was die Skandinavier längst gelernt haben, dass wir, wenn die Wirtschaft boomt, Überschüsse machen müssen, damit wir dann, wenn die Wirtschaft auf Talfahrt geht, die Defizite, die wir dann machen müssen, damit die Talfahrt nicht so furchtbar wird, abdecken können. Darauf müssen wir hin und das will der europäische Stabilitätspakt. Das heißt, über den Konjunkturzyklus ausgeglichenen Haushalt, und deswegen eisern nein, keine Spielräume für Steuersenkungen.
Liminski: Keine Spielräume für Steuersenkungen. Das war Ex-Bundesfinanzminister Hans Eichel. Besten Dank für das Gespräch, Herr Eichel.
Eichel: Bitte schön.