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Die Sprayerattacken von Punsk

Die Beziehungen zwischen Litauen und Polen sind seit einiger Zeit angespannt. Das spüren besonders die Minderheiten im jeweils anderen Land, etwa die Litauer im Nordosten Polens. Dort kam es jetzt zu rechtsradikalen Schmierereien und Vandalismus.

Von Ludger Kazmierczak |
    Im Freilichtmuseum von Punsk erinnert ein Gedenkstein an die erste Theateraufführung in litauischer Sprache, die hier vor mehr als 100 Jahren stattgefunden hat. Der eingemeißelte Text ist seit ein paar Tagen jedoch kaum noch lesbar. Unbekannte haben ihn mit weiß-roter Farbe beschmiert. Und neben der Jahreszahl 100 prangt das Symbol der Falanga-Bewegung, einer radikal-nationalistischen Gruppierung aus den 30er-Jahren. Neben diesem Gedenkstein wurden noch ein zweites Denkmal und 28 zweisprachige Orts- und Straßenschilder von den Sprayern verschandelt. Olgierd Wojciechowski, der Vorsitzende der litauischen Minderheit in Punsk, ist fassungslos:

    "Wir fragen uns, wie wir als nationale Minderheit in Polen weiter funktionieren sollen. Denn diese Attacken sind eindeutig gegen polnische Bürger litauischer Abstammung gerichtet. Derartige Aktionen tragen bestimmt nicht zu besseren Beziehungen zwischen unseren beiden Nationen bei. Wir sind eine kleine Gruppe und wir fühlen uns eingeschüchtert."

    Von den rund 4000 Einwohnern der Gemeinde im Nordosten Polens sind etwa 80 Prozent litauischer Herkunft. In der Vergangenheit habe es hier und da auch schon mal Schmierereien gegeben, erklärt Gemeindevorsteher Witold Liszkowski, aber nie in diesem Ausmaß.

    "Der Schaden ist ziemlich hoch. Wir schätzen ihn auf 10.000 Zloty oder 2500 Euro. Aber schlimmer als der materielle ist der moralische Schaden. Denn die Schilder und Denkmäler können wir wieder in Ordnung bringen, aber es beunruhigt mich, dass solche Aktionen überhaupt vorkommen. Bisher wurden nur litauische Namen mit weiß-rotem Spray beschmiert. Nun muss es darum gehen, schlimmere Ausschreitungen zu verhindern."

    Das sei ein skandalöser Zwischenfall, ließ Polens Außenminister Radoslaw Sikorski über Twitter verlauten. Litauens Ministerpräsident Kubilius sprach gar von einem Aufruf zum ethnischen Hass. Die Beziehung zwischen den beiden Ländern ist seit Langem angespannt. Erst vor ein paar Monaten hatte sich Warschau über ein neues Schulgesetz in Litauen beschwert, das selbst an polnischsprachigen Schulen mehr Unterricht auf Litauisch vorsieht. Die rund 300.000 Polen, die in Litauen leben, beklagen sich immer wieder über Demütigungen und Diskriminierungen. Anfang August hatte die Bezirksverwaltung in Vilnius die Entfernung aller polnischen Orts- und Straßenschilder in der Hauptstadt angeordnet. Viele Litauer lehnen allzu weitgehende Rechte für die polnische Minderheit in ihrem Land ab, weil sie darin eine Bedrohung für ihre eigene Kultur und Sprache sehen. Vor diesem Hintergrund verspricht Katarzyna Koniecpolska Wróblewska von der Agentur für Innere Sicherheit in Polen, die Sprayerattacken von Punsk nicht zu bagatellisieren:

    "Wir erinnern uns an keinen Zwischenfall ähnlichen Ausmaßes. Wir stehen in engem Kontakt mit der Staatsanwaltschaft. Wegen des Falanga-Symbols auf dem Gedenkstein ermitteln wir auch wegen der Verbreitung faschistischer Inhalte. Damit ist das Sprayen nämlich keine Ordnungswidrigkeit, sondern ein Verbrechen."